Bei fiebrigen Reiserückkehrern auch an Paratyphus und Typhus denken!

Dr. Dorothea Ranft

Sind die Beschwerden vorbei, ist man noch über Wochen ansteckend. Sind die Beschwerden vorbei, ist man noch über Wochen ansteckend. © Kateryna_Kon – stock.adobe.com

Der Typhus ist ein Chamäleon, ebenso wie der weniger gefährliche Para­typhus. Beide werden deshalb häufig mit einer Malaria oder einem grippalen Infekt verwechselt. Ein aktueller Fall zeigt, wie verzwickt die Diagnose sein kann.

Eine dreiwöchigen Reise durch Nordargentinien wird dem 50-Jährigen durch wässrige Durchfälle vergällt, begleitet von Bauchkrämpfen und Erbrechen. Er hat weder Fieber noch Blut im Stuhl. Nach seiner Rückkehr stellt sich der Mann in der Universitätsklinik Leipzig vor. Den Kollegen dort fallen lediglich ein epigastrischer Druckschmerz und sehr rege Darmgeräusche auf, erhöhte Temperaturen oder enteropathogene Erreger im Stuhl finden sich nicht. Die Darmbeschwerden sistieren schließlich auch ohne spezifische Behandlung.

Infektion durch kontaminiertes Trinkwasser und Lebensmittel

Doch drei Wochen nach der Rückkehr entwickelt der Patient Fieber  – verbunden mit Abgeschlagenheit und Tachykardie. In Stuhl- und Blutkulturen lässt sich jetzt Salmonella enterica Serotyp Paratyphi B nachweisen und die umgehend eingeleitete Antibiotikatherapie führt zur vollständigen Genesung.

Typhus und Paratyphus werden heutzutage in aller Regel auf Reisen ins nicht-europäische Ausland erworben, vor allem nach Indien, schreiben Dr. Henning Trawinski vom Bereich Infektions- und Tropenmedizin am Universitätsklinikum Leipzig und Kollegen. Die Infektion erfolgt überwiegend durch kontaminiertes Trinkwasser und Lebensmittel, weshalb die Regel „peel it, cook it oder forget it“ unbedingt eingehalten werden muss. Typhus hat eine Inkubationszeit von 3–60 Tagen (meist 8–14 Tage), Paratyphus von 1–10 Tagen. Ansteckungsgefahr durch Erregerausscheidung im Stuhl besteht ab etwa eine Woche nach Erkrankungsbeginn. Selbst Wochen nach dem Sistieren der Symptome muss man noch mit einer Ausscheidung der Keime rechnen, die eventuell lebenslang persistiert (2–5 % der Fälle).

Auf Prophylaxe setzen!

Vor Reisen in Endemiegebiete wird eine Impfung empfohlen. In Deutschland stehen zwei Vakzinen zur Verfügung, der orale Lebendimpfstoff Typhoral® und der parenteral zu verabreichende Lebendimpfstoff TyphimVi®. Beide schützen kumulativ etwa die Hälfte der Geimpften bis zu drei Jahren, wobei die Protektion im dritten Jahr deutlich abfällt.

Das Prodromalstadium des Typhus kennzeichnen unspezifische Beschwerden wie Kopf- und Gliederschmerzen, manchmal mit subfebrilen Temperaturen. Unbehandelt kommt es nach zwei bis drei Tagen zu hohem Fieber, schwerem Krankheitsgefühl (zunehmende Kopfschmerzen, beginnende Somnolenz), uncharakteristischen Abdominalbeschwerden und Gliederschmerzen. Treppenartig ansteigende Temperaturen (bis 40 °C) können bis zu drei Wochen dauern (Fieberkontinua). Vonseiten des Gastrointestinaltraktes beobachtet man zuerst eine Obstipation, ehe erbsbreiartige Durchfälle einsetzen. Als typisch, aber selten gelten hellrote Effloreszenzen an der Bauchhaut (Roseolen). Zu möglichen Komplikationen gehören Darmblutungen/-perforationen, nekrotisierende Cholezystitis, Osteomyelitis, Meningitis und Endokarditis. Die Infektion hinterlässt eine etwa ein Jahr anhaltende Immunität. Gelangen genug Keime in den Organismus, wird sie aber schnell wieder zerstört. Der Parathyphus verläuft ähnlich, aber meist leichter als der Typhus und beschränkt sich häufig auf eine gastrointestinale Erkrankung (Dauer 8–10 Tage).

Stuhlkulturen sind erst nach zwei bis drei Wochen positiv

Beide Infektionen werden häufig mit grippalen Infekten oder Malaria verwechselt. Deshalb sollte man bei jeder mehr als vier Tage anhaltenden hochfieberhaften Erkrankung ohne detektierbaren Organbefund auch an Typhus und Paratyphus denken. Typische Laborparameter sind Leukozytopenie, Linksverschiebung der neutrophilen Granulozyten, Aneosinophilie und eine eher geringfügige Erhöhung von Leberwerten, CRP und BSG. Die Diagnose lässt sich in beiden Fällen durch den direkten Erregernachweis sichern, am besten aus der Blutkultur. Stuhlkulturen werden meist erst in der zweiten oder dritten Krankheitswoche positiv. Die häufige Beteiligung der Gallenwege stellt sich im Sonogramm dar. Wegen der oft schweren Verläufe müssen Patienten mit Typhus oder Paratyphus umgehend eine antibiotische Therapie erhalten. Dafür empfehlen die Experten primär Cephalosporine der 3. Generation (Ceftriaxon, Cefotaxim) über zwei Wochen, alternativ kommen bei Erwachsenen Fluorchinolone in Betracht. In jedem Fall muss man die Antibiotikaempfindlichkeit tes­ten und das Regime entsprechend anpassen. Resistenzen haben massiv zugenommen, oft bestehen bereits Multiresistenzen. In Endemiegebieten sind manche Erreger kaum noch mit Antibiotika in den Griff zu bekommen. Auch diese Keime können jederzeit eingeschleppt werden. Besondere Probleme bereiten Dauerausscheider: Zu ihrer Sanierung empfehlen die Autoren eine orale Therapie mit Fluorchinolonen (z.B. Norfloxacin, Ciprofloxacin) über vier Wochen. Alternativ kommt eine intravenöse Behandlung mit Cefotaxim oder Ceftriaxon über zwei Wochen infrage. Gallensteinträger brauchen eine Cholezystektomie, da die Erreger in einem Biofilm auf den Konkrementen persistieren. Patienten mit Typhus oder Paratyphus müssen in aller Regel stationär behandelt werden, nur leichte Fälle dürfen gleich nach Hause. Anschließend werden sie vom Gesundheitsamt beobachtet, bis drei Stuhlkulturen negativ ausfallen. Erst dann können die Patienten wieder Schulen und andere Gemeinschaftseinrichtungen besuchen bzw. ihrer Arbeit nachgehen.

Innerhalb von 24 Stunden dem Gesundheitsamt melden

Personen mit akuter Erkrankung, dringendem Verdacht auf Typhus bzw. Paratyphus dürfen ebenso wie Dauerausscheider nicht in Herstellung, Behandlung und Verkauf von Lebensmitteln tätig sein. Gleiches gilt für die Arbeit in Küchen von Gaststätten und Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung. Nicht sanierbare Dauerausscheider muss man über hygienische Verhaltensregeln und eine Vermeidung von Infektionsrisiken informieren. Es besteht die Pflicht, Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod an Typhus bzw. Paratyphus dem Gesundheitsamt innerhalb von 24 Stunden mit Namensnennung zu melden. Gleiches gilt für sämtliche Direktnachweise von Salmonella typhi bzw. paratyphi im Labor. 

Quelle: Trawinski H et al. Z Gastroenterol 2020; 58: 160-170; DOI: 10.1055/a-1063-1945

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