Tropical Heat: Reiserückkehrer mit Fieber erfordern Ihre Detektivarbeit

Dr. Dorothea Ranft

Das Tsutsugamushi-Fieber wird durch Milben übertragen. Das Tsutsugamushi-Fieber wird durch Milben übertragen. © fotolia/Maciej Olszewski

Einer von 200 bis 500 febrilen Reiserückkehrern stirbt an der zugrundeliegenden Erkrankung. Primär lebensbedrohliche oder hochkontagiöse Ursachen gilt es daher rasch auszuschließen. In der heißen Phase sollten Sie zunächst auf den Grundsatz setzen: Häufiges ist häufig, Seltenes selten.

An erster Stelle steht bei Reiserückkehrern mit Fieber die geographische Anamnese. Dabei interessieren lokale Ausbrüche, aber auch die epidemische Ausbreitung von Chikungunya und Zika in Lateinamerika. Unter den tropischen Fieberursachen dominiert unter Patienten nach Afrikaaufenthalt die Malaria, nach Asien- und Lateinamerikareise das Dengue-Fieber, schreibt das Team um Dr. Andreas Neumayr vom Schweizerischen Topen- und Public Health-Institut in Basel. Angesichts der hohen Dynamik erscheint das Hinzuziehen eines Tropen- oder Reisemediziners sinnvoll.

Wichtige Informationen liefern Reisedauer und Krankheitsbeginn. So kann man bei Patienten, die erst nach der Reise fiebern, anhand der maximalen Inkubationszeit (s. Tabelle) bestimmte Ursachen bereits ausschließen. Diese Einordnung nützt im Falle einer Malaria allerdings kaum. Diese kann sich selbst nach Monaten, teils sogar nach mehr als einem Jahr manifestieren. Zur Erinnerung: Eine Prophylaxe bietet keinen vollständigen Schutz. Außerdem verzichten Reisende mit Migrationshintergrund, die Freunde und Verwandte besuchen, häufig auf die medikamentöse Vorsorge.

Wichtige Inkubationszeiten
Malaria> 6 Tage bis Monate
Arbovirosen (Dengue, Chikungunya, Zika)< 14 Tage
Rickettsiosen < 4 Wochen
Typhus, Paratyphus < 8 Wochen
Akute Schistosomiasis (Bilharziose)  < 3 Monate (!)
Leptospirose < 4 Wochen
Rückfallfieber-Borreliosen < 3 Wochen
Afrikanische Schlafkrankheit < 3 Wochen
Chagas-Krankheit < 3 Wochen
Virale hämorrhagische Fieber:
Ebola, Marburg, Lassa
Krim-Kongo-Fieber
Gelbfieber

< 21 Tage
< 13 Tage
< 9 Tage


Schüttelfrost weckt Verdacht auf Bakteriämie oder Malaria

Potenzielle Expositionsrisiken sollten Sie systematisch abfragen. Dazu zählen Stiche, z.B. durch Raubwanzen (Chagas-Krankheit), Zecken (Rickettsiosen) und Milben (Tsutsugamushi-Fieber). Ein Bad im Fluss kann Urlaubern eine Bilharziose bescheren, Tattoos und Piercings eine Hepatitis B bzw. C oder eine HIV-Infektion.

Das gleiche Virenspektrum – sowie die Erkrankungen Chagas, Leischmaniose und Syphilis – begegnet Reisenden teils auch nach medizinischen Eingriffen (inkl. Injektionen und Infusionen). Neben den Lebensmitteln ist sogar die Frage nach den konsumierten Getränken relevant: Palmweingenuss in Kolumbien kann zur Chagas-Krankheit führen, ebenso wie Guayabasaft in Venezuela. Unpasteurisierte Milch enthält mitunter Tuberkuloseerreger. Besonderer Beobachtung bedürfen Reiserückkehrer mit Grunderkrankung, solche unter einer (immer stärker verbreiteten) immunmodulatorischen Therapie und über 60-Jährige. In dieser Altersgruppe nehmen vor allem Malaria, Rickettsiosen und untere Atemwegsinfektionen oft einen lebensbedrohlichen Verlauf.

Über entsprechende Risikopatienten sollte mit einem infektiologisch erfahrenen Kollegen diskutiert werden. Die in vielen Ländern frei verkäuflichen Anti­biotika stellen ein zusätzliches Problem dar. Ein Teil dieser Präparate wirkt partiell gegen Malaria, kann den Verlauf mitigieren und die Dia­gnostik erschweren.

Die Körpertemperatur liefert nur bedingt Hinweise auf den Erreger. Klassische Verläufe wie das kontinuierliche Fieber bei Typhus und das rezidivierende bei Malaria oder Rückfallfieber sind weder die Regel noch differenzialdiagnostisch verlässlich, mahnen die Autoren. Schüttelfrost (starker Fieberanstieg) weckt immer den Verdacht auf eine Bakteriämie oder Malaria. 

Fieber senken oder nicht?

Der Nutzen einer antipyretischen Behandlung wird kontrovers diskutiert. Das Hauptargument der Gegner, Fieber bremse die Replikation von Mikroorganismen und aktiviere das Immunsystem, ließ sich in Studien bisher nicht abschließend belegen. Die toxischen Effekte (Niere, Leber, Gastrointestinaltrakt, Agranulozytose) stehen dagegen außer Zweifel. Anhänger der Fiebersenkung verweisen auf die subjektive Besserung durch Antipyretika. Ein Kompromiss wäre der primäre Einsatz physikalischer Maßnahmen (z.B. kalte Wadenwickel), so die Autoren. Medikamente sollten das Immunsystem nur minimal beeinflussen (z.B. Paracetamol) und nur bei hohem Fieber gegeben werden.

Bei Rückkehrern aus Asien und Südafrika nach Schorf suchen

Bei der körperlichen Untersuchung sollte man vor allem die Haut ins Visier nehmen. Viele Arbovirosen und einige Rickettsiosen führen zu einem generalisierten Hautausschlag. Pathognomonisch für das konfluierende Dengue-Exanthem sind „weiße Inseln im roten Meer“. An einer Zecken- bzw. Milbenbissstelle findet sich mitunter ein wegweisender Eschar. Dieser verursacht keine Beschwerden und fällt dem Patienten oft nicht auf. Die Hautläsion sollte bei Safaritouristen, die aus Südafrika zurückkommen, gezielt gesucht werden, ebenso bei Rückkehrern aus Asien. Die seltene afrikanische Schlafkrankheit kann sich in Form eines Trypanosomenschankers zeigen. Feine Unterschiede erleichtern die Differenzierung der drei häufigsten Arbovirosen:
  • Dengue: Kopfschmerzen dominieren
  • Zika: vorwiegend Konjunktivitis und ausgeprägter Juckreiz beim Exanthem
  • Chikungunya: eher Arthralgien
Als Basislabor empfehlen die Autoren mindestens ein Differenzialblutbild (inkl. Eosinophile) sowie CRP, Transaminasen, Kreatinin und Urin­status. Außerdem sollte Blut für Kultur und Nullserum routinemäßig abgenommen werden. Trotz der inzwischen weit verbreiteten Schnelltests für Malaria bleibt die Mikroskopie obligat. Denn der Schnelltest erfasst P. falciparum zwar hochsensitiv, nicht aber andere Malariaerreger. Außerdem lassen sich unter dem Mikroskop bisher eventuell nicht bedachte Krankheiten aufspüren (z.B. Chagas, Rückfallfieber-Borreliose). In der Praxis eignet sich deshalb eine Kombination beider Testverfahren. Die Dengue-Diagnostik erfolgt in der Frühphase der Erkrankung durch direkten Virusnachweis (PCR) oder durch die Detektion des NS1-Antigens (Schnelltest).

Sogar die Experten finden bei jedem Vierten keine Ursache

Wenn letztlich auch nach aufwändiger Diagnostik kein Fieberauslöser gefunden wird, steht man zumindest nicht alleine da: Denn sogar in Referenzzentren mit entsprechender Expertise bleibt jeder vierte Fall ungeklärt, schreiben die Kollegen. In den allermeisten Fällen zeigt sich ein selbstlimitierender Verlauf. Und bei jedem dritten Reiserückkehrer hatte der Anstieg der Körpertemperatur eine „nichttropi­sche“ Ursache.

Quelle: Neumayr A et al. Schweiz Med Forum 2018; 18: 345-354

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Das Tsutsugamushi-Fieber wird durch Milben übertragen. Das Tsutsugamushi-Fieber wird durch Milben übertragen. © fotolia/Maciej Olszewski