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Bei Gicht auf Ernährungsberatung setzen
In Mangelzeiten die Krankheit der Könige, in Zeiten des Überflusses eine Volkskrankheit. Dass die Gicht eng mit der Ernährung zusammenhängt, ist lange bekannt. Neben Übergewicht gehören zu viel Fleisch und Alkohol zu den bekannten Risikofaktoren. Ein Übermaß an Fisch und Meeresfrüchten sowie vermehrter Konsum fruktosehaltiger Fruchtsäfte ergänzen das Portfolio, schreiben Beate Nickolai, Ernährungstherapeutin am Universitätsspital Basel und Kollegin.
Umgekehrt gibt es "Gichtentwarnung" bei Gemüsen und Hülsenfrüchten. Sie enthalten hauptsächlich Adenin und Guanin, die den Harnsäurespiegel nur unwesentlich beeinflussen. Auch die Purine von Innereien bestehen mehrheitlich aus Adenin und Guanin und sind deshalb weniger "gefährlich" als Muskelfleisch. Milchprodukte in größeren Mengen, vier bis fünf Tassen Kaffee und Vitamin C in Dosen von 500 mg/d begünstigen so die Harnsäuresenkung.
Einschränkungen betonen? Ein Kardinalfehler!
Das alleinige Aufrechnen von schädlichen gegenüber nützlichen Nahrungsmitteln ist allerdings in der Ernährungsberatung und damit auch in der Beratung von Gichtpatienten passé, erklären die Wissenschaftlerinnen. Heute steht der langfristige Erwerb von gesunden Ernährungsmustern im Fokus, die mit dem Patienten zusammen trainiert und ggf. auch adaptiert werden.
Gut untersucht in der Gichttherapie- und prävention: die "Mittelmeerernährung". Zum Beispiel in einer 2011 durchgeführten Studie mit über 500 älteren griechischen Patienten, bei denen das Hyperurikämie- bzw. Gicht-Risiko umso geringer war, je mehr die Ernährung den Empfehlungen für eine mediterrane Kost entsprach (s. Kasten). Eine weitere Untersuchung mit 2380 Personen mittleren Alters ergab ebenfalls einen Effekt zwischen Harnsäurewert und Therapietreue zur mediterranen Ernährung. Und in der 2013 publizierten randomisierten PERIMED*-Studie sanken langfristig bei knapp der Hälfte der Teilnehmer erhöhte Harnsäurewerte durch die Mittelmeerkost wieder auf Normalniveau.
Bei den zitierten Studien handelt es sich allerdings nicht um klassische Interventionsstudien, räumen die Autorinnen ein. Solche Ernährungs-Interventionsstudien fehlen leider bisher für Gichtpatienten – vielleicht mit ein Grund dafür, dass diese Patienten relativ selten bei einem Ernährungsberater auftauchen.
Ebenfalls kontraproduktiv: Manche Ärzte betonen zu stark die Einschränkungen für die Patienten, was heute durchaus überholt sein kann. Gerne wird auch einfach ein Merkblatt ausgehändigt, dessen Empfehlungen die Betroffenen in ihrer Lebenssituation aber kaum umsetzen können, schreiben die Ernährungswissenschaftlerinnen.
Erfolg hat, wer auf Teamwork setzt
Die Botschaft: In der Ernährungsberatung geht es nicht um die reine Informationsvermittlung, sondern um die längerfristige gemeinsame Arbeit an der Änderung des Lebensstils. Dazu muss der Patient natürlich bereit sein. Denn erst in den Phasen von Erwägung und Entschlossenheit trägt eine Beratung Früchte.
Und eine solche Entscheidungsfindung kann dauern. Aber Abwarten lohnt sich: Ein besonders schmerzhafter Gichtschub oder plötzliche Medikamentennebenwirkungen erhöhen die Bereitschaft zur Veränderung erfahrungsgemäß deutlich.
*Prevención con Dieta Mediterránea
Quelle: Nickolai B et al. Therapeutische Umschau 2016; 73: 153–158
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