Bei Krebs sensationell sinnlos: Methadon

Dr. Anja Braunwarth

Die Kombination von Methadon und Chemotherapie kann den Therapieerfolg verbessern, heißt es im Internet. Fachgesellschaften schlagen Alarm. Die Kombination von Methadon und Chemotherapie kann den Therapieerfolg verbessern, heißt es im Internet. Fachgesellschaften schlagen Alarm. © fotolia/M.Rode-Foto

Nicht nur die Boulevardpresse, sondern auch namhafte Medien kamen dieses Jahr kaum am Thema „Methadon als Krebsmittel“ vorbei. Doch der Mythos lässt sich recht schnell entzaubern.

Vor zehn Jahren fand eine Ulmer Chemikerin praktisch durch Zufall heraus, dass Methadon im Labor Leukämiezellen abtötet. Die niedrigste dabei verwendete Dosis betrug um die 0,1 µg/ml, berichtete Dr. Hannes Hofbauer von der Klinik für Anästhesiologie am Universitätsklinikum Ulm.

So geringe Plasmaspiegel sind in der Realität unrealistisch

Die Chemikerin blieb dran und beschrieb als nächste „Sensation“, dass das synthetische Opioid bei Glioblastomen die Wirkung von Doxorubicin deutlich verstärkt bzw. die Kombi eine Chemotherapieresistenz überwindet. Der Effekt lässt sich der Substanz zuschreiben aufgrund der Tatsache, dass Naloxon ihn blockiert. Nur blöd, dass das Chemotherapeutikum bei diesem Hirntumor keine Verwendung findet. Außerdem lag in der Untersuchung die geringste Konzentration bei 1 µg/ml. Solche Spiegel lassen sich im Plasma praktisch gar nicht erreichen, erklärte der Kollege.

Klares Nein der Fachgesellschaften

Eine aktuelle Veröffentlichung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft fasst Statements wichtiger Fachgesellschaften zusammen. Dazu gehören u.a. Hämatologen, Neuroonkologen, Schmerztherapeuten und Palliativmediziner. Sie alle lehnen den Einsatz von Methadon in der Tumortherapie ab. Grund ist die unzulängliche Datenlage, die keine sicheren Aussagen über eine mögliche antiproliferative Wirkung erlaubt.

Quelle: Diuheva S et al. Arzneiverordnung in der Praxis 2017; 44: 191-196

Nichtsdestotrotz erschien in diesem Jahr eine erste Beobachtungsstudie mit 167 Tumorpatienten mit überwiegend fortgeschrittenem Leiden, die von einem Opioid kommend zu einem anderen starken Vertreter dieser Klasse oder zu Methadon wechselten. Es gab keinen Unterschied in der Überlebensrate, die Nachbeobachtungszeit war allerdings sehr kurz. Und was man auch nicht vergessen darf: In der Substitution eingesetzt, steigert Methadon das Tumorrisiko um 10–15 %.

Die Wirksamkeit ließ sich bislang nur in Laborstudien zeigen, als Monosubstanz scheint der µ-Rezeptor-Agonist nicht auszureichen und es gibt ein hohes Nebenwirkungsrisiko – so das Fazit von Dr. Hofbauer.

Medien schüren bei den Patienten falsche Hoffnungen

Solange klinische Studien fehlen – eine ist in Planung – kann man also die Anwendung in keiner Weise rechtfertigen. Als ganz großes Problem sieht Dr. Hofbauer die mediale Berichterstattung an. Sie hat bereits in der eigenen Klinik einige Arzt-Patienten-Verhältnisse nachhaltig gestört, weil die Krebskranken sich Wunder erhoffen und nicht verstehen, wieso sie das Mittel nicht erhalten.

Quelle: Deutscher Schmerzkongress 2017 

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