
Methadon in der Tumortherapie: „Problematischstes Opioid, das wir haben“

Der Hype nahm seinen Anfang mit In-vitro-Daten einer Freiburger Arbeitsgruppe. Denen zufolge gibt es zwischen D,L-Methadon und Doxorubicin potenziell nützliche Wechselwirkungen. Das Zytostatikum erhöhte im Labor die Zahl der Opioidrezeptoren auf den Tumorzellen, das Opioid förderte im Gegenzug die Doxorubicinaufnahme in die Tumorzellen und reduzierte dessen Ausstrom. Bei Leukämie- und Glioblastomzelllinien verstärkte dieser Mechanismus die Apoptose.
Andere Teams haben Versuche mit L-Methadon, anderen Zelllinien und anderen Zytostatika unternommen. Die Ergebnisse fielen heterogen aus. In einigen Zelllinien wurde sogar eine geringfügige Wirkabschwächung des Zytostatikums beobachtet, berichtete Dr. Hannes Hofbauer, Schmerztherapeut am Universitätsklinikum Ulm. Gar keine Wirkung zeigte Methadon, wenn es alleine gegeben wurde – etwas, das in der Praxis nach Angaben des Kollegen häufig passiert.
Sterblichkeit unter dem Opioid unverändert oder sogar erhöht
Was gibt es an klinischen Daten? Nicht viel. Dr. Hofbauer zitierte drei Studien aus den letzten Jahren, von denen eine D,L-Methadon bei Glioblastompatienten geprüft hatte. Im Fokus dabei die Verträglichkeit aber nicht der Effekt aufs Überleben. Zwei Post-hoc-Analysen ergaben keinen Vorteil hinsichtlich der Sterblichkeit im Vergleich zu anderen Opioiden. Zu denken geben Studienergebnisse, nach denen die Mortalität bei Patienten mit Nichttumorschmerzen unter D,L-Methadon im Vergleich zu Morphin sogar erhöht ist.
Viele Fragen sind offen, etwa wie sich Methadon mit anderen Chemotherapeutika verträgt und ob sich Ergebnisse auf andere Opioide übertragen lassen. Schließlich blockiert Naloxon die erwähnten Methadon-Effekte auf Glioblastom- und Leukämiezellen, es handelt sich also wohl um „echte“ Opioidwirkungen. Wichtig wäre auch zu wissen, wie die Kombination Methadon/Zytostatikum im Gesamtorganismus wirkt, ob sich beispielsweise unerwartete Toxizitäten einstellen, wenn Zytostatika verstärkt auch in gesunde Zellen ein- und vermindert ausströmen.
Immerhin hat die Deutsche Krebshilfe kürzlich die erste klinische Multizenterstudie gestartet, an der Patienten mit fortgeschrittenem chemotherapierefaktärem Kolonkarzinom teilnehmen sollen. Erste Ergebnisse werden frühestens in zwei Jahren vorliegen, 2026 soll die Studie abgeschlossen sein.
Hätte eine positive Wirkung nicht längst auffallen müssen?
Bis dahin betrachtet Dr. Hofbauer Methadon als „das problematischste Opioid, das wir haben“. Er selbst verordnet es seinen Schmerzpatienten in der Regel nicht, auch weil das Wechselwirkungsrisiko hoch ist. Am Ende gab er den Kollegen noch einen Denkanstoß mit: „Methadon wird seit Jahren in vielen Ländern zur Tumorschmerztherapie eingesetzt. Hätte da nicht auffallen müssen, dass die Patienten länger leben, wenn es so effektiv ist?“
Kongressbericht: 34. Deutscher Krebskongress
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).