Letzte Hoffnung Methadon: Bei welchen Krebskranken Ärzte den „Rettungsring“ werfen sollten

Maria Weiß

Die nicht ganz ungefährliche Methadon-Therapie den Patienten selbst zu überlassen, ist keine Lösung. Die nicht ganz ungefährliche Methadon-Therapie den Patienten selbst zu überlassen, ist keine Lösung. © Fotolia/M.Rode-Foto

Auch wenn der Hype um Methadon in der Krebstherapie bereits etwas nachgelassen hat – Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen greifen immer wieder nach diesem letzten Strohhalm. Lassen Sie sie dabei nicht alleine!

Nach Erfahrung von Dr. Silvia Maurer, Anästhesistin und Schmerztherapeutin aus Bad Bergzabern, häufen sich in letzter Zeit Fälle, in denen sich Krebspatienten auf dubiosen Wegen Methadon besorgen, um damit ihre Erkrankung zu behandeln. Diese nicht ganz ungefährliche Therapie den Patienten selbst zu überlassen, ist keine Lösung, betonte die Kollegin.

Zum Methadon-Hype geführt haben u.a. Untersuchungen der Chemikerin Dr. Claudia Friesen vom Forschungslabor des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsklinik Ulm. Die Wissenschaftlerin konnte in Zellen nachweisen, dass die Aktivierung von Opioidrezeptoren die Effektivität von Chemotherapeutika verstärkt. D/L-Methadon, ein Racemat, das Levomethadon und Dextromethadon zu gleichen Anteilen enthält, sollte dabei hinsichtlich Wirkung und Nebenwirkungen das günstigste Profil von allen Opioiden haben.

Außerdem wurde der Substanz zugeschrieben, dass sie Reparaturmechanismen der Krebszellen blockieren kann – Krebszellkulturen sind nach Zugabe von D/L-Methadon abgestorben. Fallberichte über positive Wirkungen bei Tumorpatienten gibt es ebenfalls, kontrollierte klinische Studien zur onkologischen Wirkung fehlen jedoch nach wie vor, berichtete Dr. Maurer­.

Dreimal Methadon

D/L-Methadon ist als Fertigarzneimittel in Deutschland nur für die Substitutionstherapie bei Opiatabhängigen zugelassen. Levomethadon kann sowohl gegen starke Schmerzen als auch im Rahmen der Substitution gegeben werden. Dextromethadon, ein NMDA-Rezeptorantagonist, hat keine eigenständige Zulassung in Deutschland.

Kein Ersatz für Therapie nach Leitlinie

Sehr kritisch zu D/L-Methadon als Tumortherapeutikum hat sich die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin geäußert. So fehle bisher der Nachweis, dass Methadon auch beim Menchen eine wachstumshemmende Wirkung auf die Krebszellen habe. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie sieht eine undifferenzierte Off-Label-Anwendung des Racemats im Rahmen einer Krebstherapie aufgrund der mangelhaften Evidenz ebenfalls als nicht gerechtfertigt an. BNGO* und NATUM** haben in einer gemeinsamen Stellungnahme betont, dass D/L-Methadon eine leitliniengerechte onkologische Therapie keinesfalls ersetzen dürfe und eine tumorhemmende Wirkung durch klinische Studien nicht belegt sei. Da aber erste Hinweise auf eine onkologische Wirksamkeit bei simultaner zytostatischer Tumortherapie existierten, könne dies in der Palliativsituation bei der Analgetikaauswahl berücksichtigt werden. Dr. Maurer hält die Gabe von D/L-Methadon an stabile Tumorpatienten mit Schmerzen, die parallel noch eine Chemo- oder Strahlentherapie erhalten, für denkbar. Entscheidet man sich dafür, hat man es grundsätzlich mit einem Off-Label-Use zu tun. Die Krankenkassen lehnen in der Regel die Kostenübernahme ab – zum Teil sind die Patienten aber bereit, das Präparat aus eigener Tasche zu bezahlen. Die Therapie ärztlich kontrolliert durchzuführen, ist in jedem Fall besser, als die heimliche Einnahme von selbst besorgtem D/L-Methadon ohne Wissen des Onkologen, sagt die Kollegin. Das Racemat sollte via Privatrezept verordnet werden, entweder als Fertigarznei oder als Rezeptur. Die Patienten müssen schriftlich über den Off-Label-Use, den fehlenden Wirknachweis und mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden. Zu bedenken ist, dass D/L-Methadon aufgrund der langen Halbwertszeit nur sehr langsam aufdosiert werden darf, da sonst eine hohe Kumulationsgefahr besteht, warnte Dr. Maurer­.

* Berufsverband Niedergelassener Gynäkologischer Onkologen
** Arbeitsgemeinschaft für Naturheilkunde, Akupunktur, Umwelt- und Komplementärmedizin in der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe

Quelle: DGS-Regionalkonferenz – Update Schmerzmedizin 2018

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Die nicht ganz ungefährliche Methadon-Therapie den Patienten selbst zu überlassen, ist keine Lösung. Die nicht ganz ungefährliche Methadon-Therapie den Patienten selbst zu überlassen, ist keine Lösung. © Fotolia/M.Rode-Foto