Bei rektalen Tumoren deeskalieren oder doch besser nicht?

Friederike Klein

Kolorektalkrebs gehört zu den häufigsten Tumorarten in der westlichen Welt. Ein Risikofaktor: die falsche Ernährung. Kolorektalkrebs gehört zu den häufigsten Tumorarten in der westlichen Welt. Ein Risikofaktor: die falsche Ernährung. © iStock/peterschreiber.media

Immer wieder wird diskutiert, ob die Therapie des Rektumkarzinoms T3N0 durch den Verzicht auf die Strahlentherapie deeskaliert werden kann. Deutsche und internationale Leitlinien geben dazu unterschiedliche Empfehlungen. Was sollte man also tun?

Die S3-Leitlinie „Kolorektales Karzinom“ empfiehlt eine primäre Resektion bei T3a/b-Tumoren ausnahmsweise dann, wenn der Tumor im mittleren Rektum­drittel lokalisiert ist. Zudem darf in der Magnetresonanztomographie (MRT) nur eine limitierte Infiltration des perirektalen Fettgewebes belegt sein, aber kein bildgebender Verdacht auf Lymphknotenmetastasen oder extramurale Gefäßinvasion bestehen.1 Das setzt eine Qualität der Bildgebung voraus, die nicht immer gegeben ist, lautete die Quintessenz einer Pro-Kontra-Debatte.

Als grundsätzliche Vorbedingungen für einen intendierten Verzicht auf eine präoperative Strahlentherapie nannte Professor Dr. Falk Röder, Strahlentherapeut vom Universitätsklinikum Salzburg, eine adäquate MRT-Technik und Befundungsqualität sowie eine adäquate und nachvollziehbare Qualität der totalen mesorektalen Exzision (TME) mit Lokalrezidivraten < 5 % im selektionierten Kollektiv.

Das National Comprehensive Cancer Network (NCCN) in den USA hat die Latte für die Qualität der MRT und der MRT-Befundung hoch gehängt.2 Laut Prof. Röder fordert es technisch ein 1,5-Tesla-Gerät, eine 2D hochauflösende T2-Sequenz (3D T2-Sequenz ist nicht adäquat), eine Schichtdicke von 1–3 mm, axiale, sagittale und koronare Schichten und angewinkelte axiale, koronare Schichten.

Der Befund soll enthalten:

  • die Distanz anokutan bis Tumor­unterrand,
  • Tumorlänge,
  • T-Stadium,
  • Tumordeposits im Mesorektum,
  • Infiltration mesorektale Faszie oder kleinster Abstand,
  • N-Stadium sowie
  • Vorhandensein/Absenz von extramesorektalen Lymphknoten.

Das sei aber bei Weitem nicht in allen Zentren der Fall, erklärte der Referent. Es gebe eine hohe Rate an Fehleinschätzungen, sowohl in Richtung zu guter als auch zu schlechter Stadien. So könne keine sichere Selektion der Patienten erfolgen, die wirklich für einen Verzicht auf eine Bestrahlung infrage kommen.

Professor Dr. Dirk Arnold, internistischer Onkologe vom Asklepios Tumorzentrum, Hamburg-Altona, stellte das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Strahlentherapie bei Rektumkarzinomen T3N0 infrage. Zwar könne eine geringe Verbesserung des Lokalrezidivrisikos von ca. 3 % ohne Strahlentherapie auf 1–2 % mit der Behandlung erreicht werden. Dem stünde aber das Risiko für eine lokale Früh- sowie eine anhaltende Langzeittoxizität entgegen.

Neoadjuvante Chemotherapie plus FOLFOX im Test

Dass eine Deeskalation bei bestimmten Rektumkarzinomen wünschenswert wäre, stellte keiner der beiden Experten infrage. Derzeit werden in Studien verschiedene Strategien untersucht. So prüft man in der europäischen Phase-2/3-Studie PROSPECT, ob bei adäquater Qualität der Bildgebung die neoadjuvante Chemotherapie mit 5-Fluoro­uracil und Oxaliplatin (FOLFOX) eine Alternative zur neoadjuvanten Kombination von Bestrahlung und 5-Fluo­rouracil beim Rektumkarzinom verschiedener Stadien, darunter auch T3N0, sein kann. Ziel ist es, Langzeittoxizität einzusparen, ohne dies mit einer schlechteren Tumorkontrolle zu erkaufen.

Ist ein Verzicht auf die Operation möglich?

Mit der Studie STAR TREC soll dargelegt werden, ob bei einer Subgruppe von Patienten mit Rektumkarzinom cT3bN0 auf die Operation verzichtet werden kann. Dazu werden die Teilnehmer zunächst nach Therapiepräferenz stratifiziert – einem weiteren wichtigen Faktor für die Therapieentscheidung, wie Prof. Arnold betonte. Wird die primäre Operation bevorzugt, erfolgt eine TME (lokale Exzision, trans­anale endoskopische Mikrochirurgie). Soll der Organerhalt angestrebt werden, erhalten Patienten randomisiert eine Bestrahlung oder eine Radiochemotherapie. Bei Erreichen eines Komplettansprechens kann in beiden Gruppen statt einer TME auch eine aktive Beobachtungsstrategie (Watch & Wait) angewendet werden.

Quellen:
1. S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom, AWMF-Register-Nr. 021-007OL, www.awmf.org
2. NCCN Guidelines Version 1.2020 – Rectal Cancer; www.nccn.org/professionals/physician_gls/default.aspx

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Kolorektalkrebs gehört zu den häufigsten Tumorarten in der westlichen Welt. Ein Risikofaktor: die falsche Ernährung. Kolorektalkrebs gehört zu den häufigsten Tumorarten in der westlichen Welt. Ein Risikofaktor: die falsche Ernährung. © iStock/peterschreiber.media