
Biologikatherapie in Grenzbereichen

Die Verordnung der Biologika Anti-IL5(R) und Anti-IL4/13 bei schwerem Astma ist an Unter- und Obergrenzen von Eosinophilenzahl und/oder fraktioniertem exhaliertem Stickstoffmonoxid (FeNO) gebunden. Diese basieren auf den Einschlusskriterien der Zulassungsstudien, erinnerte PD Dr. Katrin Milger-Kneidinger vom LMU-Klinikum in München. Dass es sich dabei nicht um absolute Wirksamkeitsgrenzen handelt, lässt sich daran erkennen, dass die Eosinophilenuntergrenze für Anti-IL5(R) mal bei 150, mal bei 300 oder sogar 450 Zellen/µl lag.
Eosinophile im Sputum rechtfertigen Biologika
Um herauszufinden, ob bei einem mit oralen Steroiden (OCS) behandelten Asthmapatienten die Indikation für die genannten Biologika besteht, setzt man kurz die OCS ab. Liegt eine Typ-2-Inflammation vor, reicht ein Tag Pause aus, um die Eosinophilenzahl um durchschnittlich etwa 200/µl steigen zu lassen, wie Bonner Kollegen in einer noch nicht publizierten Analyse feststellten. Außerdem bietet sich an, das Sputum zu untersuchen. Finden sich darin vermehrt Eosinophile, scheint ein Biologikaversuch auch bei einer Blut-Eosinophilenzahl unter dem Limit gerechtfertigt.
Schwieriger wird es mit der Biologikaindikation am anderen Ende der Skala, bei Hypereosinophilien mit Zellzahlen über 1.500/µl. In solchen Fällen gilt es, nach Differenzialdiagnosen und Komorbiditäten wie chronische eosinophile Pneumonie, eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) oder das Hypereosinophilie-Syndrom zu suchen. „Wir sehen in den Ambulanzen immer wieder Patienten mit Asthma und Hypereosinophilie, die irgendeine systemische Manifestation haben, sich aber nicht eindeutig einordnen lassen“, berichtete Dr. Milger-Kneidinger. Insbesondere wenn Zeichen einer Vaskulitis fehlen, kann eine Unterscheidung zwischen EGPA und anderen Hypereosinophilien unmöglich werden. Anti-IL5 als eosinophilendepletierende Therapie wirkt jedoch auch bei diesen Erkrankungen und ist inzwischen dafür zugelassen. Es muss aber dreimal so hoch dosiert werden. „Für mich ist nicht die Frage, ob man Patienten mit Asthma und Hypereosinophilie behandeln sollte, sondern wie und in welcher Dosierung“, meinte die Pneumologin.
Wie üblich sind nicht alle relevanten Patientengruppen in die Zulassungsstudien der Biologika eingeschlossen worden – z.B. Patienten, die keine signifikante Reversibilität ihrer Obstruktion zeigen, oder aktive Raucher und Ex-Raucher mit vielen Packungsjahren. „Das heißt nicht, dass wir diese Patienten nicht mit Biologika behandeln dürfen, aber wir wissen schlicht nicht, wie gut sie ansprechen“, so Dr. Milger-Kneidinger. Sie hat zusammen mit Kollegen Daten des Deutschen Netzwerks Schweres Asthma analysiert und 37 Patienten mit positivem Broncholyseergebnis mit 96 Patienten ohne Reversibilität verglichen. Die Unterschiede im Ansprechen auf Anti-IL5 hinsichtlich Asthmakontrolle, Lungenfunktion und Exazerbationsrate waren nur gering.
Der Tatsache, dass jeder zweite Asthmakranke raucht oder früher geraucht hat, wird in Studien generell zu wenig Rechnung getragen. Eine aktuelle Real-Life-Analyse der Universität Bonn ergab, dass Ex-Raucher, die im Schnitt auf 28 Packungsjahre kamen, auf Anti-IL5 ebenso gut ansprachen wie Patienten mit schwerem Asthma, die nie geraucht hatten. Bei beiden Gruppen verbesserten sich Asthmakontrolle, FEV1 und Exazerbationsrate deutlich, der OCS-Bedarf ging erheblich zurück.
Ähnlich beruhigende Daten gibt es zu Anti-IgE aus einer retrospektiven Analyse der PROSPERO-Studie. Ob Raucher, Ex-Raucher oder Nie-Raucher, ob reiner Asthmatiker oder Patient mit Asthma plus COPD: Alle profitierten von der Einstellung auf das Biologikum.
In der Schwangerschaft nicht mit Biologika neu beginnen
Die Erkenntnisse zu Schwangerschaften unter Biologika sind lückenhaft. Eine Ausnahme bildet das Anti-IgE: Ein großes Register mit Daten von mehr als 250 Schwangerschaften zeigte keine erhöhte Rate von Fehlbildungen oder Komplikationen. Entsprechend haben die Zulassungsbehörden die Fortführung der Therapie unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung genehmigt. Es wird jedoch davon abgeraten, eine Behandlung während der Schwangerschaft neu zu beginnen.
Zu anderen Biologika gibt es Fallberichte im zweistelligen Bereich, die ebenfalls keine Sicherheitssignale zeigen, aufgrund der kleinen Zahlen aber mit Vorsicht zu interpretieren sind. Dr. Milger-Kneidinger: „Nicht vergessen: Frauen mit schwerem Asthma müssen darüber aufgeklärt werden, dass eine Schwangerschaft unter Anti-IL5 und Anti-IL4/13 derzeit nicht empfohlen werden kann, weil Daten fehlen.“ Letztlich werde es immer auf eine Einzelfallentscheidung hinauslaufen, zumal wenn die Alternative in einer Behandlung mit OCS oder anderen Immunsuppressiva bestehe. „Die sind während der Schwangerschaft ja auch nicht gerade ohne.“
Quelle: 62. Kongress der DGP*
* Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
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