Blutuntersuchung verhinderte Teilamputation

Tobias Stolzenberg

Karzinom oder Ulcus durum? Ohne Serologie ist die Unterscheidung mitunter gar nicht so einfach. Karzinom oder Ulcus durum? Ohne Serologie ist die Unterscheidung mitunter gar nicht so einfach. © Science Photo Library/Biophoto Associates

Fast hätte ein 59-Jähriger einen Teil seines besten Stücks eingebüßt – doch eine bestehende Antikoagulation verzögerte die Penis­teilamputation. Die unterdessen eingetroffenen Ergebnisse der Serologie gaben der Therapie dann eine weniger invasive Richtung. 

In der urologischen Ambulanz des Landeskrankenhauses Hochsteiermark in ­Leoben stellte sich ein 59-Jähriger mit einem solitären, unscharf begrenzten Ulkus an der ­Glans ­penis vor. Das Geschwür bestehe seit zwei Wochen und sei in dieser Zeit deutlich größer geworden, berichtete der Mann. Es jucke ein wenig, verursache aber keine Schmerzen. Sex habe er seit Jahren keinen gehabt. 

Die Läsion wies einen Durchmesser von ca. 7 mm auf. Die Ränder waren wallartig angehoben, die umgebende Kutis zeigte sich deutlich verhärtet, schreiben Dr. ­Robin ­Zeder von der Abteilung Urologie und Kollegen in ihrem Fallbericht. Bei der klinischen Untersuchung konnten die Ärzte das Ulkus bis in eine Tiefe von 2 cm sondieren. 

Mit der Verdachtsdiagnose Peniskarzinom in die Klinik

Zudem fiel eine beidseitige inguinale Lymph­adenopathie auf. Anamnestisch erhoben die Kollegen nur einen Zustand nach mechanischem Aortenklappenersatz, zur Antikoagulation nahm der Mann einen Vitamin-K-Antagonisten ein.

Mit der Verdachtsdiagnose Penis­karzinom erfolgte die stationäre Aufnahme. Sofort begannen die Ärzte mit der Planung einer Teilamputation (nach intraoperativer Diagnosesicherung durch Schnellschnittuntersuchung), die schon am nächsten Tag stattfinden sollte. Zugleich wurden Abstriche aus der Harnröhre sowie dem Ulkus genommen und eine Lues­serologie veranlasst, wie sie am Landeskrankenhaus Hochsteiermark Standard bei unklaren penilen Läsionen ist. Ein CT-Staging zeigte keine weiteren Auffälligkeiten.

Da im Routinelabor die Gerinnungsparameter entgleist waren, wurde der Eingriff kurzfristig verschoben. Unterdessen trafen die serologischen Ergebnisse ein, die deutlich für eine ­Lues ­Stadium I sprachen. Die Urologen sagten die Operation daraufhin ab und schickten ihren Patienten stattdessen zu den Spezialisten für sexuell übertragbare Krankheiten. Diese veranlassten die Vorstellung in den Abteilungen für HNO, Augenheilkunde und Neurologie, wo eine weitere Organbeteiligung ausgeschlossen wurde. Mittels PCR ließ sich im Ulkus der Syphilis­erreger ­Treponema pallidum­ nachweisen. Die Proben aus dem anorektalen und peri­analen Bereich waren negativ, ebenso die Tests auf weitere sexuell übertragbare Erkrankungen.

Nach einem Monat hatte sichder Befund deutlich gebessert

Entsprechend dem klinischen und laborchemischen Bild einer primären Syphilis starteten die Ärzte eine antibiotische Therapie. Aufgrund der noch immer ungüns­tigen INR**-Werte verzichteten sie auf Penicillin i.m. und verordneten ­Doxycyclin 100 mg zweimal täglich über 14 Tage. Beim Kontrolltermin nach einem Monat hatte sich das Ulkus deutlich zurückgebildet, war aber noch nicht völlig epithelialisiert. Der Erreger ließ sich nun nicht mehr per PCR nachweisen. Der RPR*-Test fiel zu diesem Zeitpunkt bereits negativ aus, auch IgM gegen T.-pallidum-Antigen war nicht mehr nachweisbar. Bei INR-Werten im Zielbereich erfolgte die intramuskuläre Gabe von 2,4 Mio. IE Benzathin-Penicillin­. Bei der Kontrolluntersuchung nach drei Monaten war das Ulkus komplett abgeheilt und auch der serologische Befund unauffällig.

Anders als die Zahlen für das Penis­karzinom steigt die Syphilis­inzidenz in Deutschland und wohl auch in Österreich seit etwa zwanzig Jahren merklich an, schreibt das Autorenteam. Daher sollte man bei unklaren, neu aufgetretenen Ulzera am Penis stets auch an die ­Lues als Auslöser und ein ­Ulcus ­durum denken. Diagnostisch wegweisend sind Sexualanamnese, die serologische Untersuchung sowie die Dunkelfeldmikroskopie oder die PCR aus dem Ulkus. Als entscheidend für das Gelingen von Diagnostik und Therapie bei unklaren penilen Läsionen heben die Autoren die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Dermatologen, Venerologen und Urologen hervor.

*    Rapid-Plasma-Reagin-Test
**    international normalized ratio

Zeder R et al. Urologie 2023; 3: 292-294; DOI: 10.1007/s00120-022-01982-6

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Karzinom oder Ulcus durum? Ohne Serologie ist die Unterscheidung mitunter gar nicht so einfach. Karzinom oder Ulcus durum? Ohne Serologie ist die Unterscheidung mitunter gar nicht so einfach. © Science Photo Library/Biophoto Associates