
COVID-19 und onkologische Patient:innen: Nicht vorbei!

Die stärkste Waffe gegen COVID-19 ist die Impfung, betonte PD Dr. Nicola Giesen vom Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart.1 Geimpfte Patient:innen mit onkologischen Erkrankungen hatten auch bei Vorherrschen der Omikron-Variante in Europa ein niedrigeres Risiko, an COVID-19 zu sterben, stationär behandelt werden zu müssen, Komplikationen zu entwickeln oder Sauerstoff zu benötigen als Ungeimpfte. Die Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der DGHO empfiehlt daher für Krebserkrankte uneingeschränkt die SARS-CoV-2-Vakzine mit Boostern. Die Tumortherapie muss für die Impfung nicht unterbrochen werden. Eine Vakzinierung vor der Behandlung ist aber – wenn möglich – vorzuziehen. Die Impfung gegen SARS-CoV-2 kann gemeinsam mit derjenigen gegen Influenza erfolgen.
Unerwünschte Ereignisse nach der SARS-CoV-2-Impfung treten in der Gruppe der Tumorerkrankten nicht häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung. Zu beachten ist, dass es nach der Vakzinierung zu vergrößerten Lymphknoten kommen kann, die nicht mit Lymphknotenmetastasen verwechselt werden dürfen. Bei Impfung nach vorangegangener Radiatio kam es in Einzelfällen außerdem zu einem Recall-Phänomen der Strahlenfolgen. Die Vakzinierung nach einer allogenen Stammzelltransplantation birgt zudem ein 10%iges Risiko eines Schubs einer Graft-versus-Host-Erkrankung und von vorübergehenden Zytopenien.2 Da Krebspatient:innen häufig nicht immunkompetent sind, werden vorrangig die zugelassenen mRNA-Impfstoffe mit den höchsten Dosierungen empfohlen.
STIKO-Empfehlung bei Immundefizienz
Die Ständige Impfkommission (STIKO) am RKI empfiehlt aktuell für immundefiziente Patient:innen und einer wahrscheinlich eingeschränkten Impfantwort
- drei Impfungen zur Grundimmunisierung
- mindestens zwei Auffrischimpfungen.
Außerdem empfiehlt die STIKO in folgenden begründeten Einzelfällen die SARS-CoV-2-Präexpositionsprophylaxe mit Tixagevimab und Cilgavimab:
- nach autologer/allogener Stammzelltransplantation oder CAR-T-Zell-Therapie vor immunologischer Rekonstitution
- unter oder nach B-Zelldepletion ohne Immunrekonstitution
- unter starker Immunsuppression, z.B. nach Organtransplantation oder unter laufender Chemotherapie
- bei genetisch bedingten Immundefekten
Reduzierte Antikörperantwort
Die Antikörperantwort fällt insbesondere bei folgenden Behandlungen mit hoher Wahrscheinlichkeit reduziert aus:
- B-Zell-gerichtete Therapien (CD20-Antikörper, BTK-Inhibitoren, BCL2-Hemmer)
- CD38- und BCMA-Antikörper
- JAK-Inhibitoren
- nach Stammzelltransplantation und CAR-T-Zell-Therapie
Auch eine zytotoxische Chemotherapie, eine Behandlung mit Steroiden (dosisabhängig) und PARP-Inhibitoren sowie möglicherweise auch CDK-4/6-Hemmern können die Impfantwort reduzieren.
Die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) mit der kombinierten Antikörpergabe (Tixagevimab/Cilgavimab) ist inzwischen gegen die dominierenden SARS-CoV-2-Varianten deutlich weniger wirksam. In den USA wurde die entsprechende Notfallzulassung daher bereits von der Arzneimittelbehörde FDA zurückgerufen. In Deutschland ist Tixagevimab/Cilgavimab als PrEP bei Impfversagen und schwerer Immundefizienz in begründeten Einzelfällen noch möglich (s. Kasten).
Für alle onkologischen Patient:innen gelten laut DGHO weiterhin die Empfehlungen zu Hygienemaßnahmen, zur Einschränkung von Kontakten und zum Einhalten von Abstand zu anderen Personen (1,50 m) bzw. zum Tragen einer Maske, wo dies nicht möglich ist. Angehörige mit Symptomen, die auf eine Coronavirusinfektion hinweisen, sollten so rasch wie möglich auf SARS-CoV-2 getestet werden, um im Falle der Infektion früh eine Behandlung einleiten zu können.3
Quellen
1. Giesen N. 129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin; Vortrag „Covid-19: Impfung, Prophylaxe und Therapie bei onkologischen Patienten“
2. Giesen N. Eur J Cancer 2023; 181: 102-118; DOI: 10.1016/j.ejca.2022.11.030.
3. von Lilienfeld-Toal M. Onkopedia-Leitlinie „Coronavirus-Infektion (COVID-19) bei Patient:innen mit Blut- und Krebserkrankungen“; Stand: April 2023
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