Darf es vielleicht ein bisschen mehr Heparin sein?

Friederike Klein

Bei morbider Adipositas erscheint Dosisanpassung teilweise sinnvoll. Bei morbider Adipositas erscheint Dosisanpassung teilweise sinnvoll. © fotolia/ pittawut

Ein Body-Mass-Index über 40 kg/m² erhöht neben vielem anderem auch die Gefahr für venöse Thromboembolien. Betroffene finden sich allerdings nur selten in Antikoagulationsstudien, die Evidenzlage ist daher dünn.

Das Risiko für eine venöse Thromboembolie (VTE) liegt bei starkem Übergewicht unabhängig von anderen Risikofaktoren zwei- bis dreifach höher, so Professor Dr. Sebastian Harder, klinischer Pharmakologe vom Universitätsklinikum Frankfurt am Main. Aufgrund des viel größeren Verteilungsvolumens – nicht nur hinsichtlich des Körperfetts, sondern auch des Blutvolumens und Intrazellularraums – treten bei Adipositas permagna pharmakokinetische Änderungen auf. Allerdings nimmt auch die totale Clearance zu, z.B. durch eine größer werdende Leber. Leitlinienempfehlungen zu einer angepassten Dosierung für die Betroffenen gibt es nicht.

Kleine Studie wurde meinungsbildend

Eine Fallserie zur VTE-Prophylaxe bei extrem Adipösen (BMI im Mittel > 60 kg/m²) weist darauf hin, dass eine gewichtsadaptierte Dosiserhöhung sinnvoll sein könnte. Durch die Prophylaxe mit dem niedermolekularen Heparin (NMH) Enoxaparin in einer Dosis von 0,5 mg/kg erreichten 82 % der Patienten den Anti-Faktor-Xa-Zielspiegel, mit einer niedriger dosierten gewichtsadaptierten Prophylaxe (0,4 mg/kg) gelang das nur bei 36 % und bei fixer Dosis (40 mg) nur bei 13 %. Trotz kleiner Fallzahl (n = 31) und fehlender Randomisierung wurde diese Studie meinungsbildend, so der Referent.

In der Praxis machtes jeder anders

Eine retrospektive Auswertung einer chinesischen Kohorte fand auch bei fixen Gaben einen Vorteil für eine höhere Dosis (2 x 40 mg Enoxaparin oder 3 x 7500 IU unfraktioniertes Heparin [UFH] gegenüber 40 mg Enoxaparin oder 3 x 5000 IU UFH). Die Patientenzahl lag mit knapp 10 000 hier erheblich höher, dafür waren die Effekte der beiden Antikoagulanzien nicht auseinanderzuhalten. In der Praxis macht es jeder anders, sagte Prof. Harder: Bei einer Umfrage unter 625 Mitarbeitern von Intensivstationen aus 36 Ländern weltweit fanden sich sowohl der Einsatz einer erhöhten Fixdosis bei stark Adipösen als auch eine gewichts- oder BMI-adaptierte Dosierung häufig.

Für Therapie und Sekundärprophylaxe von VTE stellt sich die Situation nicht viel anders dar: Keine randomisierte Studien, keine Leitlinien für Patienten mit morbider Adipositas. Prof. Harder empfahl gemäß der schwachen Evidenz, die derzeitig vorliegt:

  • UFH: keine Dosisanpassung, Kontrolle der aktivierten partiellen Thromboplastinzeit (aPTT)
  • NMH: keine Dosisanpassung bis zu einem BMI von 40 kg/m², darüber 0,75 mg/kg und Kontrolle der Anti-Faktor-Xa-Aktivität

Nach Subgruppenanalysen der Zulassungsstudien der NOAK scheint zumindest bis zu einem BMI von 40 kg/m² keine Anpassung notwendig zu sein. Der Experte versah das aber mit einem Fragezeichen, denn es gibt vereinzelt Hinweise, dass eine Standarddosierung in diesen Fällen nicht ausreicht. So entwickelte ein Patient mit Vorhofflimmern, der bei einem BMI von 44,7 kg/m² vier Wochen Dabigatran (150 mg zweimal täglich) eingenommen hatte, einen isch­ämischen Schlaganfall. Die Serumspiegel zeigten, dass er zu keinem Zeitpunkt des Tages einen ausreichenden Wirkspiegel erreichte.

Quelle: 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

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Bei morbider Adipositas erscheint Dosisanpassung teilweise sinnvoll. Bei morbider Adipositas erscheint Dosisanpassung teilweise sinnvoll. © fotolia/ pittawut