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Cartoon Medizin und Markt
Dehnübungen, Magnesium und Chininsulfat sorgen für Entspannung

Für ältere Menschen gehören nächtliche Wadenkrämpfe zu den häufigsten Gesundheitsstörungen: 50 % der über 60-Jährigen kennen die plötzlich auftretenden, quälenden Kontraktionen ihrer Wadenmuskeln aus eigener schmerzhafter Erfahrung. 40 % der Betroffenen leiden mehr als dreimal pro Woche unter den Krämpfen, 6 % sogar jede Nacht. Im Mittel dauern die Episoden neun Minuten. Die Schmerzen können über Stunden hinweg anhalten und sind mitunter auch tagsüber noch deutlich zu spüren.
Neurologische Ursachen sind sehr selten
Keinesfalls sollte man die Beschwerden bagatellisieren, betonte Professor Dr. Oliver Tobolski von der Sportorthopädischen Praxisklinik Köln. Denn das Leiden kann mit ausgeprägtem Schlafmangel einhergehen und Gesundheit und Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigen.
In den meisten Fällen findet sich kein spezifischer Auslöser für die regelmäßigen Crampi. Trotzdem sollten sekundäre Ursachen differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden:
- internistische Erkrankungen (Elektrolytstörungen, Nierenerkrankungen, schwere Leberkrankheiten, Hypothyreose)
- Polyneuropathien
- metabolische und entzündliche Erkrankungen der Muskulatur
- periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK)
- orthopädische Probleme (Iliosakralgelenk, Spinalkanal, Faszien, Fußfehlstellungen)
Sehr selten liegen den Wadenkrämpfen neurologische Störungen wie fokale Dystonie oder Spastik, Myotonie, Stiff-Person- oder Restless-Legs-Syndrom zugrunde. Häufiger lassen sich hingegen bestimmte Medikamente als Verursacher dingfest machen:
- Betasympathomimetika
- Betarezeptorblocker
- Cholinesterasehemmer
- Statine
- Diuretika
- Kalziumkanalblocker
In der Akutsituation bringt das Dehnen der verkrampften Muskulatur und das Anspannen der Antagonisten Linderung. Auch tägliche Dehnübungen der Waden- und Oberschenkelmuskeln vor dem Zubettgehen können die Häufigkeit und Schwere nächtlicher Wadenkrämpfe mindern.
Medikamentöse Therapie erster Wahl ist die Einnahme von Magnesium (z.B. 300 mg/d für vier Wochen). Nur ein Prozent des Magnesiums, das sich im Körper befindet, taucht im Blut auf, sodass Mangelzustände im Labor nur schwer zu erkennen sind, erinnerte der Referent.
Der tägliche Bedarf des Erwachsenen liegt bei 300–400 mg. Zum Mangel kann es bei erhöhtem Bedarf kommen (Schwangerschaft und Stillzeit, Sport, Stress) oder bei reduzierter Aufnahme (magnesiumarme Ernährung, gastrointestinale Erkrankungen, Wechselwirkungen von Medikamenten). Auch vermehrtes Ausscheiden des Elements – etwa bei Fieber, Durchfall, Alkoholkonsum, Diuretikatherapie – kann einen Mangelzustand begünstigen.
Angezeigt ist die Therapie mit Magnesium in der Schwangerschaft, kontraindiziert ist sie bei Niereninsuffizienz, AV-Block und Myasthenia gravis. Die beste Bioverfügbarkeit bei Muskelkrämpfen hat Magnesiumcitrat.
Wenn die Magnesiumsupplementation nicht zu ausreichender Linderung der schmerzhaften Kontraktionen führt, bleibt der Versuch mit Chininsulfat. Als Analgetikum und peripher wirkendes Myotonolytikum entfaltet Chinin seine Effekte unabhängig von der Genese der Krämpfe. Es kann bis zu vier Wochen dauern, bis ein ausreichender Plasmaspiegel erreicht ist und das pflanzliche Alkaloid seine Wirkung entfaltet.
Bei Chinin regelmäßige EKG-Kontrollen nötig
Kontraindikationen sind Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen sowie Vorschädigungen des Sehnervs. Beachten sollte man die möglichen Wechselwirkungen mit zahlreichen anderen Substanzen. Die Möglichkeit einer QT-Verlängerung macht zudem regelmäßige EKG-Kontrollen erforderlich.
Prof. Tobolski empfahl, mit einer Tablette täglich zu beginnen und die Patienten in den ersten zwei Wochen regelmäßig zum EKG einzubestellen. Nach vier Wochen reduziert er die Therapie auf eine Tablette alle zwei Tage. Nach zwölf Wochen anhaltender Schmerzfreiheit setzt er das Medikament ab.
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