
Cartoon Fortbildung
Cannabis in der Schmerztherapie

Zahlreiche Patienten mit chronischen Schmerzen erreichen trotz hoher Opioiddosen keine zufriedenstellende Analgesie. Zudem birgt der Einsatz dieser Medikamente wegen der Nebenwirkungen und des Suchtpotenzials erhebliche Risiken. Dennoch habe es seit 20 Jahren keine wesentlichen Innovationen in der Schmerztherapie gegeben, berichtete Professor Dr. Jan M. Jauß vom Ökumenischen Hainich Klinikum in Mühlhausen. Erst mit der Erstattungsfähigkeit von cannabinoiden Analgetika im Jahre 2017 sei Bewegung in die Sache gekommen.
Die drei wichtigsten Wirkstoffe der Cannabispflanze sind das schmerzreduzierende Tetrahydrocannabinol (THC), das schmerzlindernde und entzündungshemmende Cannabidiol (CBD) sowie verschiedene Terpene, erläuterte Prof. Jauß. Letztere fördern – zumindest im Tiermodell – das Durchschlafen und wirken antidepressiv. „Das richtige Terpenprofil könnte also helfen, neben den Schmerzen auch häufige Begleiterscheinungen wie Schlafstörungen und Depressionen zu lindern.“
Beim Rauchen ist die Wirkung nur von kurzer Dauer
Der Referent wies darauf hin, dass sich die Pharmakokinetik der Wirkstoffe bei oraler und inhalativer Einnahme deutlich unterscheidet. Wird Cannabis geraucht, liegt die THC-Konzentration im Blut teilweise oberhalb des 50-Fachen der therapeutischen Dosis, beschrieb er. Zudem gibt es bei pulmonaler Aufnahme eine große interindividuelle Varianz bei der maximalen Wirkstoffkonzentration. Auch ist die Wirkung dann nur von kurzer Dauer.
Medizinisches Cannabis wird in den PraxisLeitlinien der DGS (Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie) zur Schmerzmedizin ausdrücklich bei neuropathischem, chronischem, nicht-tumorbedingtem und bei Tumorschmerz empfohlen, berichtete der Neurologe, ebenso gegen spastische Schmerzen bei Multipler Sklerose. Im Vergleich zu anderen Analgetika zeichnet sich die Behandlung mit Cannabispräparaten durch ein geringes Nebenwirkungsprofil sowie die langfristige Verträglichkeit aus.
Zur Verfügung stehen sowohl die Reinsubstanzen als auch Cannabisblüten oder Vollextrakte. Letztere weisen einige Vorteile gegenüber anderen Präparaten auf: Ihre Wirkung hält nicht nur länger an und sie lassen sich leichter dosieren, so der Referent, sie decken auch das komplette Wirkspektrum der Arzneipflanze ab. „Um die bestmöglichen Effekte bei minimalen Nebenwirkungen zu erreichen, kann mit den Vollextrakten ein einfaches Titrationsschema befolgt werden, das die regelmäßige Beurteilung von Beschwerden und Nebenwirkungen umfasst. So lässt sich eine tagesgenaue Anpassung der Wirkstoffmenge erzielen“, beschrieb der Experte.
Neben gesteigertem Appetit, Mundtrockenheit und geröteten Augen können vor allem Müdigkeit, Schwindel und kognitive Einschränkungen auftreten. In solchen Fällen sollte man die Dosis reduzieren. Bei Patienten mit Allergien oder Überempfindlichkeiten, bei Kindern und Jugendlichen sowie Schwangeren, in der Stillzeit und bei Kinderwunsch plädierte Prof. Jauß dafür, Medizinalcannabis nicht oder nur nach sorgfältiger Abwägung einzusetzen. Auch bei Schizophrenie oder einer Psychose sowie bei Suchtmittel-, Medikamenten- oder Alkoholabhängigkeit ist Vorsicht geboten.
Vor erstmaliger Verordnung, jeweils vor Behandlungsbeginn sowie beim Off-Label-Einsatz muss man eine Genehmigung der Krankenkasse einholen. „Eine Ablehnung der Kostenübernahme ist nur in begründeten Ausnahmefällen erlaubt“, erklärte Prof. Jauß. „Lassen Sie sich durch einen abschlägigen Bescheid nicht entmutigen.“
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Quelle: Medical Tribune Fortbildung kompakt Allgemeinmedizin/Innere Medizin am 21.11.2020 in Reinbek, unterstützt von Vertanical GmbH
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