Demenztherapie: Antikörper bereits bei leichten kognitiven Störungen?

Dr. Barbara Kreutzkamp

Die Demenztherapie der Zukunft soll bereits vor dem eigentlichen Ausbruch ansetzen. Die Demenztherapie der Zukunft soll bereits vor dem eigentlichen Ausbruch ansetzen. © iStock.com/simarik

Künftige Antidementiva werden mehr können, als nur die Symptomprogedienz zu verzögern. In der Frühphase der Erkrankung gegeben, sollen sie den geistigen Verfall von vornherein verhindern.

Kehrseite der steigenden Lebenserwartung ist die Zunahme von Demenzen, darunter Alzheimer-, frontotemporale und Lewy-Körper-Demenz. Gemeinsam haben diese neurodegenerativen Erkrankungen die langsame Progression aus einem asymptomatischen Stadium über die Phase der leichten kognitiven Störung bis hin zur klinisch manifesten Demenz.

Biologika stehen frühestens ab 2022 zur Verfügung

Gemessen an der deutlichen Zunahme demenzieller Erkrankungen nehmen sich die zur Verfügung stehenden therapeutischen Möglichkeiten aber noch immer recht bescheiden aus. Keine bisherige Therapieoption könne die Biologie der Erkrankungen entscheidend beeinflussen, schreiben Dr. Lucrezia Hausner und Professor Dr. Lutz Frölich vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim.

Mit Blick auf die neuesten Entwicklungen sehen sie aber Licht am Ende des Tunnels. Neuartige Wirkstoffe verfolgen pathologiespezifische Strategien und zielen auf eine Intervention im Stadium der leichten kognitiven Störung ab. Künftige Therapien – derzeit befinden sich die A-beta-Antikörper BAN2401, Gantenerumab und Crenezumab in der Phase III der klinischen Entwicklung – sollen zu einem Zeitpunkt greifen, bevor die Neurodegeneration zur Demenz geführt hat. (Anm. d. Redaktion: Die Phase-III-Studien zu Aducanumab wurden im März 2019 wegen mangelnder Wirksamkeit abgebrochen.)

Bei positiven Studienergebnissen könnten die Arzneistoffe frühestens ab 2022 für die Alzheimer-Therapie zur Verfügung stehen, so die Einschätzung der Geronto­psychiater. Zuvor müssten aber noch die entsprechenden Biomarker weiterentwickelt werden. Denn derzeit ist die Diagnosestellung in der Prä-Demenz-Phase noch recht unsicher und das Risiko von nebenwirkungsbe­hafteten Fehlbehandlungen hoch.

Nahrungsergänzung und Phytotherapie bei Alzheimer-Demenz

Ergänzend zu den chemischen Antidementiva wird das Phytopharmakon Ginkgo biloba angeboten. Untersuchungen mit Spezialextrakten wie EGb761 dokumentieren ein günstiges Risiko-Nutzen-Verhältnis, die Studienlage ist aber unklar. Nahrungsergänzungsmittel z.B. mit Komplexpräparaten aus Uridin, Omega-3-Fettsäuren, Cholin, Phospholipiden, B-Vitaminen und Antioxidanzien ergänzen die medikamentöse Behandlung der Alzheimer-Demenz.

Etabliert und durch internationale Leitlinien gestützt ist dagegen die symptomatische Demenztherapie durch die Beeinflussung von Neurotransmitter-Systemen. Hier stehen die Acetylcholinesterase-Inhibitoren (AChE-I) Rivastigmin, Galantamin und Donepezil für die Behandlung der leichten bis moderaten Alzheimer-Demenz zur Verfügung. Bei moderaten bis schweren Formen ist der N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor-Ant­agonist Memantin indiziert. Bei Lewy-Körper- und Parkinson-Demenz können die Substanzen zumindest im Off-Label-Einsatz unter besonderer Berücksichtigung motorischer Nebenwirkungen probiert werden. Für die Parkinson-Demenz besteht eine Indikation zumindest für Rivastigmin, für frontotemporale oder rein vaskulär bedingte Demenzen existiert nach wie vor keine evidenzbasierte Therapie. Die Behandlung mit den Acteylcholinesterase-Hemmern beginnt idealerweise bereits in frühen symptomatischen Stadien der Alzheimer-Demenz mit einschleichender Dosierung bis zur maximalen Verträglichkeit.

Psychosoziale Maßnahmen als Therapiebegleitung

An die therapeutischen Effekte sollten allerdings nicht allzu hohe Erwartungen gestellt werden, schreibt das Autorenteam. Die Substanzen können die Probleme mit Kognition und Alltagsbewältigung allenfalls über einen gewissen Zeitraum stabilisieren. Doch sollte bei guter Verträglichkeit unter regelmäßiger Beurteilung anhand von Tests und des Gesamteindrucks durchaus bis in die schweren Stadien weiterbehandelt werden. Ein Therapiebeginn erst in fortgeschrittenen Stadien erfolgt mit AChE-I off-label. Aber nicht vergessen: Jede pharmakologische Intervention sollte von psychosozialen Maßnahmen für Betroffene und Angehörige begleitet werden. Das therapeutische Gesamtkonzept orientiert sich an der Symptomschwere und zielt auf die Besserung oder Stabilisierung der Hirnleistungsstörungen und der Alltagskompetenz sowie auf die Reduktion von Verhaltensauffälligkeiten ab.

Quelle: Hausner L, Frölich L. Dtsch Med Wochenschr 2019; 144: 156-160

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