Alzheimer-Demenz: Antidementiva stadiengerecht einsetzen

Dr. Barbara Kreutzkamp

Antidementiva stadiengerecht geben, langsam starten und möglichst nicht absetzen. Antidementiva stadiengerecht geben, langsam starten und möglichst nicht absetzen. © fotolia/highwaystarz

Antidementiva sind eine Säule in der multimodalen Behandlung von Demenz-Patienten. Stadiengerecht eingesetzt tragen sie zum Erhalt der Alltagskompetenz bei. Aber Vorsicht: Bei abruptem Absetzen droht eine deutliche Verschlechterung der Kognition.

Die Versorgung Demenzkranker erfolgt multimodal mit nicht medikamentöser und medikamentöser Therapie sowie psychosozialen Interventionen. Für die pharmakologische Behandlung stehen Antidementiva zur Verfügung, die für Patienten mit einer Demenz vom Alzheimer-Typ (DAT) und deren Mischformen zugelassen sind, schreibt Professor Johannes W. Kraft, Regiomed Klinikum Coburg. Kognition und Alltagskompetenz der Patienten bessern sich und der Termin für ein Pflegeheimeinweisung kann dadurch möglicherweise hinausgeschoben werden.

Für die Therapie der frühen bis mittleren DAT-Stadien empfiehlt die aktuelle S3-Leitlinie "Demenzen" die Cholinesterasehemmer Donepezil, Galantamin und Rivastigmin. Letzteres zeigt auch bei der Lewy-Körperchen-Demenz oder Parkinson-Demenz eine gewisse Wirksamkeit, hat für diese Indikationen aber keine Zulassung.

Erst Cholinesterasehemmer, dann NMDA-Antagonisten

Alle drei Cholinesterasehemmer müssen langsam auftitriert werden, dosislimitierende Nebenwirkungen sind Übelkeit, Inappetenz und Gewichtsabnahme. Zusätzlich kann sich die Aktivität von Blase und Bronchien verstärken und vereinzelt kommt es zu einer Reduktion der Herzfrequenz bis hin zur Bradykardie bzw. AV-Blockierung. Die Nebenwirkungen sind meist nur passager und lassen sich oft schon durch eine angepasste Dosierung oder den Wechsel der Zubereitungsform beherrschen.

Interaktionen von Donepezil und Galantamin bestehen u.a. mit Betablockern wie Metoprolol, Propranolol, Carvedilol und Nebivolol (nicht aber Bisoprolol) sowie Amiodaron, Fluoxetin und anderen SSRI*. Güns­tiger schneidet in dieser Hinsicht Rivastigmin ab, das zu über 80 % renal sowie über eine CYP-unabhängige Hydrolase inaktiviert wird.

Das zweite wichtige Wirkprinzip für das kognitive Enhancement bei DAT-Patienten beruht auf dem N-Methyl-D-Aspartat-Antagonismus. Er sorgt für eine Verminderung des Glutamat-Einstroms in neuronale Zellen. Zugelassen für die Behandlung von Patienten in moderaten bis schweren Demenz-Stadien ist Memantin. Unter einer langsamen Auftitration ist die Substanz gut verträglich, selten treten Kopfschmerzen, Unruhezustände, Schwindel oder Obstipation auf. Eine Kombination von Memantin mit einem der drei Cholinesterasehemmer kann laut aktuellen Studien weitere Verbesserungen etwa bei der Kognition erbringen.

Ein wichtiger Grundsatz bei der Therapie mit chemisch definierten Antidementiva heißt: Möglichst keine Unterbrechungen! Beim Absetzen der Medikamente drohen nämlich irreversible kognitive und funktionelle Verschlechterungen, die sich auch nach Wiederaufnahme der Behandlung nicht vollständig zurückbilden, so die Erfahrungen des Geriaters. Für die Verlaufskontrolle empfehlen sich halbjährliche ärztliche und testpsychologische Untersuchungen, wobei neben der Kognition auch Alltagsfähigkeiten und die nicht kognitive Symptomatik überprüft werden.

Auch Ginkgo-Präparate in Leitlinie empfohlen

Eine Alternative zu synthetisch hergestellten Antidementiva bieten Ginkgo-biloba-Präparate mit einer standardisierten Dosis von 240 mg täglich. In der Demenzleitlinie werden diese Phytopharmaka für die Behandlung von leichten bis mäßigen Stadien der Alzheimer-Demenz sowie der vaskulären Demenz empfohlen. Metaanalysen konnten bei DAT und leichter kognitiver Störung eine gewisse Verbesserung zeigen, die Studienergebnisse zur Wirksamkeit waren allerdings nicht durchgehend konsistent.

Komedikation anpassen kann "kleine Wunder" bewirken

Keine größeren prospektiven und kontrollierten Studien liegen für die älteren Pharmaka wie Piracetam, verschiedene Kalziumantagonisten und Pentoxifyllin vor. In kleineren Studien wurden Erfolge mit Fischölen bzw. Omega-3-Fettsäuren und Antioxidanzien erzielt. Auch Vit­amine, vor allem die B-Vitamine, sowie ein günstiges Lipidprofil können ihren Beitrag in der antidementiven Behandlung leisten, erklärt Prof. Kraft.

Vor Beginn der antidemenziellen Behandlung darf jedoch eines nicht vergessen werden: Der kritische Blick auf die bereits eingenommenen Medikamente. Das Absetzen von potenziell kognitionsverschlechternden Substanzen, vor allem Arzneimitteln mit anticholinergem Wirkmechanismus, kann schon "kleine Wunder" bewirken. Die PRISCUS-Liste erleichtert die Identifikation altersinadäquater Arzneimittel.

*selektive Serotonwiederaufnahmehemmer
Quelle: Kraft JW. Internist 2017; 58: 117-124

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Antidementiva stadiengerecht geben, langsam starten und möglichst nicht absetzen. Antidementiva stadiengerecht geben, langsam starten und möglichst nicht absetzen. © fotolia/highwaystarz