DGIM 2011 - „Nicht alles, was pfeift, ist Asthma“

Anke Zens

Was eindeutig nach COPD klingt, kann sich dennoch als Asthma herausstellen und umgekehrt. Wie umgeht man die differenzialdiagnostischen Stolpersteine?

„Asthma ist eine extrem häufige Erkrankung, aber leider sehr schlecht definiert“, klagte Professor Dr. Roland Buhl von der III. Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Mainz auf dem 117. Internistenkongress. Deshalb kann die Abgrenzung eines Asthma bronchiale zu anderen Atemwegserkrankungen auch heute noch zur Herausforderung werden.

An erster Stelle der differentialdiagnostischen Überlegungen gehört nach Ansicht des Referenten immer die Abgrenzung zwischen Asthma und COPD. Auch wenn sich die Erkrankungen in ihrem klinischen Bild ähneln können, so gibt es doch große Differenzen bezüglich Prognose und Therapie.

Asthma und COPD unterscheiden sich erheblich in Basistherapie und Prognose

Obwohl es sich in beiden Fällen um obstruktive Atemwegserkrankungen handelt, die akut mit rasch wirksamen Bronchodilatatoren abgefangen werden können, so besteht die Basistherapie beim Asthma aus inhalativen Kortikoiden.

Lang wirksame Bronchodilatatoren (LABAs) kommen nur bei zunehmendem Schweregrad zum Einsatz. Bei der COPD hingegen ist es genau umgekehrt: Die Domäne der LABAs ist hier die Basistherapie, erst bei Progress werden inhalative Kortikoide verordnet.

Zur Unterscheidung der beiden Entitäten sollte zunächst die Spirometrie erfolgen, um das Ausmaß der obstruktiven Ventilationsstörung zu erfassen. Sieht man anschließend beim sog. Reversibilitätstest mit einem Bronchodilatator oder einer Kortikoidinhalation eine weitgehende Normalisierung, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Patient Asthma hat. Kommt es jedoch nur zu einer mittelgradigen Verbesserung, ist die Differentialdiagnose COPD noch nicht aus dem Rennen.

Die Fluss-Volumen-Kurve ist das EKG des Pneumologen

Auch die Fluss-Volumen-Kurve – „das EKG des Pneumologen“, wie Prof. Buhl sie nennt - kann meist nur Hinweise geben, in welche Richtung vorrangig zu denken ist. Bei einer Verbesserung im Reversibilitätstest von unter 15% ist die Diagnose COPD wahrscheinlicher und sollte dann z. B. mittels Blutgasanalyse, Plethysmographie, Diffusionstests oder Ergometrie erhärtet werden. Im Zweifelsfall rät der Pneumologe einen Patienten aber (zunächst) wie einen Asthmatiker zu behandeln.

An die Vocal cord dysfunction denken!

Eine weitere, häufig unterschätzte Differentialdiagnose des Asthma bronchiale ist die Vocal cord dysfunction. Hier weist die Lungenfunktion ganz deutlich den Weg: Wenn der mittlere inspiratorische Fluss bei 50% kleiner ist als der mittlere exspiratorische Fluss, sollten Sie hellhörig werden.

„Das ist sonst nie der Fall! Bei der Einatmung zieht der Brustkorb die Lunge auseinander, deshalb sind inspiratorische Parameter immer größer als exspiratorische“, verdeutlichte der Experte. Diese Patienten sparen sich unnötige Medikamenteneinnahmen, wenn man einfach nur an die Diagnose Vocal cord dysfunction denkt, stellte er klar heraus.

Weitere Differentialdiagnosen wie das Asthma cardiale, Tumore der Atemwege, Pneumothorax oder zystische Fibrose sind der internistischen Untersuchung meist sehr gut zugänglich „und sollten für  gestandene Internisten kein Problem darstellen“, so Prof. Buhl.

Im Zweifelsfall wie ein Asthma bronchiale therapieren

Bleibt die exakte Diagnose trotz erweiterter funktioneller und Allergie-Diagnostik weiter unklar, lohnt ein Therapieversuch mit kurzfristiger Verlaufsbeurteilung. „Ein Asthma sollte auf eine konsequent eingenommene Therapie mit inhalativen bzw. systemischen Kortikoiden besser werden, ansonsten muss man tiefer graben“, schloss der Experte.

 

AsthmaCOPD
Alter eher jünger> 40 Jahre
Beginnplötzlich                schleichend
Symptome

variabel (Tag zu Tag)

nachts/frühmorgens

langsam

progressiv

Atemnotanfallsweise            Belastung, Exazerbation
Nikotin+/-+++
Atopie++++/-

Bronchiale

Hyperreaktivität

++++/-

Variabilität der

Lungenfunktion

++++/-

Quelle: mod. nach Prof. Buhl, Mainz



Asthma                Vocal cord dysfunction
Entwicklung

oft rasch (in Minuten)

meist perakut (in Sekunden)
Dauerindividuell, variabelSekunden - wenige Minuten
Atemnot inExspirationInspiration, selten Exspiration
LokalisationThorax, untere AtemwegeHals, untere Atemwege
Medikamentehochwirksam ineffektiv
Auslöser

Irritantien, Allergene,

Stress, Anstrengung

Irritantien, Stress,

Anstrengung, (Allergene?)

Quelle: mod. nach Kenn et al., Deutsches Ärzteblatt 2008



Hier geht es zum Internistenkongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM).

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