Diagnostik und Therapie hartnäckiger Ulzera richtig angehen

Dr. Dorothea Ranft

Ischämische Ge­schwüre – meist auf dem Boden­ einer PAVK – müssen trocken be­handelt werden. Ischämische Ge­schwüre – meist auf dem Boden­ einer PAVK – müssen trocken be­handelt werden. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

Geschwür ist nicht gleich Geschwür. Verkennt man die Ursache, kann man vor allem in der Behandlung einiges falsch machen, z.B. bei der Auswahl der Wundauflage. Im Alltag gilt es daher, vier wichtige Entitäten auseinanderzuhalten.

Dekubitus

Druckgeschwüre bilden sich am häufigsten über Kreuzbein, Ferse und Sitzbein. Therapeutisch steht die Entlastung an erster Stelle – mit Hilfsmitteln wie Dekubitusmatratzen oder Fersenschuhe und durch regelmäßiges Umlagern bzw. Mobilisieren. Auf ein Débridement sollte man bei unklarer Tiefenausdehnung wegen des Schutzeffekts der Beläge verzichten, schreibt das Team um die Internistin Dr. Katherine­ P. Hoversten­ von der Mayo Clinic Rochester. Zur adäquaten Hydratation eignen sich Hydrokolloid- und Schaumverbände.

Der Ausgleich von Ernährungsdefiziten beschleunigt zusätzlich die Abheilung. Die Autoren empfehlen eine tägliche Energiezufuhr von 30–35 kcal/kgKG und eine Proteinaufnahme von 1,25–1,5 g/kgKG/d. Sie betonen, Vitamine nur im Fall eines Mangels zu supplementieren. Vit­amin C verbessert keinesfalls die Wundheilung, für Zink ist die Datenlage unzureichend. Eine Vakuumtherapie fördert ebenfalls den Wundverschluss. Der Stellenwert der Hautlappentransplantation bleibt dagegen unklar – nicht zuletzt wegen hoher Komplikations- und Rezidivraten. Auch für Elektrostimulation fehlt bisher ein Wirknachweis. Der Thrombozyten-Wachstumsfaktor PDGF* sollte wegen ungesicherter Wirkung und Malignomrisiko nicht mehr eingesetzt werden.

Chronisch venöse Ulzera

Verdacht auf eine venöse Genese weckt das Zusammentreffen von Beinödem und Geschwür am Innen- oder Außenknöchels bzw. an Unterschenkel/Wade (typische Lokalisationen). Zusätzlich besteht oft eine starke Sekretion und Mazeration der Wundumgebung. Schmerzen können, müssen aber nicht bestehen und sind wesentlich geringer ausgeprägt als bei einem ischämischen Ulkus.

Therapeutisch steht die Kontrolle des Ödems durch einen Kompressionsverband mit doppellagiger, elastischer Komponente an erster Stelle. Sobald die Beinschwellung abgeklungen und das Ulkus verheilt ist, können medizinische Kompressionsstrümpfe angepasst werden. Medikamente, die Beinödeme begünstigen, wie Kalziumantagonisten und NSAR sollten abgesetzt werden.

Zur Lokalbehandlung eignen sich gut drainierende Wundauflagen, die nicht zu einer Mazeration der Umgebung führen, z.B. Alginat oder Schaumverbände. Für die Wirkung antimikrobieller Topika (Silber, Cadexomer-Jod) gibt es bislang noch keine gute Evidenz, ebenso wenig für das enzymatische Débridement im Falle von Fibrinbelägen. Die Indikation für systemische Antibiotika besteht laut den US-amerikanischen Kollegen nur bei klinischen Zeichen einer Wundinfektion. Sie raten zudem von Flavonoiden, ASS, Zink und Ultraschall sowie elektromagnetischer Therapie ab.

Neuropathische Ulzera

Typisch für das vor allem bei Diabetikern auftretende neuropathische Ulkus ist die Schmerzfreiheit. Schon während der Diagnose gilt es, stets nach Durchblutungsstörungen, Fußdeformitäten und Infektionszeichen zu fahnden. Diabetische Fußgeschwüre mit eingeschränkter Blutversorgung, empfehlen die Autoren, wie ischämisch bedingte Wunden zu behandeln – einschließlich Revaskularisierung.

Patienten ohne Infektion oder Ischämie erhalten eine feuchte Wundbehandlung beispielsweise mit Hydrogel oder Hydrokolloid. Eine Superinfektion erfordert sys­temische Antibiotika, für topische antimikrobielle Substanzen fehlt die Evidenz. Voraussetzung für die Abheilung neuropathischer Ulzera ist die vollständige Druckentlastung in der Akutphase, am besten mit einem Total-Contact-Cast.

Eine Vakuumversiegelung kann möglicherweise den Wundverschluss beschleunigen, die hyperbare Oxygenierung hingegen scheint die Abheilung nur kurzfristig zu verbessern, so die Forscher. Für andere adjuvante Therapien sehen sie keinen Wirksamkeitsbeleg.

Ischämische Ulzera

Scharf begrenzte schmerzhafte, aufgrund der Nekrose dunkel gefärbte, in der Regel haarlose Geschwüre wecken den Verdacht auf eine ischämische Ursache. Sie manifestieren sich vorzugsweise an den Zehen und der Vorderseite der Unterschenkel. Die Ursache ist meist eine PAVK. Therapeutisch steht die Wiederherstellung der Blutversorgung (operativ oder endovaskulär) an erster Stelle. Außerdem gilt es, kardiovaskuläre Risikofaktoren zu berücksichtigen.

Im Gegensatz zu anderen chronischen Wunden müssen ischämisch bedingte Ulzera trocken behandelt werden z.B. mit Mullauflagen oder einem Filmverband. Rehydrierende Produkte haben keinen Platz, denn eine feuchte Gangrän muss man unbedingt vermeiden. Eine systemische Antibiose ist nur bei klinischen Infektionszeichen indiziert.

* Platelet-derived growth factor

Quelle: Hoversten KP et al. Mayo Clin Proc 2020; DOI: 10.1016/j.mayocp 2019.10.014

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Ischämische Ge­schwüre – meist auf dem Boden­ einer PAVK – müssen trocken be­handelt werden. Ischämische Ge­schwüre – meist auf dem Boden­ einer PAVK – müssen trocken be­handelt werden. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.