
Die Sache mit COVID-19 und CAR-T-Zellen

Von Beginn der COVID-19-Pandemie an war klar, dass Krebserkrankte insgesamt und viele Personen mit hämatologischen Malignomen ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Zusätzlich erschwerte oder verhinderte die extreme Beanspruchung des Gesundheitswesens den Zugang zu einigen der höchstentwickelten und komplexesten therapeutischen Verfahren – auch zu CAR-T-Zellen.
Ein globaler Überblick über die Zusammenhänge zwischen CAR-T-Zell-Therapie und COVID-19 steht bislang aus, sagte Prof. Dr. Arnon Nagler vom Chaim Sheba Medical Center, Tel Hashomer, Israel. Relativ wenig dürfte der Leukapherese-Prozess in Mitleidenschaft gezogen sein, für den kleine Gruppen spezialisierter Mitarbeiter benötigt werden. Bei Einmal-Produkten für Zellseparatoren und weniger spezialisierte Geräte gab es keine Engpässe, und globale Lieferschwierigkeiten für Kunststoffartikel sowie einige medizinische Reagenzien hatten nur begrenzte Auswirkungen auf die Einrichtungen.
Pünktliche Bereitstellung herausfordernd
Die Einschränkung von Verkehr und Transport während der Pandemie sowie Einreiseverbote stellten jedoch eine erhebliche Herausforderung für die pünktliche Bereitstellung von CAR-T-Zellen dar. Die prä-emptive Kryokonservierung kann die rechtzeitige Gabe der Infusion nach Vollendung der Lymphodepletion sicherstellen. Das kann auch die Wahl der CAR-T-Zellen beeinflussen, weil etwa im Fall von Axicabtagen ciloleucel das Apherese-Produkt frisch zum Hersteller transportiert wird, bei Tisagenlecleucel hingegen im gefrorenen Zustand.
Das Risiko einer Infektion durch CAR-T-Zellen erscheint gering; es gibt nur einzelne Kasuistiken zu einer Übertragung mit Blutprodukten und diese Gefahr kann durch PCR-Testung des Patienten bei der Indikationsstellung, vor der Leukapherese und vor der Lymphodepletion weiter minimiert werden.
Bereits zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 stellte ein Konsortium von acht US-amerikanischen Institutionen fest, dass trotz aller technischer und organisatorischer Probleme diese Behandlung keiner Person, die sie wirklich benötigt, versagt werden dürfe. Auch ein Aufschub einer CAR-T-Zell-Therapie ist für die Mehrzahl der Betroffenen keine Option. Die Empfehlungen der Experten umfassen zum einen eine strikte Indikationsstellung nur für Patienten, die am wahrscheinlichsten von der Behandlung profitieren und die keine wirksamen alternativen Möglichkeiten haben. Außerdem darf die Lymphodepletion erst gestartet werden, wenn das fertige CAR-T-Zell-Produkt vorliegt. Ansonsten sollte man die Therapie so gestalten, dass eine Betreuung des Patienten über möglichst weite Strecken ambulant, eventuell sogar per Telemedizin erfolgen kann. Labor- und radiologische Untersuchungen können ebenfalls minimiert und Medikamente nach Möglichkeit oral statt i.v. gegeben werden.
Verzögerte CAR-T-Zell-Therapie
Betroffene nach der Prozedur vulnerabler
Empfehlungen aus China besagen, dass man mindestens zwei, besser drei Wochen mit der CAR-T-Zell-Therapie warten sollte, wenn Betroffene engen Kontakt zu einem SARS-CoV-2-Infizierten hatten. Die Patienten müssen vorher PCR-negativ sein; wegen der häufig asymptomatischen Infektionen ist ein sorgfältiges Screening obligat. Für die Zeit nach der CAR-T-Zell-Infusion ist zu berücksichtigen, dass Symptome, klinische Befunde und Laborwerte zwischen COVID-19 und den Toxizitäten der CAR-T-Zellen teilweise überlappen. Außerdem sind die Betroffenen nach der Prozedur vulnerabler und weisen ein höheres Infektionsrisiko auf. In einer Übersicht der EBMT* mit 57 Personen, die sich nach einer CAR-T-Zell-Therapie mit SARS-CoV-2 infiziert hatten, zeigten die Patienten eine ähnliche Symptomatik wie „normale“ an COVID-19 Erkrankte. Allerdings mussten 80 % stationär aufgenommen werden – für median 25 Tage; rund 40 % wurden sogar für median 14 Tage intensivpflichtig. Und von den 24 Personen, die Sauerstoff benötigten, wurden fast drei Viertel mechanisch beatmet. Die Prognose ist schlecht: 45 % der Betroffenen starben innerhalb von im Schnitt fünf Wochen nach der Infektion und lediglich die Hälfte war nach 24 Wochen noch am Leben. Höheres Alter, fehlende Komplettremission zum Zeitpunkt der Infektion, metabolische Komorbiditäten und ein schlechter Performancestatus korrelierten mit einer schlechteren Prognose. Eine verlängerte Virusausscheidung während mindestens zweier Monate nach CAR-T-Zell-Therapie ist bei Infizierten nicht auszuschließen. Daher raten Experten zu einer längeren Isolierung bis zu einem negativen PCR-Test ebenso wie zum besonderen Schutz der Patienten vor einer Infektion, z.B. durch Impfung von Klinikpersonal und Familienmitgliedern. Eine Impfung nach der CAR-T-Zell-Infusion wird nicht vor Ablauf von sechs Monaten empfohlen, so Prof. Nagler, und die Gabe von Kortikosteroiden zur Prävention von Toxizitäten der Zelltherapie sollte so weit wie möglich beschränkt werden.* European Society for Blood and Marrow Transplantation
Quelle:
Nagler A. 4th European CAR T-cell Meeting; PS08-3
4th European CAR T-cell Meeting
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).