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CAR-T-Zell-Therapien – Indikationen und Perspektiven im Überblick

Die Prognose von Patienten mit einer rezidivierten akuten lymphatischen Leukämie ist immer vor allem für Erwachsene noch immer sehr schlecht – besonders wenn die Betroffenen bereits eine allogene Stammzelltransplantation erhalten haben, erinnerte Prof. Dr. Mohamad Mohty, Saint-Antoine Hospital, Paris. Zugelassen ist hier bislang nur ein CAR-T-Zell-Produkt – Tisagenlecleucel – für Patienten bis zu 25 Jahren. Die dazu berichteten Komplettremissionsraten von mehr als 80 % wurden aber ebenfalls für andere Präparate und auch bei Erwachsenen beobachtet.
Wie Prof. Mohty berichtete, decken sich die auf dem ASH-Kongress 2021 vorgestellten Real-World-Daten zu Tisagenlecleucel im pädiatrischen Bereich weitgehend mit den Ergebnissen der Zulassungsstudie ELIANA: Nahezu alle Teilnehmer wiesen nach der Therapie keine minimale Resterkrankung mehr auf, und die Ein-Jahres-Überlebensrate lag zwischen 74 % für über und 82 % für unter 18-Jährige.
Die Behandlung mit Axicabtagen ciloleucel erzielte in der Phase-2-Studie ZUMA-3 bei teilweise stark vortherapierten Erwachsenen eine Komplettremissionsrate (CR) oder eine CR mit unvollständiger hämatologischer Erholung von 71 %. Jeweils etwa ein Viertel der Patienten erlitt ein Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS), Neurotoxizitäten (ICANS) bzw. Infektionen von mindestens Schweregrad 3. In mehreren Studien wurde übereinstimmend gezeigt, dass eine allogene Stammzelltransplantation nach der CAR-T-Zell-Therapie das Rezidivrisiko erheblich senken kann.
Für die Weiterentwicklung der Behandlung – nicht nur bei der ALL – stehen Prof. Mohty zufolge zum einen Faktoren im Fokus, die die manipulierten Zellen selbst betreffen, z.B. die Optimierung ihrer Expansionsfähigkeit und ihrer Persistenz im Körper des Erkrankten. Zum anderen lasse sich ihre Reaktivität gegenüber den Tumorzellen verbessern, indem man sie etwa mit Immuncheckpoint-Inhibitoren kombiniert. Auch die sequenzielle oder kombinierte Anwendung mit anderen Immuntherapien wie Blinatumomab oder Inotuzumab ist denkbar, so der Referent.
Bisher drei FDA-Zulassungen für Non-Hodgkin-Lymphome
Ähnlich stellt sich die Situation bei den Non-Hodgkin-Lymphomen dar: Die FDA hat mittlerweile drei Präparate vor allem für aggressive großzellige Formen in fortgeschrittenen Stadien zugelassen. Die Einführung dieser Therapieoption hat laut Dr. Anna Sureda, Institut Català d‘Oncologia in Barcelona, die Behandlung der Patienten revolutioniert. Die Ergebnisse aus prospektiven klinischen Studien konnten mittlerweile in Real-World-Analysen bestätigt werden. Neue Indikationen – sowohl neue Krankheiten als auch frühere Stadien der bisher bereits untersuchten – werden nach Dr. Suredas Überzeugung in Kürze folgen.
Die Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) hat mit der Einführung neuer zielgerichteter Substanzen in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht; dennoch haben Personen mit mehrfach rezidivierter oder refraktärer Erkrankung oder mit Hochrisiko-Eigenschaften nach wie vor eine schlechte Prognose, erläuterte Prof. Dr. John Gribben vom Barts Cancer Institute in London. Eine Heilung ist hier allenfalls mit einer Knochenmark- oder Stammzelltransplantation möglich. Diese gehen aber oft mit hoher Morbidität und Mortalität einher und sind für viele Betroffene aufgrund von Alter, Komorbiditäten etc. nicht geeignet. Deshalb würden für die fortgeschrittene bzw. Hochrisiko-CLL dringend neue und wirksamere Strategien benötigt.
Allerdings gibt es noch immer kein zugelassenes Produkt für die CLL, obwohl sie dem Referenten zufolge zu den ersten Erkrankungen gehörte, bei denen Forscher die Therapie testeten. Dabei können CAR-T-Zellen genau die T-Zell-Defekte überwinden, die für diese Krankheit charakteristisch sind und in manchen Fällen zu anhaltenden Remissionen führen. Das Ansprechen könne verbessert werden durch z.B. Immunmodulatoren zur Verstärkung der T-Zell-Funktion, insbesondere in Kombination mit dem BTK-Inhibitor Ibrutinib. Außerdem prüfen Wissenschaftler weitere neue Ansätze, die natürliche Killer- und andere Zelltypen beinhalten.
Einsatz in Erstlinie bei Ultrahochrisiko-Patienten denkbar
Zur Behandlung von Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Multiplem Myelom, die mindestens drei Vortherapien erhalten haben – darunter Immunmodulatoren, Proteasominhibitoren und CD38-Antikörper – ist mit Idecabtagen vicleucel seit 2021 das erste gegen BCMA gerichtete CAR-T-Zell-Produkt zugelassen; ein zweites Präparat, Ciltacabtagen autoleucel, wird voraussichtlich 2022 folgen, berichtete Prof. Dr. Hermann Einsele vom Universitätsklinikum Würzburg. In prospektiven klinischen Studien konnten CAR-T-Zellen bei Personen mit median sechs Vortherapien in bis zu 100 % ein Ansprechen, davon 80 % Komplettremissionen, induzieren und ein progressionsfreies Überleben von mehr als zwei Jahren bewirken.
In Zukunft, so Prof. Einseles Prognose, könnten CAR-T-Zellen sogar zu einem Bestandteil der Erstlinie für Ultrahochrisiko-Patienten werden. Außerdem ist es denkbar, dass die zelluläre Behandlung die autologe Stammzelltransplantation ablöst. Und schließlich könnten CAR-T-Zellen auch bei nicht-transplantablen Erkrankten Einzug in frühere Therapielinien halten – insbesondere angesichts der hier sehr niedrigen Raten an CRS und ICANS vom Grad > 3.
Kongressbericht:
Mothy M, Sureda A, Gribbin J, Einsele H. 4th European CAR T-cell Meeting; Session 1: Clinical Indications
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