CAR-T-Zellen für die vorderen Ränge?

ASH 2021 Dr. Katharina Arnheim

Die CAR-T-Zell-Therapie zeigt sich in Studien als effektiv. Die CAR-T-Zell-Therapie zeigt sich in Studien als effektiv. © iSrock/selvanegra

In zwei Studien hat sich die CAR-T-Zell-Therapie jetzt auch in der zweiten Behandlungslinie von Personen mit großzelligen B-Zell-Lymphomen als wirksam erwiesen. Sie könnte damit künftig in frühere Stadien inte­griert werden.

Erkrankte mit großzelligem B-Zell-Lymphom (LBCL), die auf die Erstlinientherapie nicht ansprechen oder rasch innerhalb des ersten Jahres nach dieser Behandlung ein Rezidiv erleiden, haben mit dem derzeitigen Standard eine ungünstige Prognose, sagte Prof. Dr. Manali Kamdar, University Colorado Hospital, Aurora. „Nur ein Viertel der Patienten erreicht eine anhaltende Remission“, so die Referentin.

In der TRANSCEND-NHL-001-Studie hatte sich die CAR-T-Zell-Therapie mit Lisocabtagen-Maraleucel (Liso-cel) bereits bei rezidivierten/refraktären Betroffenen mit mindestens zwei vorangegangenen Behandlungen als effektiv erwiesen. Nun wurde sie in der zulassungsrelevanten Phase-3-Untersuchung TRANSFORM in der Zweitlinie geprüft.1 Die Autoren schlossen 184 Personen mit rezidivierten oder refraktären LBCL (rrLBCL) im Alter zwischen 18 und 75 Jahren ein. Die Teilnehmer erhielten 1:1 randomisiert Liso-cel (100 x 106 CAR-T-Zellen) oder den derzeitigen Standard, d.h. drei Zyklen einer Salvage-Chemotherapie (CT) gefolgt von Hochdosis-CT und autologer Stammzelltransplantation (ASZT). Kontrollpatienten, die neun Wochen nach Randomisierung nicht angesprochen hatten, war ein Cross-over zu Liso-cel erlaubt.

Funktionsweise von Liso-cel

Liso-cel ist ein T-Zell-Produkt, bei dem CD4+ und CD8+ CAR-T-Zellen separat formuliert und den Patienten nach Expansion in gleicher definierter Dosis reinfundiert werden. Beide T-Zell-Populationen sind gegen das Oberflächenmolekül CD19 auf Lymphomzellen gerichtet.

Das ereignisfreie Überleben (EFS), primärer Endpunkt der Studie, war in der Interventionsgruppe mit median 10,1 Monaten vs. 2,3 Monate signifikant höher als im Standard­arm (HR 0,349; p < 0,0001). Das mediane Follow-up betrug 6,2 Monate. Die Sechs-Monats-EFS-Rate wurde mit 63,3 % unter Liso-cel versus 33,4 % in der Kontrolle nahezu verdoppelt. Die Autoren bezifferten die Zwölf-Monats-Raten auf 44,5 % bzw. 23,7 %. Auch die Rate kompletter Remissionen verbesserte sich von 39 % unter dem Standard auf 66 % unter Liso-cel (p < 0,0001) und das mediane progressionsfreie Überleben stieg von 5,7 Monaten auf 14,8 Monate (HR 0,406; p < 0,0001). Die Daten zum Gesamtüberleben (OS) sind derzeit noch nicht reif, doch zeigt sich bereits ein Trend zugunsten der CAR-T-Zellen: Der OS-Median war damit noch nicht erreicht, während er in der Kontrolle 16,4 Monate betrug (HR 0,509; p = 0,0257). Das Verträglichkeitsprofil von Liso-cel stimmte mit den bisherigen Erfahrungen überein und die Therapie war insgesamt gut handhabbar. Ein Zytokinfreisetzungssyndrom entwickelten 49 % der Patienten; nur in einem Fall war es schwerwiegender (Grad 3) und nie erreichte es Grad 4 oder 5. Die Rate neurologischer Komplikationen bezifferten die Autoren auf 12 %, vier davon waren vom Grad 3, die anderen vom Schweregrad 1–2. All diese Ereignisse ließen sich mit den üblichen Maßnahmen gut managen. Auf Basis der TRANSFORM-Ergebnisse kann Liso-cel als potenzieller neuer Zweitlinien-Standard für Personen mit ­rrLBCL betrachtet werden, resümierte Prof. Kandar.

EFS mit Axi-cel viermal so lang wie unter dem Standard

Positiv ging auch die zweite Phase-3-Studie zur Zweitlinie mit CAR-T-Zellen beim rrLBCL aus. Die Autoren von ZUMA-7 schlossen 359 Erkrankte mit rrLBCL nach primärer Chemoimmuntherapie ein und randomisierten sie zu Axicabtagen-Ciloleucel (Axi-cel) oder dem derzeitigen Standard.2 Letzterer bestand aus drei Zyklen einer platinbasierten Chemoimmuntherapie. Sprachen die Betroffenen darauf an, erhielten sie eine Hochdosis-CT mit anschließender ASZT, erläuterte Prof. Dr. Frederick L. Locke vom Moffin Cancer Center in Tampa. Von den 180 Personen des Prüf­arms erhielten 170 (94 %) die protokollarisch vorgesehenen CAR-T-Zellen. In der Kontroll­gruppe konnte nur bei 36 % letztlich wie geplant eine ASZT durchgeführt werden. „Damit bekamen im Vergleich zur Kontrolle fast dreimal so viele Patienten im Arm mit Axi-cel die definitive Therapie“, betonte Prof. Locke. Der primäre Endpunkt EFS war nach 25-monatigem Follow-up erreicht: Im Prüfarm vs. Standardgruppe lebten die Teilnehmer median 8,3 Monate vs. 2 Monate ereignisfrei. Der Unterschied entsprach einer signifikanten Reduktion des Ereignisrisikos um 60 % (HR 0,398; p < 0,0001). Die geschätzte Zwei-Jahres-EFS-Rate stieg von 16,3 % in der Kontrolle auf 40,5 % mit Axi-cel. Auch in dieser Studie war das Sicherheitsprofil konsistent mit früheren Erfahrungen. 6 % der mit den CAR-T-Zellen behandelten Personen entwickelten ein CRS vom mindes­tens Grad 3; 21 % erlebten neurologische Ereignisse vom Grad 3 oder höher. ZUMA-7 sei die erste randomisierte CAR-T-Zell-Studie mit langem Follow-up von über zwei Jahren, resümierte Prof. Locke. Er wertete das Ergebnis als Paradigmen-Shift: „Axi-cel sollte der neue Standard für ­rrLBCL-Patienten in der zweiten Linie sein“, sagte Prof. Locke abschließend.

Quellen:
1. Kamdar M et al. 2021 ASH Annual Meeting; Abstract 91
2. Locke FL et al. 2021 ASH Annual Meeting; Abstract 2

Kongressbericht: 2021 ASH Annual Meeting

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