DMARD und Glukokortikoide absetzen oder weiter geben?

Dr. Dorothea Ranft

Vor planbaren Operationen bei Rheumapatient:innen muss abgewogen werden, ob und wann antirheumatische Medikamente abgesetzt werden sollten. Vor planbaren Operationen bei Rheumapatient:innen muss abgewogen werden, ob und wann antirheumatische Medikamente abgesetzt werden sollten. © hriana – stock.adobe.com

Wenn sich Rheumapatienten einer planbaren Operation unterziehen müssen, stellt sich oft die Frage nach dem Absetzen ihrer antirheumatischen Medikation. Dabei abzuwägen sind das Risiko erneuter Exazerbationen gegen die postoperative Infektionsgefahr.

Zu den bei der rheumatoiden Arthritis (RA) am häufigsten eingesetzten Wirkstoffen zählt das immunsuppressiv wirkende Methotrexat. Studien haben gezeigt, dass eine perioperative Einnahme des Folsäureantagonisten das Risiko für Infektionen und Wundheilungsstörungen nicht erhöht. Dagegen kann jedoch die Unterbrechung der Therapie einen akuten Schub auslösen, der z.B. die Rehabilitation nach orthopädischen Eingriffen erschwert. Deshalb raten US-amerikanische Rheumaspezialisten dazu, die Behandlung fortzuführen, auch am Operationstag.

csDMARD können meist weiter gegeben werden 

Dieselbe Empfehlung geben sie für die konventionellen DMARD Hydroxychloroquin, Sulfasalazin und Leflunomid. Bei dem Antimala­riamittel ist allerdings Vorsicht mit QT-Zeit verlängernden Anästhetika geboten, außerdem kann es Hypoglykämien auslösen. Zu beachten ist, dass Sulfasalazin in Verbindung mit NSAR das Blutungsrisiko erhöht, und unter Leflunomid steigt das Interaktionsrisiko mit oralen Antidiabetika. Der etwa bei der Psoriasis-Arthritis verordnete PDE-4-Inhibitor Apremilast darf ebenfalls ohne Pause eingenommen werden, schreibt das Autorenteam um Dr. Linda Russell vom Hospital for Special Surgery in New York. Wichtig ist allerdings zu wissen, dass er Übelkeit und Erbrechen sowie Kopfschmerzen und Schwindel auslösen kann.

Auch bei einer Steroidtherapie rät das Autorenteam von einer Unterbrechung ab – einschließlich des Operationstages. Allerdings ist unter der fortgesetzten Einnahme mit einem vermehrten Infektionsrisiko zu rechnen. Deshalb sollte die Dosis vor einem geplanten Eingriff so weit wie möglich reduziert werden. 

Die Immunsuppressiva Myco­phenolatmofetil, Azathioprin, Ciclosporin und Tacrolimus werden v.a. zur Behandlung des schweren sys­temischen Lupus erythematodes (SLE) eingesetzt, insbesondere bei Nierenbeteiligung, neuropsychia­trischen Symptomen, Zytopenien und Vaskulitiden. Bei diesen Wirkstoffen drohen vor allem kardiotoxische, nephrotoxische und neurotoxische Komplikationen (z.B. Delir und Parästhesien). Zudem interagieren sie mit vielen Substanzen, die im peri­operativen Setting eingesetzt werden. Trotzdem wird wegen des Risikos für einen erneuten Schub mit Endorganschäden bei schwerem SLE geraten, die Behandlung fortzusetzen – auch am Operationstag. Patienten mit leichtem bis mittelschwerem SLE sollten dagegen die Applikation in der Woche vor der elektiven Intervention unterbrechen. Bei Cyclophosphamid muss die Anwendung sogar vier Wochen vor einem elektiven Eingriff sistieren. Gründe dafür sind u.a. das stark erhöhtes Infektionsrisiko und kardio­toxische Effekte.

Nicht-steroidale Antiphlogistika

Beim Einsatz der NSAR muss der Vorteil der Schmerzkontrolle gegen das eventuell vermehrte Blutungsrisiko, etwaige Nierenschäden und kardiovaskuläre Ereignisse abgewogen werden. Die Autoren machen ihre Empfehlung vom Wirkmechanismus abhängig: COX-1-Hemmer sollten eine Woche vor der Intervention abgesetzt werden. Bei COX-2-Hemmern wird eine fortgesetzte Einnahme auch am Operationstag empfohlen.

Wundheilungsstörungen durch TNF-a-Blocker

Zu den bei rheumatischen Erkrankungen am häufigsten verordneten Biologika zählen TNF-a-Inhibitoren wie die Antikörper Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab und Infliximab. Unter ihrer Anwendung ist mit einer verstärkten Infektionsneigung (bakteriell, viral und mykotisch) zu rechnen. Außerdem werden diese Wirkstoffe mit Wundheilungsstörungen in Verbindung gebracht. Die Daten zu Wundinfektionen sind allerdings widersprüchlich. Die Autoren plädieren dafür, vorsichtshalber die Therapie einen vollständigen Zyklus vor planbaren Operationen zu unterbrechen. Dieser Zeitraum beträgt je nach Wirkstoff zwischen zwei und neun Wochen. Für Interleukininhibitoren wie Canakinumab, Tocilicumab, Secukinumab und Ustekinumab wird ebenfalls ein Zyklus Pause empfohlen, ebenso für den T-Zell-Kostimulationsblocker Abatacept. 

Zyklus unterbrechen bei B-Zell-Depletion 

Besondere Regeln gelten für Rituximab und Belimumab, die die B-Zell-Antwort beeinflussen und unter anderem der Behandlung des Lupus erythematodes dienen. Bei leichtem bis mittelschwerem SLE wird vor elektiven Operationen eine Unterbrechung um einen vollständigen Zyklus (sechs Monate) angeraten. In schweren Fällen sollte die Behandlung ohne Pause fortgeführt und die Intervention kurz vor dem Ende des Zyklus eingeplant werden. 

Auch unter den Januskinase-Inhibitoren wie Baricitinib, Tofacitinib und Upadacitinib ist das Infektionsrisiko erhöht. Außerdem muss man perioperativ mit vermehrten Thromboembolien (arteriell und venös) rechnen. Allerdings können diese Wirkstoffe aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeit täglich eingenommen werden. Vor planbaren Operationen genügt deshalb eine dreitägige Pause.

Quelle: Russell LA et al. Mayo Clin Proc 2022; 97: 1551-1571; DOI: 10.1016/j.mayocp.2022.05.002

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Vor planbaren Operationen bei Rheumapatient:innen muss abgewogen werden, ob und wann antirheumatische Medikamente abgesetzt werden sollten. Vor planbaren Operationen bei Rheumapatient:innen muss abgewogen werden, ob und wann antirheumatische Medikamente abgesetzt werden sollten. © hriana – stock.adobe.com