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Eine Impfung für Ältere soll bis zum Herbst kommen
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Das respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist nicht nur für Säuglinge ein bedeutsamer Erreger von akuten Atemwegserkrankungen. Auch beim älteren Menschen verursacht das Virus zum Teil schwere Infektionen der unteren Atemwege. Hinsichtlich der Fallschwere entspricht eine RSV-Infektion durchaus einer Influenza, machte Prof. Dr. Tino Schwarz vom Institut für Labormedizin am Klinikum Würzburg Mitte in seinem Vortrag deutlich. Als wichtige Risikofaktoren für schwere Verläufe nannte er ein höheres Lebensalter, pulmonale oder kardiovaskuläre Vorerkrankungen, Immunsuppression und Immundefizienz sowie Diabetes mellitus.
Im Jahr 2013 erfolgte der Nachweis, dass das sogenannte Präfusionsprotein (PreF) die immundominante Struktur des RSV ist. Damit begann die Entwicklung von monoklonalen Antikörpern und aktiven Impfstoffen gegen den Erreger, beschrieb Prof. Schwarz. Für Menschen ab 60 Jahre befinden sich momentan fünf Kandidaten in der Phase-3-Prüfung bzw. haben sie abgeschlossen. „Wir haben selten die Situation gehabt, dass fünf Firmen zeitgleich ihre Ergebnisse vorlegen und uns wirklich überraschen,“ so der Referent. Bemerkenswert sei, dass die einzelnen Vakzinen auf ganz unterschiedlichen „technologischen Plattformen“ basieren.
Der rekombinante Impfstoff RSVPreF3 OA von GSK nutzt dasselbe Adjuvans, das der Hersteller auch für seine Zoster-Vakzine verwendet, erläuterte Prof. Schwarz. Es ist der erste RSV-Impfstoff überhaupt, für den aussagekräftige Phase-3-Daten veröffentlicht sind. Demnach zeigte RSVPreF3 OA im primären Studienendpunkt (Erkrankung der unteren Atemwege) bei den über 60-jährigen Probanden eine Wirksamkeit von 82,6 %. Hinsichtlich einer RSV-bedingten akuten Atemwegsinfektion liegt die Effektivität bei 71,7 %, eine schwere Erkrankung der unteren Atemwege wurde bei 94,1 % der Probanden verhindert. „Das sind schon Hausnummern, die sich sehen lassen können“, kommentierte der Referent. „Rechtzeitig geimpft, hält der Schutz auch über die gesamte Saison an.“
Nicht-adjuvante Vakzine soll auch für Nestschutz sorgen
Mit der bivalenten Vakzine RSVpreF verfolgen die Wissenschaftler bei Pfizer eine komplett andere Strategie. Im Gegensatz zur GSK-Vakzine ist RSVpreF nicht adjuvantiert. Denn es ist geplant, die Substanz nicht nur bei älteren Menschen einzusetzen, sondern auch als maternale Impfung in der Schwangerschaft.
Vor Erkrankungen der unteren Atemwege schützt die Impfung über 60-Jährige zu 66,7 %, wie Phase-3-Ergebnisse zeigten, die auf dem ACIP*-Meeting im Oktober 2022 vorgestellt wurden. Die Wirksamkeit gegenüber schweren Infekten mit mehr als drei Symptomen liegt bei etwa 86 %. Die Daten zur Sicherheit der Impfstoffe von Pfizer und GSK seien weitgehend gleich, allerdings habe es bei der Pfizer-Vakzine ein kleines Signal in Richtung Guillain-Barré-Syndrom gegeben.
Der dritte Hersteller im Bunde ist Moderna. Laut kürzlich präsentierten Zwischenergebnissen aus der Zulassungsstudie hat mRNA-1345 gegen RSV-Infekte der unteren Atemwege mit zwei oder mehr Symptomen eine Wirksamkeit von 83,7 %. „Alle drei Impfstoffe spielen also mehr oder weniger in derselben Liga“, lautete das Resümee von Prof. Schwarz. Es werde spannend, wie sich die einzelnen Präparate letztlich in der Praxis bewähren.
Auf den Kandidaten des Herstellers Janssen (Ad26.RSV.preF) ging der Referent nur kurz ein, da aus der laufenden Phase-3-Studie noch keine Ergebnisse vorgestellt wurden. Bei diesem Impfstoff fungiert das Adenovirus Serotyp 26 als Vektor, der die Information für das Präfusionsprotein des RSV trägt. Als spektakulär bezeichnete Prof. Schwarz den Ansatz von Bavarian Nordic mit MVA-BN RSV. Diese Vakzine enthält fünf verschiedene Antigene, um eine Immunantwort gegen die beiden RSV-Subtypen A und B hervorzurufen. Der Impfstoff wird derzeit in Phase 3 für Menschen ab 60 Jahren geprüft, Ergebnisse sind noch nicht publiziert.
Ein paar Fragen werden sich bei allen Varianten stellen: Brauchen wir regelmäßige Auffrischimpfungen? Oder reicht eine einzige Spritze aus? Sind Kombinationsimpfstoffe, z.B. gegen RSV, Influenza und SARS-CoV-2, sinnvoll? In diesen und anderen Punkten werden sich wohl die Unterschiede zwischen den einzelnen Technologien zeigen, so die Einschätzung des Referenten.
Die Kandidaten von GSK und Pfizer befinden sich im Fast-Track-Zulassungsverfahren, sowohl der FDA als auch der EMA. Für Anfang Mai ist mit dem Votum der Behörden zu rechnen, meinte Prof. Schwarz. Dann dürften die Firmen auch mit der Markteinführung starten. „Das heißt, wir werden diese Impfstoffe im September bereits zur Verfügung haben.“
* Advisory Committee on Immunization
Practices
Quelle: Kongressbericht 24. Forum Reisen und Gesundheit
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