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Erwachsene und Kinder profitieren von Brentuximab-Vedotin in der Erstlinie

Das ABVD*-Regime setzte in der vergangenen Dekade hohe Maßstäbe bei der Behandlung von Betroffenen mit fortgeschrittenem klassischem Hodgkin-Lymphom. Obwohl es mehrere Ansätze gab, um Verträglichkeit und Krankheitskontrolle zu verbessern, konnte keiner einen bedeutsamen OS-Vorteil gegenüber ABVD erzielen.
Forschende prüften kürzlich in der ECHELON-1-Studie eine Erstlinientherapie aus Brentuximab-Vedotin, Doxorubicin, Vinblastin und Dacarbazin (A+AVD), die auch nach fünf Jahren Follow-up den Erkrankten im Stadium III/IV einen signifikanten PFS-Benefit im Vergleich zu ABVD brachte. Die Toxizitäten unter A+AVD waren zudem handhabbar und es traten numerisch weniger sekundäre Malignitäten auf.
Mehr als 90%ige Sechs-Jahres-Rate für das Gesamtüberleben
Prof. Dr. Dr. Stephen M. Ansell, Mayo Clinic, Rochester, präsentierte nun die Ergebnisse einer präspezifizierten OS-Analyse nach rund sechs Jahren Nachbeobachtung.1 In ECHELON hatten 1.334 Teilnehmende sechs Zyklen A+AVD oder ABVD an den Tagen 1 und 15 alle 28 Tage erhalten.
Die Behandlung mit A+AVD verbesserte das OS signifikant, mit einer 41%igen Reduktion des Risikos für den Tod im Vergleich zur Kontrolle (p = 0,009). Die geschätzten Sechs-Jahres-OS-Raten betrugen 93,9 % vs. 89,4 %, das mediane OS wurde bisher in keinem Arm erreicht.
Männer haben offenbar einen größeren Benefit
Der Überlebensvorteil zeigte sich über alle untersuchten Subgruppen wie Alter, Risiko und Stadium. Männer schienen allerdings mehr zu profitieren als Frauen. „Das ist etwas, was wir in Zukunft weiter untersuchen sollten“, betonte der Referent. Der PFS-Benefit war auch nach längerer Nachbeobachtung weiterhin konsistent, mit Sechs-Jahres-Raten von 82,3 % vs. 74,5 % (HR 0,68; p = 0,002).
Insgesamt wurden 191 Schwangerschaften berichtet, davon 113 unter A+AVD und 78 unter ABVD. Todgeburten gab es keine. Eine periphere Neuropathie trat nach zwei Jahren Follow-up mit 67 % vs. 42 % häufiger im Prüfarm auf als in der Kontrolle. Diese hatten sich in 86 % vs. 87 % der Fälle nach sechs Jahren entweder verbessert oder sie war ganz verschwunden.
"Bevorzugt in der Erstlinie einsetzen"
A+AVD sei das erste Regime, mit dem sich das OS von Patient:innen mit unbehandeltem, fortgeschrittenem klassischem Hodgkin-Lymphom signifikant im Vergleich zu ABVD verbessern lasse, resümierte der Vortragende. Der OS-Benefit, weniger erkrankungsbedingte Todesfälle und ein längeres PFS deuten darauf hin, dass mehr Betroffene durch A+AVD geheilt wurden. Basierend auf diesen Daten sollte das Regime als bevorzugte Erstlinientherapie eingesetzt werden, lautete sein Fazit.
Von Todesfällen und sekundären Malignitäten
In ECHELON-1 starben weniger Personen aus dem Prüfarm an ihrer Erkrankung oder an therapiebedingten Komplikationen als in der Kontrolle (32 vs. 45). Eine sekundäre Malignität entwickelten 23 vs. 32 Teilnehmende, davon 9 vs. 17 hämatologische Erkrankungen. Die Zahl solider Tumoren war mit jeweils 14 in beiden Gruppen identisch. Unter ABVD gingen 11 Todesfälle auf sekundäre Malignitäten zurück – unter A+AVD war es nur einer. Außerdem erhielten mit 20 % vs. 24 % weniger Erkrankte aus Interventions- vs. Kontrollgruppe mindestens eine Folgetherapie.
Während sich die Wirksamkeit von Brentuximab-Vedotin bei Erwachsenen mit Hodgkin-Lymphom in Phase-3-Studien bestätigte, zogen Kindern mit neu diagnostizierter Erkrankung hier bisher den Kürzeren, berichtete Prof. Dr. Sharon M. Castellino, Emory University and Children‘s Healthcare of Atlanta.
Sie und ihr Team starteten daher die Phase-3-Studie AHOD1331, in der sie 587 Patient:innen im Alter zwischen 2 und 21 Jahren (median 15,6 Jahre) mit klassischem Hodgkin-Lymphom und hohem Risiko entweder
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mit dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat in Kombination mit Doxorubicin, Vincristin, Etoposid, Prednison und Cyclophosphamid (AVE-PC) oder
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mit dem Standard-ABVE-PC-Regime, das Bleomycin enthält,
behandelten.2 Nach jeweils zwei Zyklen wurde das Ansprechen durch ein PET evaluiert.
Kein signifikanter Vorteil im Stadium IV
In der Intent-to-Treat-Analyse war der Prüfarm der Kontrolle in Bezug auf das ereignisfreie Überleben (EFS) nach drei Jahren mit 92,1 % vs. 82,5 % überlegen (HR 0,41; p = 0,0002). Die kumulative Rezidivinzidenz betrug 7,5 % vs. 17,1 % (p = 0,0003).
Der EFS-Vorteil durch Brentuximab-Vedotin war weitestgehend unabhängig von Stadium, B-Symptomatik oder Bulky Disease. Lediglich Personen im Stadium IV schienen nicht signifikant zu profitieren.
Die EFS-Ergebnisse zum Zeitpunkt der Interim-PET-Analyse bezeichnete die Referentin als „bemerkenswert“: Kinder und Jugendliche in Prüf- vs. Kontrollgruppe, die im PET eine langsam ansprechende Läsion aufwiesen, erreichten ein Drei-Jahres-EFS von 90,7 % vs. 68,3 % (HR 0,28). Die Expertin bezifferte die Raten der PET-negativen Patient:innen mit 92,3 % vs. 85,7 % (HR 0,48). Die Therapie wurde gut vertragen.
PET-Analyse ohne prognostische Relevanz
AHOD1331 sei die erste randomisierte Phase-3-Studie, in der Brentuximab-Vedotin bei Kindern und Jugendlichen mit Hodgkin-Lymphom geprüft wurde, fasste Prof. Castellino zusammen. Die Interim-PET-Analyse scheint zumindest für die Prüfkombination keine prognostische Relevanz zu haben. Brentuximab-Vedotin plus AVE-PC sei ein neuer Standard für die Frontline-Therapie von pädiatrischen Hochrisiko-Erkrankten mit klassischem Hodgkin-Lymphom.
* Adriamycin, Bleomycin, Vinblastin, Dacarbacin
Quellen:
1. Ansell SM. 2022 ASCO Annual Meeting; Abstract 7503
2. Castellino SM. 2022 ASCO Annual Meeting; Abstract 7504
Kongressbericht: 2022 ASCO Annual Meeting
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