S3-Leitlinie zum Hodgkin-Lymphom wurde aktualisiert

Ulrike Viegener/Elisa Sophia Breuer

Ein neues Kapitel der Leitlinie befasst sich nun mit Schwangeren. Eine Bestrahlung kommt für sie nicht infrage, bei einer Chemo­therapie gilt es abzuwägen, ob sie bis nach der Entbindung warten kann. Ein neues Kapitel der Leitlinie befasst sich nun mit Schwangeren. Eine Bestrahlung kommt für sie nicht infrage, bei einer Chemo­therapie gilt es abzuwägen, ob sie bis nach der Entbindung warten kann. © iStock/sturti

Klarheit über den Stellenwert der PET/CT, Schwangere möglichst spät chemotherapeutisch behandeln und auf Hormonstörungen achten. Dies sind wichtige neue Punkte der aktualisierten Leitlinie zum Hodgkin-Lymphom.

Unter Federführung der DGHO wurde die S3-Leitlinie zum Hodgkin-Lymphom bei erwachsenen Patienten aktualisiert. Dabei wurden auch Anregungen von rund 250 Ärzten berücksichtigt, die an einer Online-Umfrage teilgenommen hatten. Insgesamt 24 Fachgesellschaften und Organisationen waren an der Überarbeitung beteiligt. Zusätzlich nahmen Patientenvertreter mit einem gemeinsamen Mandat stimmberechtigt am Entscheidungsprozess teil.

Breiter Einsatz der PET/CT

Die Experten der Leitlinie empfehlen den Einsatz der PET/CT, um das initiale Staging zu optimieren. Im frühen und intermediären Stadium liefert sie zudem wertvolle Informationen hinsichtlich des Ansprechens auf eine Chemotherapie, der Bestrahlungsplanung sowie im späteren Verlauf bzgl. der Rezidiv­entwicklung. Derzeit ist die PET allerdings außerhalb des initialen Stagings nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen enthalten. Fällt bei der Untersuchung kein Knochenmarksödem auf, soll auf eine Knochenmarkbiopsie verzichtet werden.

Nach zwei Polychemotherapie-Zyklen ABVD* wird die Bildgebung für die weitere Behandlungssteuerung zurate gezogen. Bei positiver PET/CT ist eine Therapieintensivierung mit zwei zusätzlichen Chemotherapie-Zyklen (BEACOPP**eskaliert) zu erwägen. Liegt anschließend eine PET-negative Komplett­remission vor, kann man auf eine konsolidierende Strahlentherapie verzichten. Die Entscheidung müssen Kollegen in jedem Einzelfall in Abhängigkeit des Rezidiv­risikos einerseits und der strahlungs­assoziierten Risiken andererseits betrachten. Bei PET-positiver Remission ist eine Bestrahlung indiziert.

Welche Radiatio für frühe Stadien?

Die Behandlung früher Stadien umfasst weiterhin eine Chemo-Radiotherapie. Neu ist jedoch die Möglichkeit einer intensitätsmodulierten Bestrahlung nach sorgfältigem Abwägen. Diese Variante hat in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Zwar lassen sich so Risikoorgane schonen. Jedoch erhöht sich vermutlich die Wahrscheinlichkeit für strahleninduzierte Zweittumoren, da deutlich größere Volumina zum Einsatz kommen, wie die Autoren der Leitlinie zu bedenken geben. Bislang fehlen jedoch evidenzbasierte Daten. Bis diese vorliegen, raten sie, insbesondere Lungen und weibliche Mammae zu schonen.

Auch eine Protonenbestrahlung können Kollegen bei ausgewählten Patienten erwägen. Die Methode hat gegenüber der intensitätsmodulierten Radiatio vermutlich den Vorteil, dass Risikoorgane besser geschützt werden. Doch auch hier lässt die Beweislage zu wünschen übrig.

Polychemo bei mittleren Stadien

Hat das Lymphom zum Zeitpunkt der Diagnose bereits ein inter­mediäres Stadium erreicht, erhalten Betroffene vier Zyklen Polychemotherapie. Sind die Erkrankten maximal 60 Jahre alt, besteht das Regime aus „2+2“ (BEACOPPeskaliert­ plus ABVD). Bei Kontraindikation für BEACOPPeskaliert­ weicht man auf 4 Zyklen ABVD aus bzw. 2 Zyklen ABVD plus 2 Zyklen AVD für Patienten über 60 Jahre. Eine ggf. konsolidierende Radiotherapie mit 30 Gy erfolgt nur im zuletzt genannten Szenario unabhängig der PET/CT. Die Experten bevorzugen einen „involved-site“-Ansatz.

Restaging nach der Bestrahlung

Auf die Radiatio folgt ein erneutes Staging. Es umfasst neben der Anam­nese und der körperlichen Untersuchung eine umfassende Labordiagnostik u.a. mit Deauville-Score. Zusätzlich wird das Abdomen geschallt und alle zuvor befallenen Regionen mittels CT geprüft. Als potenziell weitere Maßnahmen nennen die Fachgesellschaften exemplarisch PET/CT, Kernspintomographie, Szinti­graphie, Knochenmarkspunktion und Röntgen.

Chemo bei Gestation erlaubt

Oft wird das Hodgkin-Lymphom während einer Schwangerschaft entdeckt. Dann sind spezielle interdisziplinäre Therapiekonzepte erforderlich. Die neu formulierten Empfehlungen basieren auf einem Expertenkonsens und nicht auf sys­tematischen Literaturrecherchen. Die Prognose Betroffener ähnelt der von nicht-schwangeren Patientinnen.

Da eine Chemotherapie vor allem in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten mit hohen Risiken für den Fötus verbunden ist, sollte man in dieser Zeit möglichst auf sie verzichten. Ab dem zweiten Trimenon ist eine Chemotherapie prinzipiell vertretbar, wobei man individuell prüft, ob ein weiteres Zuwarten bis nach der Entbindung eine Option darstellt. In diesem Fall sind engmaschige Kontrollen und ein enger interdisziplinärer Austausch obligat.

Wird während der Gestation eine Chemotherapie eingeleitet, sollte sie spätestens zwei Wochen vor der Entbindung beendet sein. Die Dosierung richtet sich nach dem aktuellen Gewicht der Patientin. Stillen ist unter Chemotherapie grundsätzlich kontraindiziert. Eine Strahlenbehandlung gilt während der gesamten Schwangerschaft als kontraindiziert. Sie kann nach der Entbindung erfolgen, wobei der Abstand zum Ende der Chemotherapie maximal zwölf Wochen betragen darf.

Patienten zurück ins Leben helfen

Einen Fokus legt die aktualisierte Leitlinie auf Rehabilitation und Nachsorge. Wörtlich heißt es: „Nach Therapie soll allen Patienten eine medizinische Rehabilitation angeboten werden zur Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gesellschaft.“ Bewegungstherapeutische Angebote zielen auf eine verbesserte Ausdauer und Lebensqualität, den Aufbau der Muskulatur sowie verminderte Fatigue ab. Mit Blick auf Mangelernährung und Sarkopenie hat zudem die Ernährungsberatung einen hohen Stellenwert. Eine adäquate Schmerztherapie sollte ebenso selbstverständlich sein wie eine psychoonkologische Betreuung, heißt es weiter.

Asymptomatische Patienten werden wie gehabt im ersten Jahr alle drei Monate, ab dem zweiten halbjährlich und ab dem fünften jährlich untersucht. Man sollte auf routinemäßiges CT und Röntgen-Thorax verzichten.

Für Frauen, die während der Erstdiagnose unter 30 Jahre alt waren und deren Thorax bestrahlt wurde, eignet sich acht Jahre später eine intensivierte Früherkennungsuntersuchung auf Brustkrebs an einem spezialisierten Zentrum. Die Kassen übernehmen jedoch nur die Kosten, wenn die Patientinnen bei der Erstdiagnose noch minderjährig waren. Alle Frauen sollten hinsichtlich Menstruationsstörungen und vorzeitiger Menopause befragt und ggf. an einen Gynäkologen überwiesen werden. Männer hingegen soll man auf symptomatischen Testosteronmangel ansprechen und ggf. zum Endokrinologen oder Andrologen überweisen.

* Adriamycin, Bleomycin, Vinblastin, Dacarbazin
** Bleomycin, Etoposid, Adriamycin, Cyclophosphamid, Vincristin, Procarbazin, Prednison/Prednisolon

Quelle: S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Hodgkin-Lymphoms bei erwachsenen Patienten, AWMF-Register-Nr. 018/029OL, www.awmf.org

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Ein neues Kapitel der Leitlinie befasst sich nun mit Schwangeren. Eine Bestrahlung kommt für sie nicht infrage, bei einer Chemo­therapie gilt es abzuwägen, ob sie bis nach der Entbindung warten kann. Ein neues Kapitel der Leitlinie befasst sich nun mit Schwangeren. Eine Bestrahlung kommt für sie nicht infrage, bei einer Chemo­therapie gilt es abzuwägen, ob sie bis nach der Entbindung warten kann. © iStock/sturti