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Frühes Hodgkin-Lymphom: Wann bestrahlen – und wann nicht?

Das 2+2-Regime – bestehend aus je zwei Zyklen BEACOPP*eskaliert und ABVD** – gefolgt von einer konsolidierenden Radiatio mit 30 Gy wird von der Deutschen Hodgkin-Studiengruppe (GHSG) aktuell als Standard für das early unfavorable Hodgkin-Lymphom mit ungünstiger Prognose propagiert. Diese Strategie verschafft den Erkrankten, die ihre Diagnose häufig in jungen Jahren erhalten, laut den Daten der HD14-Studie die vergleichsweise beste Prognose.
Allerdings geht die Behandlung mit einem hohen Risiko für Sekundärmalignome einher, das in erster Linie der Bestrahlung zuzuschreiben ist. Besonders problematisch erscheint die hohe kumulative Inzidenz von Brusttumoren in jungen Patientinnen. Hypothyreosen und kardiovaskuläre Erkrankungen sind ebenfalls mit der Strahlentherapie assoziiert.
PET ermöglicht individualisierte Behandlung
Es stellt sich nun die Frage, ob die Radiatio in manchen Fällen wegfallen kann, ohne dabei das Risiko für Rezidive zu erhöhen. Hier kommt die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ins Spiel: Zumindest beim fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphom hat sich eine mit diesem Verfahren gesteuerte Individualisierung der Therapie inzwischen etabliert (s. Kasten).
PET beim fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphom
PFS in beiden Studiengruppen ähnlich lang
Nach einem medianen Follow-up von 46,2 Monaten betrug die Rate des progressionsfreien Überlebens (PFS) nach fünf Jahren 97,3 % unter der Standardbehandlung und 95,1 % mit PET-gesteuerter Radiotherapie (Hazard Ratio [HR] 0,523). Das Konfidenzintervall der 2,2%igen Gruppendifferenz reichte von -0,9 % bis 5,3 % und lag damit innerhalb des 8%-Spielraums, den die Autoren vorher zur Definition der Therapiegleichwertigkeit festgelegt hatten. Die Forscher analysierten anschließend den prognostischen Effekt einer PET in 646 Patienten, die entweder einen positiven Befund aufwiesen oder die ein negatives Ergebnis hatten und dem Standardarm zugeteilt waren. Das Fünf-Jahres-PFS war in der PET-negativen Gruppe signifikant höher als in positiven Teilnehmern (HR 3,03; p = 0,024). Nutzten die Wissenschaftler einen Deauville-Score von 4 statt 3 als Cut-off für eine PET-Positivität, so erhöhte sich die PFS-Differenz (HR 10,19; p < 0,0001). Die häufigsten hämatologischen Grad-3/4-Nebenwirkungen umfassten Leukopenien (Kontrolle: 83 % vs. Prüfarm: 84 %) und Thrombozytopenien (26 % vs. 33 %). Infektionen traten bei 6 % im Vergleich zu 8 % der Betroffenen auf, mit einem einzelnen tödlichen Verlauf in der PET-Gruppe. An Übelkeit/Erbrechen litten 7 % vs. 6 % der Studienteilnehmer. Die häufigsten mit der Bestrahlung assoziierten Nebenwirkungen waren Dysphagie (6 % vs. 2 %) und Mucositis (2 % vs. 0 %). Die PET-gesteuerte Strahlentherapie hat sich für Patienten mit early unfavorable Hodgkin-Lymphom und ungünstiger Prognose als geeignete Strategie erwiesen, schlussfolgern die Autoren. Im Vergleich zur routinemäßigen konsolidierenden Radiatio ist sie nicht mit einem Wirksamkeitsverlust verbunden. Das differenzierte Vorgehen scheine geeignet, das Risiko von toxischen Langzeiteffekten der Bestrahlung zu minimieren. Die Forscher ziehen ein weiteres Fazit: Ein positiver PET-Befund nach einem 2+2-Regime geht mit einem schlechteren PFS in Erkrankten mit kombinierter Therapie einher. Besonders dann, wenn ein Deauville-Score von 4 als Cut-off-Schwelle für eine PET-Positivität verwendet wird.* Bleomycin, Etoposid, Doxorubicin, Cyclophosphamid, Vincristin, Procarbazin, Predniso(lo)n
** Doxorubicin, Bleomycin, Vinblastin, Dacarbazin
Quelle: Borchmann P et al. Lancet Oncol 2021; 22: 223-234; DOI: 10.1016/S1470-2045(20)30601-X
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