Welche Salvagetherapie hat die Nase vorn?

ASH 2021 Josef Gulden

Die Salvageregime unterscheiden sich teils deutlich in ihrer Wirksamkeit. Die Salvageregime unterscheiden sich teils deutlich in ihrer Wirksamkeit. © nonikastar – stock.adobe.com

Für Patienten mit rezidivierten/refraktären Hodg­kin-Lymphomen stehen einige Salvagetherapien zur Verfügung, die aber bisher nicht mit dem derzeitigen Standard verglichen wurden. Zwei aktuelle retrospektive Übersichten liefern dazu neue Erkenntnisse.

Neue Salvagetherapien wie das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Brentuximab-Vedotin (BV) oder Checkpoint-Inhibitoren (CI) können die Prognose von Patienten mit rezidivierten/refraktären Hodgkin-Lymphomen verbessern. Bisher gibt es allerdings kaum vergleichende Studien, in denen sie gegen die klassischen Behandlungsformen getestet wurden. US-amerikanische Hämatologen analysierten deshalb retrospektiv Daten von 853 Erkrankten, die in zwölf Zentren eine autologe Stammzelltransplantation (ASCT) erhalten hatten.1

Wie Prof. Dr. Sanjal Desai von der Mayo Clinic in Rochester berichtete, hatten alle Teilnehmer mindes­tens eine Salvagetherapie bekommen; 245 waren mit zwei, 71 mit drei und 26 mit vier solcher Regime behandelt worden. Die Nachbeob­achtung beträgt bislang median drei Jahre. Die Salvagestrategien wurden in sieben Gruppen kategorisiert:

  • konventionelle platinhaltige Chemotherapien (n für erste Salvage­behandlung = 553)
  • Bendamustin plus BV (n = 69)
  • BV plus Nivolumab (n = 48)
  • BV alleine (n = 65)
  • gemcitabinbasierte Chemotherapien (n = 49)
  • CI alleine (n = 4)
  • andere Salvage-Regime (n = 63)

Die Unterschiede zwischen diesen Gruppen hinsichtlich der Wirksamkeit waren teilweise erheblich: Bendamustin/BV etwa war der platinhaltigen Chemotherapie bezüglich des Gesamtansprechens (ORR) mit 93 % vs. 79 % (p < 0,001) und hinsichtlich der Komplettremissionsraten (CR) mit 79 % vs. 49 % (p < 0,001) signifikant überlegen. Alleiniges BV hingegen schnitt deutlich schlechter ab; die ORR bzw. CR betrugen hier nur 62 % bzw. 34 %. Die Ergebnisse zwischen platinbasierter und gemcitabinbasierter Chemotherapie, alleiniger CI-Gabe sowie sonstigen Behandlungen unterschieden sich nicht signifikant.

Was das letzte Salvageregime vor der Transplantation anging, erwiesen sich zwei Protokolle hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens (PFS) als wirksamer als die platinbasierten Chemotherapien: BV/Nivolumab mit einer Hazard Ratio (HR) von 0,1 (95%-KI 0,02–0,4; p < 0,01) und CI mit einer HR von 0,12 (95%-KI 0,03–0,5; p < 0,01). Auf das Gesamt­überleben hatte die Art der Salvage­behandlung vor der Transplantation keinen signifikanten Einfluss.

Wichtig ist anscheinend die Tiefe der Remission. Patienten mit partieller Remission (HR 1,6; 95%-KI 1,3–2,6; p < 0,001) oder gar einer Progression (HR 4,1; 95%-KI 2,5–6,8; p < 0,001) schnitten hinsichtlich des PFS deutlich schlechter ab; das Gleiche galt für das OS. Je weniger Salvagetherapien die Betroffenen vor der Transplantation erhalten hatten, desto länger waren PFS und OS. Alle 36 Personen, die unter BV/Nivolumab vor der ASCT eine CR erzielten, lebten nach bis zu fünf Jahren Follow-up ohne Rezidiv. Diese Kombination bietet Prof. Desai zufolge offenbar besonders gute Aussichten auf eine über längere Zeit anhaltende CR. Neuere Salvageregime wie BV/Nivolumab und Bendamustin/BV könnten daher möglicherweise bei Patienten mit rezidivierten/refraktären Hodgkin-Lymphomen bevorzugt werden.

CMR als prognostischer Faktor

In Ermangelung von Studien, in denen BV und Chemotherapien vor der ASCT direkt miteinander verglichen werden, analysierten Julia Driessen vom Amsterdam University Medical Center und Kollegen in einer Metaanalyse die Daten von 391 Personen mit Hodgkin-Lymphom im ersten Rezidiv oder mit primär refraktärer Erkrankung.2 Diese hatten in sieben Studien BV plus eine Salvage-Chemotherapie und im Anschluss eine ASCT erhalten. Als Kontrollgruppe dienten 327 mit einer Chemotherapie plus ASCT behandelten Personen aus zwei weiteren Studien. Dabei schien das BV-Regime das PFS von rezidivierten, nicht aber von primär refraktären Patienten zu verlängern.

Positiv wirkte sich außerdem eine komplette metabolische Remission (CMR) in der Positronen-Emissions-Tomographie vor der Transplantation aus. Das konnte in einer multivariaten Analyse bestätigt werden: Eine CMR reduzierte das Progressions- oder Sterberisiko hier um mehr als die Hälfte (HR 0,42; p = 0,004). Negativ wirkt sich ein Stadium III/IV (HR 2,31), B-Symptome (HR 1,90), eine bulky disease (HR 1,52) und eine primäre Refraktärität der Erkrankung (HR 2,76) auf das Drei-Jahres-PFS aus.

Quellen:
1. Desai S et al. 2021 ASH Annual Meeting; Abstract 878; DOI: 10.1182/blood-2021-149880
2. Driessen J et al. 2021 ASH Annual Meeting; Abstract 879; DOI: 10.1182/blood-2021-147810

Kongressbericht: 2021 ASH Annual Meeting

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