
Zellen und Moleküle im Duell

Bei einigen Krebsarten kommen CAR-T-Zellen und Antikörper-Wirkstoff-Konjugate bereits zum Einsatz, auch für das Hodgkin-Lymphom wird beides erprobt. Zu den Vorteilen von CAR-T-Zellen gegenüber den „Molekülen“ zähle unter anderem, dass sie das sequenzielle Abtöten mehrerer Targets vermitteln, erinnerte Prof. Dr. Natalie Grover von der University of North Carolina in Chapel Hill. Außerdem könne man sie so verändern, dass sie einen „immune escape“ der Tumorzellen überwinden. Gerade gegen CD30 gerichtete CAR-T-Zellen bieten sich an: Das Antigen wird von Hodgkin-Lymphomen universell exprimiert, in normalem Gewebe dagegen nur sehr wenig, so die Referentin.
Sie stellte die Ergebnisse einer Phase-1/2-Studie zur Therapie mit Anti-CD30-CAR-T-Zellen vor. Neben Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphomen nahmen 42 Personen mit Hodgkin-Lymphomen teil, die nach mindestens zwei Therapielinien einen Progress erlitten hatten. Die Lymphodepletion erfolgte zu Beginn der Studie zunächst mit Bendamustin, aufgrund des geringen Ansprechens aber dann mit zusätzlichem Fludarabin. In einem zweiten Studienzentrum wurde Cyclophosphamid plus Fludarabin eingesetzt. Median hatten die Teilnehmer sieben Vorbehandlungen erhalten, rund zwei Drittel benötigten eine Bridging-Therapie.
Zytokinfreisetzungssyndrome nur von Schweregrad 1
Die Patienten vertrugen die CAR-T-Zell-Gabe gut, so Prof. Grover. Die meisten Grad-3/4-Toxizitäten umfassten Zytopenien, die aus der Lymphodepletion resultierten. Zytokinfreisetzungssyndrome – alle vom Schweregrad 1 – erlitten zehn Personen, Neurotoxizitäten gab es nicht. Etwa die Hälfte der Betroffenen entwickelte einen Hautausschlag, der aber in allen Fällen von allein wieder verschwand.
Die Gesamtansprechrate der mit Bendamustin plus Fludarabin behandelten Patienten betrug 80 % bzw. 65 % nach Lymphodepletion mit Cyclophosphamid und Fludarabin. Ein komplettes Ansprechen erreichten 73 % bzw. 47 %. Die Studienautoren bezifferten das PFS nach einem Jahr auf 36 %, wobei die Ergebnisse für eine fludarabinbasierte Lymphodepletion besser waren als für alleiniges Bendamustin. Das mediane PFS für Erkrankte mit komplettem Ansprechen betrug 444 Tage. Mehrere Teilnehmer seien noch immer in Remission, sagte Prof. Grover.
Metabolisches Tumorvolumen korreliert mit Therapieerfolg
Die hohe Rezidivrate gab den Forschern Anlass dazu, Prädiktoren zu identifizieren, die es erlauben, ein anhaltendes Ansprechen vorherzusagen. Einer davon sei das metabolische Tumorvolumen (MTV), erklärte die Referentin. Ein hohes MTV vor der Lymphodepletion oder CAR-T-Zell-Infusion ging mit einem schlechteren PFS einher. Eine Bridging-Therapie könne das Ergebnis manchmal verbessern. Verringerte sich dadurch ein initial hohes MTV, so betrug das mediane Ein-Jahres-PFS 40 %. In der Gruppe von Patienten, in der sich das hohe MTV durch die überbrückende Behandlung nicht reduzierte, lag das Ein-Jahres-PFS bei 0 %. Das beste Ergebnis mit einem medianen Ein-Jahres-PFS von 75 % erzielten Betroffene mit niedrigem MTV zu Beginn und nach der Bridging-Therapie.
Ein hohes MTV korrelierte mit einer gesteigerten Frequenz von CD3- und PD1-positiven T-Zellen im peripheren Blut. „Dies deutet darauf hin, dass ein hohes MTV mit einer immunsupprimierenden Tumormikroumgebung assoziiert sein könnte und so die Effektivität der CAR-T-Zellen verringert“, erklärte Prof. Grover.
Weiterführende Ansätze zu CD30-CAR-T-Zellen
Ein Konjugat mit rätselhafter Nebenwirkung
Dr. Graham Collins, Oxford University Hospitals NHS Foundation Trust, stellte eine weitere Substanz vor, die für Erkrankte mit Hodgkin-Lymphomen interessant werden könnte. Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Camidanlumab-Tesirin bindet an CD25 auf der Tumoroberfläche und wirkt, nach Internalisierung und Abspaltung des Linkers, durch das anhängende Pyrrolobenzodiazepin zytotoxisch. Die Substanz wird zurzeit in einer Phase-2-Studie geprüft. In der vorherigen Phase-1-Untersuchung wurde die maximal tolerierbare Dosis für Patienten mit Hodgkin-Lymphom nicht erreicht, als empfohlene Dosierungen kristallisierten sich 30 µg/kg und 45 µg/kg alle drei Wochen heraus. Nebenwirkungen, die laut Referent wahrscheinlich auf Pyrrolobenzodiazepin zurückzuführen sind, umfassten Ödeme, Effusion, Hauttoxizitäten und Abnormalitäten im Leberfunktionstest. Außerdem traten Fälle von Guillain-Barré-Syndrom (GBS)/Radikulopathien, Colitis, Schilddrüsenunter- und -überfunktionen sowie Thyreoiditis auf. Die Effektivität sei ermutigend, so Dr. Collins: Mit der 45-µg/kg-Dosierung sprachen 86,5 % der Teilnehmer auf die Behandlung an, davon erreichten 43,2 % ein komplettes Ansprechen. Aus der laufenden Phase-2-Studie zu Camidanlumab-Tesirin sind nur vorläufige Ergebnisse verfügbar. 117 Personen mit rezidiviertem/refraktärem Hodgkin-Lymphom und median sechs Vortherapien erhielten 45 µg/kg für die ersten zwei Zyklen, ab dem dritten Zyklus 30 µg/kg. Zum aktuellen Daten-Cut-off betrugen die Gesamtansprechrate 66,3 % und das mediane PFS 9,2 Monate. Wieder entwickelten einige Betroffene ein GBS – eine Nebenwirkung, die bisher mit anderen CD25-Antikörpern nicht beobachtet wurde, betonte der Referent. Auch nicht, wenn Camidanlumab-Tesirin gegen andere Krebsarten eingesetzt wurde. Ein GBS trete vermutlich spezifisch häufiger in Hodgkin-Lymphom-Patienten auf, die mit dem Konjugat behandelt werden. Weshalb, ist noch unklar.Quelle:
Grover N, Collins G. 2021 ASH Annual Meeting; Scientific Workshop on Tumor Immune Interactions in Lymphoid Malignancies
2021 ASH Annual Meeting
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