Fatigue-Patienten wachrütteln - Spaziergänge und Schlafhygiene sollen die Müdigkeit vertreiben

Ulrike Viegener / Ulrich Abendroth

Nicht ausruhen sondern aktiv werden, um der Müdigkeit zu entkommen! Nicht ausruhen sondern aktiv werden, um der Müdigkeit zu entkommen! © fotolia/Robert Kneschke

Medikamentös ist dem chronischen Fatigue-Syndrom kaum beizukommen. Aber die Patienten können selbst etwas tun, um ihre geschundene Lebensqualität wieder zu bessern. Das Wichtigste: raus aus der Schonhaltung und regelmäßig körperlich bewegen.

Fatigue hat nichts mit normaler Müdigkeit zu tun. Sie ist viel mehr: Das bis zur völligen Erschöpfung reichende Syndrom zermürbt die Patienten und schränkt ihre alltäglichen Aktivitäten derart ein, dass die Lebensqualität darunter leidet, schreibt Dr. Manuel Jungi, Leiter der Palliative Care am Kantonsspital Olten. Bei der Entwicklung der Dauererschöpfung, von der vielfach onkologische Patienten betroffen sind, spielen meist mehrere Faktoren zusammen: physische und psychische, krankheitsbedingte und therapiebedingte (siehe Kasten).

Das kann zu Fatigue führen

Häufige Ursachen der kaum zu ertragenden Müdigkeit und Erschöpfung sind:
  • Kachexie
  • Anämie
  • Metabolische Störungen wie Elektrolytstörungen, Hyperglykämie, Hypothyreose, Hypogonadismus
  • Organdysfunktionen z.B. Herz- Nieren- oder Leberinsuffizienz
  • Bewegungsmangel
  • Infekte
  • Nebenwirkungen u.a. von Chemo- und Radiotherapie
  • Psychische/emotionale Faktoren, etwa Angst, Sorge, Trauer, Depression

Fatigue und Depression mit einer Frage unterscheiden

Oft ist es schwierig, das Syndrom von einer Depression abzugrenzen, zumal beide Leiden zugleich vorliegen können und sich mitunter auch gegenseitig hochschaukeln. Nach der Erfahrung des Schweizer Kollegen kann es diagnostisch helfen, folgende Frage zu stellen: „Was würden Sie tun, wenn Sie nicht so erschöpft wären?“ Patienten mit Fatigue hätten dazu in der Regel Ideen, depressive Menschen jedoch könnten keine Pläne für ein Leben ohne Müdigkeit und Antriebslosigkeit entwickeln. Zur Diagnosestellung gibt es verschiedene validierte Selbstbeurteilungs-Fragebogen wie zum Beispiel das „Brief Fatigue Inventory“ (BFI), die „Chalder Fatigue Scale“ (CFS) und das „Single Item Fatigue“ (SIF). Allerdings wurden viele dieser Tests für die krebsassoziierte Fatigue entwickelt, so dass sie bei Patienten mit nichtonkologischen Erkrankungen nur eingeschränkt einsetzbar sind. Die unerträgliche Dauermüdigkeit ist häufig Teil eines Symptomkomplexes der physische, emotionale, kognitive und/oder auch spirituelle Dimensionen umfassen kann, erklärt der Palliativmadiziner. Entsprechend muss auch multimodal therapiert werden. Die besten Aussichten bestehen, wenn es gelingt, die ursächlichen Faktoren – etwa zugrunde liegende Erkrankungen – ausfindig zu machen und zu beseitigen. Bei Patienten mit Hypoxämie beispielsweise kann die Gabe von Sauerstoff innerhalb von Stunden eine physische, psychische und kognitive Besserung bringen, berichtet Dr. Jungi. Trete dieser Erfolg jedoch nicht innerhalb einiger Stunden ein, sollte die Sauerstoffbehandlung beendet werden. Eventuell müde machende Medikamente wie Benzodiazepine, Opioide und Neuroleptika sind nach Möglichkeit durch andere Pharmaka zu ersezten. Umgekehrt gibt es aber keine fatiguespezifische Pharmakotherapie. Positive Daten stehen nach Angaben des Experten nur für Dexamethason, Methylphenidat und für Amerikanischen Ginseng (Panax quinquefolius) zur Verfügung.

Fünf Mal pro Woche 30–60 Minuten bewegen

Generell gilt es, gemeinsam mit dem Patienten in kleinen Schritten realistische Ziele zu formulieren, etwa den Tagesablauf zu strukturieren und einen Schlafrhythmus einzuhalten. Unterstützend können alternative Verfahren wie Yoga, Akupunktur oder Kunst- bzw. Atemtherapie nützen. Den Betroffenen ist zu verdeutlichen, dass Schonverhalten und Inaktivität kontraproduktiv sind. Im Gegenteil, aktivieren und regelmäßig körperlich trainieren, heißt die Devise. Anzustreben sind drei bis fünf Bewegungseinheiten von 30 bis 60 Minuten pro Woche. Bei bettlägerigen Patienten ist ggf. schon die tägliche Mobilisation in einem Rollstuhl hilfreich. Mobile Patienten können vielleicht mehrmals in der Woche einen längeren Spaziergang machen oder sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten evtl. sogar einer Bewegungsgruppe anschließen.

Quellen: Aus der Fachliteratur
Jungi M. Schweizerisches Medizin-Forum 2017; 17: 131-134

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