Für über 80-Jährige kann es sich durchaus lohnen, das Bronchialkarzinom wegschneiden zu lassen

Friederike Klein

Bei alten Lungenkrebspatienten erfolgt häufiger eine Lobektomie oder Segmentresektion. Bei alten Lungenkrebspatienten erfolgt häufiger eine Lobektomie oder Segmentresektion. © wikimedia/Chih-Hao Chen, Shih-Yi Lee, Ho Chang, Hung-Chang Liu, Chao-Hung Chen and Wen-Chien Huang

Jeder vierte Patient mit einem neu diagnostizierten Bronchialkarzinom ist über 80 Jahre alt. Evidenzbasierte Empfehlungen gibt es für diese Altersgruppe nicht. Welche Therapie möglich ist, muss genau geprüft werden – nicht nur anhand der Akten, wie Experten betonen.

Alte Menschen mit einem frühen Bronchialkarzinom können durchaus noch von einer radikalen Therapie profitieren und dürfen nicht per se wegen ihres Alters ausgeschlossen werden, betonte Dr. Torsten G. Blum, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin. Wegweisend sei die übliche funktionelle und spezifisch geriatrische Evaluation. Weil allerdings valide Risikoscores zur funktionellen Einschätzung noch fehlten, bleibe die Entscheidung pro oder kontra Operation eine höchst individuelle.

Die Thoraxchirurgin Privatdozentin Dr. Corinna Ludwig vom Florence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf stimmte ihm zu: Ob operiert werden könne, lasse sich im Tumorboard nicht einfach anhand der Datenlage entscheiden. Es sei wichtig, den Patienten selbst zu sehen. Ihn nur wegen seines Alters abzulehnen, hält sie auch angesichts der Daten des deutschen Thoraxregisters für fragwürdig.

In diesem Register sind etwa 20 % der erfassten 1357 Patienten mit frühem nicht kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) mindestens 75 Jahre alt. Ähnlich wie bei den 65- bis 74-Jährigen liegt auch bei den ganz Alten der Anteil von Lobektomien und Segmentresektionen höher als in jüngeren Altersgruppen.

Mortalität durch die OP mit 1,8 % relativ gering

Mit dem Alter steigt zudem die Häufigkeit videoassistierter Eingriffe. Bei gleicher Operationszeit ist die Dauer von Drainage, Intensiv- und Krankenhausbehandlung bei älteren und alten Patienten länger. Auch die peri- und postoperative Mortalität liegt höher, bleibt mit 1,8 % aber immer noch relativ gering. Allgemeine und pulmonale Komplikationen (< 40 %) sind bei den über 65-Jährigen häufiger als bei den jüngeren Patienten (29,6 %), das betrifft insbesondere Fisteln mit > 15 %. „Das schreckt mich aber nicht“, sagte Dr. Ludwig.

Sie geht aber davon aus, dass diese relativ günstigen Ergebnisse nicht die ganze Versorgungsrealität widerspiegeln, weil die Patienten bereits vor Zuweisung an die Thoraxchirurgie selektioniert wurden, was aus ihrer Sicht nicht notwendig ist. Sie forderte, alle älteren und alten Patienten mit frühem Bronchialkarzinom einem Thoraxchirurgen vorzustellen. Im Rahmen des Deutschen Thoraxregisters will man zudem ein besseres Instrument entwickeln, das bei der Entscheidung für oder gegen eine Operation unterstützen kann, kündigte die Kollegin an.

Lokale Kontrolle mit Bestrahlung

Auch bei der Strahlentherapie – eine beim frühen Bronchialkarzinom im Alter häufig genutzte Alternative zur OP – ist eine Risikostratifizierung notwendig.

Dabei müssen die eventuell durch das Alter veränderten Nebenwirkungsprofile berücksichtigt werden, betonte Dr. Blum. Große Erfahrung hat man mit der stereotaktischen Strahlentherapie (SBRT) mit relativ kurzen Dosiskonzepten, beispielsweise 3 x 15 Gy bzw. bei zentralen Tumoren 6 x 9 Gy oder 10 x 5 Gy, berichtete Professor Dr. Dirk Vordermark­, Universitätsklinik und Poliklinik für Strahlentherapie Halle (Saale). Die SBRT ermögliche beim frühen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom eine sehr gute lokale Kontrolle.

In einer retrospektiven Fallstudie wurde bei über 80-Jährigen eine lokale Kontrolle von 100 % nach einem und von 92,3 % nach zwei Jahren beobachtet. Toxizitäten der Grade 2–5 traten nicht auf.

Die Reduktion der 30- und 90-Tage-Mortalität durch die stereotaktische Strahlentherapie im Vergleich zur Operation wird mit steigendem Alter größer. Dies zeigte eine Analyse von 76 000 Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (T1–2, N0, M0) aus den USA, von denen 8341 über 80 Jahre alt waren. Am deutlichsten profitierten die Patienten im Alter über 70 Jahre. Dennoch gilt auch für die SBRT, dass die Therapieentscheidung ganz individuell bei jedem einzelnen Patienten abgewogen werden muss.

Quelle: 33. Deutscher Krebskongress

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Bei alten Lungenkrebspatienten erfolgt häufiger eine Lobektomie oder Segmentresektion. Bei alten Lungenkrebspatienten erfolgt häufiger eine Lobektomie oder Segmentresektion. © wikimedia/Chih-Hao Chen, Shih-Yi Lee, Ho Chang, Hung-Chang Liu, Chao-Hung Chen and Wen-Chien Huang