Gadoliniumhaltige Kontrastmittel bald passé?

Dr. Anne Benckendorff

Arzneimittelbehörde fordert EU-weite Pause für die Zulassung von vier Substanzen.
Arzneimittelbehörde fordert EU-weite Pause für die Zulassung von vier Substanzen. © fotolia/lpotthoff

Spätestens seit dem Medienrummel im letzten Jahr weiß jeder: Das MR-Kontrastmittel Gadolinium kann sich im Gehirn ablagern. Auch wenn die klinische Relevanz dieser Erkenntnis nach wie vor unklar ist, so hat sie zu einer Neubewertung des Sicherheitsprofils auf europäischer Ebene geführt.

Gadolinium (Gd) ist ein paramagnetisches chemisches Element. Gd-haltige Kontrastmittel führen bei MRT-Untersuchungen zu einer Verstärkung des Kontrasts in den Geweben. Freie Gd-Ionen sind toxisch und werden deshalb an lineare oder zyklische Trägersubstanzen gebunden. Allerdings scheint die Verbindung insbesondere zwischen Gadolinium und den linearen Trägersubstanzen nicht so stabil zu sein, wie bisher angenommen.

Denn vor allem für diese wurde über Ablagerungen von Gadolinium in verschiedenen Geweben, z.B. in der Haut und auch im Gehirn berichtet. Bislang ist nicht klar, ob und welche Symptome oder Erkrankungen mit den Ablagerungen im Gehirn in Verbindung stehen könnten.

Zustimmung der Europäischen Kommission steht noch aus

Weder die europäische Arzneimittelbehörde EMA noch die US-amerikanische FDA haben Hinweise auf Gesundheitsschäden gefunden. Doch allein in deutschen Krankenhäusern erhalten jährlich knapp 1 Mio. vollstationäre Patienten MRT-Untersuchungen mit Kontrastmittel.

In der Klinik unentbehrlich

Wenn Gadolinium für eine Untersuchung nicht gebraucht wird, sollte man es nicht verarbreichen, meint auch die International Society for Magnetic Resonance in Medicine (ISMRM) in einer aktuellen Bewertung. Allerdings sei die Erfolgsbilanz bei bestimmten Indikationen nicht von der Hand zu weisen: Gd-haltige Kontrastmittel liefern eine genaue Diagnostik und Kontrolle zahlreicher Erkrankungen, darunter Krebs, Herz- und Leberleiden. Zudem handelt es sich um allgemein nebenwirkungsarme Substanzen. Dementsprechend sehen die Experten derzeit keinen Grund für eine dramatische Veränderung des Einsatzes – zumal derzeit kein nachweisbares erhöhtes Gesundheitsrisiko durch Ablagerungen im Gehirn besteht.

Quelle: Gulani V et al. Lancet Neurol; 16: 564-570

Deshalb hatte der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) bei der EMA ein Ruhen der Zulassung für vier lineare Gd-haltige Kontrastmittel empfohlen: Gadodiamid, Gadopentetsäure, Gadobensäure und Gadoversetamid. Gadoxetsäure, das in niedriger Konzentration zur Leberbildgebung verwendet wird, soll verfügbar bleiben, ebenso wie Gadopentetsäure zur direkten Gelenkinjektion.

Dabei gilt es, die Mittel so gering wie möglich zu dosieren und nur zu verwenden, wenn eine kontrastmittelfreie Bildgebung nicht möglich ist. Auch alle makrozyklischen Gd-haltigen Präparate sollten zurückhaltend und möglichst in geringer Dosierung zum Einsatz kommen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) befürwortete die Einschätzung des PRAC. Und inzwischen ist die EMA der Empfehlung – quasi als präventive Maßnahme – weitgehend gefolgt.

Gadobensäure darf allerdings weiterhin für spezielle Leberuntersuchungen genutzt werden. Im nächs­ten Schritt muss die Europäische Kommission dem Beschluss noch zustimmen.

Quelle:
1. Lamkemeyer T et al. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 2017; 1: 11-16
2. arznei-telegramm 2017; 48: 70

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