Geschockt von der Defibrillator-Weste

Dr. Andrea Wülker

Die Defibrillator-Weste liegt eng am Körper an und hat vier integrierte Elektroden. Die Defibrillator-Weste liegt eng am Körper an und hat vier integrierte Elektroden. © Zoll CMS GmbH

Der implantierbare Kardioverter-Defibrillator hat seinen Platz bei Patienten mit chronischen Erkrankungen und hohem Risiko für den plötzlichen Herztod. Die tragbare Version kommt hingegen bei Personen zum Einsatz, die nur vorübergehend ein hohes Risiko besitzen.

Eine Defibrillatorweste kann ventrikuläre Tachyarrhythmien einschließlich Kammerflimmern beenden. Sie kommt für Patienten infrage, deren Risiko für einen plötzlichen Herztod vorübergehend erhöht ist oder bei denen geprüft wird, ob ein implantierter Kardioverter-Defibrillator zum Einsatz kommen soll. Derzeit steht nur ein System zur Verfügung (LifeVest®), schreiben der Kardiologe Privatdozent Dr. Sven Reek von der Hirslanden Klinik in Aarau und Kollegen.

Funktioniert die Weste zuverlässig?

Laut einer aktuellen Analyse erhielten 94 von 6043 Patienten (1,6 %) adäquate Elektroschocks aufgrund rascher ventrikulärer Tachykardien (> 220 bpm) oder Kammerflimmern. Das System detektierte alle Episoden korrekt, die Inzidenz inadäquater Schockabgaben lag bei 0,4 %. Häufig waren rasche, regelmäßige su-praventrikuläre Tachykardien und Vorhofflimmern der Grund. 93 % der Patienten überlebten die Therapie.

Bis zu fünf Stromstöße während einer Arrhythmie

Betroffene tragen die 0,8 kg schwere Weste permanent unter der normalen Kleidung. Ihre vier Elektroden erkennen ventrikuläre Tachykardie oder Kammerflimmern. Spürt das System entsprechende Rhythmus­störungen auf, warnt eine Vibration und dann ein akustisches Signal den Patienten, dass gleich ein Schock erfolgt. Drückt man nun zwei Knöpfe am Monitor, den der Betroffene um die Taille trägt, kann man die Schock- abgabe verhindern. Die Daten werden außerdem zum behandelnden Arzt übertragen. Während einer Arrhythmie­episode gibt die Weste bis zu fünf Stromstöße ab. Danach prüft das System, ob die Frequenz unter die einprogrammierte Detektionsgrenze für ventrikuläre Tachykardien bzw. Kammerflimmern abfällt. Falls nicht, erfolgen weitere Elektroschocks. Die Zeit bis zur Stromabgabe kann individuell programmiert werden. Durch sie lässt sich eine inadäquate Schockabgabe verhindern. Geeignet sind 60 bis 180 Sekunden bei ventrikulärer Tachykardie und 25 bis 40 Sekunden bei ventrikulärer Fibrillation.

Aktuelle Empfehlungen beruhen auf Expertenkonsens

Grundsätzlich kann die Defibrillatorweste eingesetzt werden, um Kandidaten für eine Implantation des Kardioverter-Defibrillators zu identifizieren. Als weitere Indikationen nennen die Autoren:
  • akuter Herzinfarkt mit einer LVEF* ≤ 35 %; Tragedauer: 40 bis 90 Tage, bis zur Besserung oder Implantation
  • vor/nach Revaskularisation (By­pass-Op. oder perkutane Koronar­intervention) mit LVEF ≤ 35 %, drei bis vier Monate Tragezeit, bis zur Besserung oder Implantation
  • neu aufgetretene nicht-ischämische Kardiomyopathie oder vermutete Myokarditis mit akuter Herzinsuffizienz und/oder LVEF ≤ 35 %, Tragedauer: drei bis sechs Monate, bis zur Besserung oder Implantation
  • Überbrückung, z.B. wenn ein Implantat aufgrund einer Infektion entfernt werden musste, eine Herztransplantation ansteht oder sich die Implantation verzögert
Hinzu kommen mögliche Indikationen für die Defibrillatorweste wie potenziell gefährliche EKG-Veränderungen unter Medikamentengabe (z.B. QT-Verlängerung) und genetisch bedingte Arrhythmiesyndrome. Die Autoren nennen als wesentliches Manko, dass prospektive, randomisierte Studien fehlen. Die deshalb allgemein gehaltenen Richtlinien beruhen hauptsächlich auf Expertenmeinungen.

Schulung und telefonischer Support

Patienten, die eine Defibrillatorweste verordnet bekommen, erhalten eine Schulung für den Umgang mit der Defi-Weste. Dabei lernen sie u.a, wie man die Batterien auflädt und die aufgezeichneten Daten an den Netzwerkserver übermittelt. Darüber hinaus existiert eine 24-Stunden-Hotline bei Fragen oder Problemen. Die Experten raten zu einer wöchentlichen Datentransmission und monatlichem Kontrolltermin beim Arzt. Nach einer Schockabgabe muss die Weste sofort ausgetauscht werden.

*linksventrikuläre Ejektionsfraktion Reek S et al. Europace 2017; 19: 335-345

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Die Defibrillator-Weste liegt eng am Körper an und hat vier integrierte Elektroden. Die Defibrillator-Weste liegt eng am Körper an und hat vier integrierte Elektroden. © Zoll CMS GmbH
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