
Gleich zwei Strategien können krankheitsfreies Überleben nicht verlängern

Während adjuvante Studien mit Tyrosinkinase-Inhibitoren beim Nierenzellkarzinom (RCC) bisher größtenteils enttäuschende Resultate lieferten, führte die Keynote-564-Studie zur Zulassung von Pembrolizumab bei RCC-Patient:innen, die ein erhöhtes Rezidivrisiko nach Nephrektomie oder nach Nephrektomie und Resektion metastasierter Läsionen aufweisen. Nun evaluierte man in weiteren Phase-3-Studien verschiedene andere Checkpoint-Inhibitoren in der adjuvanten Therapie des lokal begrenzten RCC.
CheckMate 914: Vorteil durch duale adjuvante Immuntherapie?
So nutzten Wissenschaftler:innen die CheckMate-914-Studie für die Frage, ob eine adjuvante duale Checkpoint-Blockade mit Nivolumab (N) und Ipilimumab (I) bei Patient:innen mit lokal begrenztem RCC mit hohem Rezidivrisiko nach Nephrektomie einen Vorteil hinsichtlich des krankheitsfreien Überlebens (DFS) bietet. In Teil A der Studie verglich man den PD1- und den CTLA4-Inhibitor mit Placebo. 816 radikal oder partiell nephrektomierte Betroffene hauptsächlich klarzelliger Histologie – 5 % hatten sarkomatoide Merkmale – und ohne Hinweise auf Resterkrankung oder Metastasen erhielten in 1:1-Randomisierung entweder zwölfmal 240 mg Nivolumab alle zwei Wochen und viermal 1 mg/kg Ipilimumab alle sechs Wochen oder äquivalent verabreichtes Placebo für 24 Wochen bzw. bis zum Progress. Der primäre Endpunkt DFS wurde per verblindetem unabhängigem Review beurteilt.
Prof. Dr. Robert Motzer vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York, stellte nun Ergebnisse der primären Analyse vor.1 Obwohl N+I als Erstlinientherapie beim fortgeschrittenen RCC bereits Aktivität gezeigt hatte,2 wurde der primäre Endpunkt in der CheckMate-914-Studie nach einem medianen Follow-up von 37 Monaten nicht erreicht (HR 0,92; 95%-KI 0,71–1,19; p = 0,5347). Unter der Immuntherapie war das mediane DFS noch nicht erreicht, im Placeboarm lag es bei im Median 50,7 Monaten. Die Wahrscheinlichkeit, nach zwei Jahren noch krankheitsfrei zu überleben, lag im Immuntherapiearm bei 76,4 % und bei den Teilnehmenden, die gar keine weitere aktive Therapie erhalten hatten, bei 74,0 %.
Die sehr kleine Subgruppe der Patient:innen mit sarkomatoiden Merkmalen profitierte deutlich von N+I (HR 0,29). Auch bei den Tumorstadien pT2 und pT4 wurde eine wesentlich bessere HR beobachtet, der Großteil der Teilnehmenden war allerdings pT3. Die Analyse nach PD-L1-Expression war noch nicht verfügbar, werde aber zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt, so Prof. Motzer. Aufgrund der hierarchischen Testung wurde keine Analyse des Gesamtüberlebens durchgeführt.
Nebenwirkungen von Grad ≥ 3 waren unter N+I erwartungsgemäß häufiger (28,5 % vs. 2,0 % im Placeboarm), erläuterte der Referent. Die Abbruchrate bezeichnete er als „beträchtlich“: Nur 47 % der Patient:innen im Immuntherapiearm erhielten alle geplanten Zyklen der beiden Checkpoint-Inhibitoren, 33 % brachen die Immuntherapie aufgrund von Nebenwirkungen ab. Vier Todesfälle im Verumarm wurden der Immuntherapie zugeordnet.
Auch PROSPER kann nicht überzeugen
Nicht nur adjuvante Studien, auch eine beim ESMO präsentierte Erhebung mit perioperativer Therapiestrategie scheiterte beim Versuch, das Outcome von Patient:innen mit lokal begrenztem RCC zu verbessern. Im Unterschied zu CheckMate 914 und IMmotion010 war der primäre Endpunkt der PROSPER-Studie das rezidivfreie Überleben (RFS), und die Studie war zudem unverblindet. Nivolumab wurde sowohl neoadjuvant als auch adjuvant nach der Nephrektomie gegeben und mit alleiniger Operation verglichen. 819 Patient:innen wurden randomisiert. Das RFS unterschied sich kaum zwischen den beiden Armen (HR 0,97; 95%-KI 0,74–1,28; p = 0,43), der Median war noch nicht erreicht. Die Studie wurde nun vorzeitig gestoppt.
Allaf M et al. ESMO 2022; LBA67
IMmotion010: Auch adjuvantes Atezolizumab verbessert das Outcome nicht
Auch die von Prof. Dr. Axel Bex, Royal Free NHS Foundation Trust, London, vorgestellte Studie IMmotion010 verglich eine Immuntherapie mit Placebo bei Personen, die nach Nephrektomie oder nach Nephrektomie und Resektion metastasierter Läsionen ein erhöhtes Rezidivrisiko hatten.3 Erlaubt waren also auch M1-Patient:innen ohne Krankheitsnachweis (no evidence of disease) nach der Resektion. 778 Teilnehmende erhielten in einer 1:1-Randomisierung den PD-L1-Inhibitor Atezolizumab (1.200 mg alle drei Wochen) oder Placebo für 16 Zyklen oder ein Jahr.
Zum Zeitpunkt der Analyse betrug das mediane Follow-up 44,7 Monate, niemand wurde noch behandelt. Das DFS – auch in dieser Studie der primäre Endpunkt, allerdings hier beurteilt durch den Prüfarzt bzw. die Prüfärztin – lag bei den mit Atezolizumab behandelten Personen bei 57,2 Monaten und im Placeboarm bei 49,5 Monaten (HR 0,93; 95%-KI 0,75–1,15; p = 0,495). Die Wahrscheinlichkeit, nach 24 Monaten krankheitsfrei zu überleben, unterschied sich auch in dieser Studie kaum zwischen den Studienarmen (67 % unter Atezolizumab vs. 65 % unter Placebo).
In der exploratorischen Analyse des DFS nach PD-L1-Status zeigte sich mit einer HR von 0,57 bei hoher PD-L1-Expression auf den Immunzellen (IC ≥ 5 %) „ein interessantes Signal, das näher untersucht werden sollte“, wie Prof. Bex betonte. Weitere Biomarkeranalysen zur Studie laufen, so der Vortragende. Die Daten zum Gesamtüberleben waren zum Zeitpunkt der Analyse noch unreif. Das mediane OS war in beiden Armen nicht erreicht. Nebenwirkungen von Grad 3/4 wurden bei 14,1 % der Patient:innen im Atezolizumabarm und bei 4,7 % unter Placebo beobachtet, berichtete Prof. Bex weiter, der die Immuntherapie als gut verträglich bezeichnete.
Warum der adjuvante Einsatz anderer Immuncheckpoint-Inhibitoren die Studienergebnisse von Pembrolizumab zur Verbesserung des DFS nicht wiederholen konnte, wurde u.a. von Prof. Dr. Thomas Powles, Barts Cancer Centre, London, und Prof. Dr. Sherene Loi, Peter MacCallum Cancer Centre, Melbourne, diskutiert. Letztere plädierte dafür, neoadjuvanten gegenüber adjuvanten Therapiekonzepten mit Immuncheckpoint-Inhibitoren aufgrund der besseren T-Zell-Antwort grundsätzlich den Vorzug zu geben. Beide betonten die Notwendigkeit des Einsatzes von Biomarkern für die Immuntherapie.
Quellen:
1. Motzer RJ et al. ESMO 2022; LBA4
2. Choueiri TK et al. N Engl J Med 2021; 385: 683-694
3. Bex A et al. ESMO 2022; LBA66
ESMO Congress 2022
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