Details aus dem CheckMate-Studienprogramm beim fortgeschrittenen Nierenzellkrebs

Mascha Pömmerl/Elisa Sophia Breuer

Welche Stellschrauben muss man drehen für die optimale Immuntherapie? Welche Stellschrauben muss man drehen für die optimale Immuntherapie? © Jan Engel – stock.adobe.com

Beim metastasierten Nierenzellkarzinom verbessern Checkpoint-Inhibitor-basierte Kombinationen in der Erstlinie Ansprechraten und Überleben gegenüber Sunitinib. Neue Studien ergänzen die Datenlage.

Die Studie CheckMate 9ER hatte bereits letztes Jahr für die Kombination aus Nivolumab und Cabozantinib Vorteile gegenüber dem Standard Sunitinib bei metastasiertem Nierenzellkarzinom (RCC) ergeben.1 So verlängerte sich zum einem das progressionsfreie und Gesamtüberleben signifikant (PFS Hazard Ratio [HR] 0,51; OS HR 0,60). Zum anderen fiel auch die objektive Ansprechrate (ORR) signifikant höher aus. Auf dem diesjährigen Kongress stellte Professor Dr. David­ Cella­, Robert H. Lurie Comprehensive Cancer Center, Northwestern University, Chicago, die dazugehörigen detaillierten Patient Reported Outcomes vor.2 Dafür beantworteten die Teilnehmer die beiden Fragebogen FKSI-19* und EQ-5D-3L** zu Anfang und in regelmäßigen Abständen.

Bessere Lebensqualität trotz dualer Behandlung

„Die wirksamere Therapie wird von einer besseren Lebensqualität begleitet“, kommentierte der Referent. So reduzierte Nivolumab/Cabozantinib das Risiko einer verschlechterten gesundheitsbezogenen Lebensqualität und der durch den Nierenkrebs hervorgerufenen Symptome zu den meisten Zeitpunkten signifikant im Vergleich zum Standard. Während der Gesamtscore im FSKI-19 nach Woche 91 unter Sunitinib um 3,40 Punkte gesunken war, fiel er im Prüfarm in diesem Zeitraum nur um 0,51 Punkte. Die Werte aus dem EQ-5D-3L beliefen sich auf -0,07 Punkte und -0,02 Punkte.

Ob der Benefit durch Nivolumab/Cabozantinib auch für RCC-Patienten mit sarkomatoider Differenzierung besteht, prüfte eine Arbeitsgruppe um Dr. Robert­ J. Motzer­, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York, retrospektiv anhand der Daten aus CheckMate 9ER.3 Von den Teilnehmern hatten 11,5 % den aggressiven Subtyp mit schlechter Prognose.

Die verlängerte Beobachtungszeit betrug mindestens 16 Monate. Innerhalb des Zeitraums hatte die Erstlinie aus Nivolumab/Cabozantinib auch von dieser Subgruppe die Prognose verbessert. Die ORR erreichte 55,9 % im Prüfarm gegenüber 22,0 % im Sunitinib-Arm. Bei den Patienten ohne sarkomatoide Merkmale fiel sie ähnlich aus mit 54,8 % bzw. 28,4 % (geschätzte Odds Ratio 3,2). Im Median sprach der Tumor im Prüfarm schneller an als unter dem Standard (Sarkomatoid-positive: 2,8 Monate vs. 3,9 Monate; Sarkomatoid-negative: 2,8 Monate vs. 4,4 Monate).

Das Risiko eines Progresses senkte sich bei den Teilnehmern mit sarkomatoider Differenzierung um 48 % unter der dualen Therapie im Vergleich zum Standard, das für Tod um 34 %. Das mediane PFS betrug 10,3 Monate gegenüber 4,2 Monaten (HR 0,42). Bei den Patienten mit nicht-sarkomatoider Histologie erreichte das mediane PFS 17,5 Monate vs. 9,2 Monaten (HR 0,56). Dr. Motzer nannte die Kombination aus Nivolumab und Cabozantinib aufgrund der Ergebnisse für alle Patienten mit fortgeschrittenen RCC „eine potenzielle neue Erstlinie“.

In der CheckMate-214-Studie hatte die Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab auch nach einem Follow-Up von vier Jahren zu einem deutlich verlängerten OS der Patienten mit klarzelligem fortgeschrittenem RCC gegenüber der Sunitinib-Monotherapie geführt.4

Progress nach doppelter Checkpoint-Blockade

Wie ein Progress unter immun­onkologischer Kombination in der Erstlinie aussieht und ob er sich von einem unter Sunitinib unterscheidet, stand im Fokus einer exploratorischen Post-hoc Analyse der CheckMate-214-Studie. Die Patienten wurden mindesten vier Jahre nachbeobachtet. Wenn es unter Nivolumab/Ipilimumab zu einem radiographischen Progress kam, manifestierte sich dieser in 35 % der Fälle als neu aufgetretene Fernmetastase, meist in Lymphknoten, Gehirn, Lunge oder Knochen. Dies war mit 51 % v.a. bei Patienten der Fall, die zuvor auf die Immuntherapie angesprochen hatten, berichtete Professor Dr. Nizar­ M. Tannir­, University of Texas MD Anderson Cancer Center, Houston. Unter Sunitinib trat ein Progress seltener aufgrund neuer Läsionen auf (26 % bzw. 27 %). Meist war nur ein Organ betroffen (94 % vs. 85 %). Hirnmetastasen kamen insbesondere bei Patienten vor, deren Erkrankung unter Kontrolle gewesen war.

Quelle: Tannir NM et al. 2021 Genitourinary Cancers Symposium (virtual); Poster Highlight Session; Abstract 313

„Ermutigende Aktivität“

In der Phase-3b/4-Studie CheckMate 920 wurde zum ersten Mal prospektiv die Kombination Nivolumab/Ipilimumab als Erstlinie u.a. bei Patienten mit fortgeschrittenem nicht-klarzelligem RCC untersucht. Professor Dr. Scott­ S. Tykodi­, Seattle Cancer Care Alliance, betonte, dass diese Subgruppe mit schlechter Prognose in klinischen Studien oft unterrepräsentiert sei.5 Die minimale Nachbeobachtungszeit betrug 24,1 Monate. Zu diesem Zeitpunkt hatten alle 52 Patienten die Therapie beendet, 19,2 % wegen Toxizitäten und 50 % aufgrund von Progress. Der Arzt bezeichnete die Daten zu Antitumoraktivität und Überleben als „ermutigend“. Vor allem bei Patienten mit unklassifizierter oder papillärer Histologie zeigte sich ein dauerhaftes Ansprechen. Die ORR betrug 19,6 %, das mediane PFS 3,7 Monate und das mediane OS 21,2 Monate. Die mediane Ansprechdauer steht noch aus. Zwei Patienten erreichten eine Komplettremission, sieben eine partielle und die Erkrankung von 17 Teilnehmern blieb stabil. Das Sicherheitsprofil ergab keine Überraschungen. Am häufigsten traten an Grad-3/4-Nebenwirkungen Diarrhö und Colitis (7,7 %), Ausschlag (5,8 %) sowie Nephritis/Niereninsuffizienz (3,8 %) auf. Niemand starb therapiebedingt. Dr. Thomas­ E. Hutson, Texas A&M College of Medicine, Bryan, ergänzte Daten von Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand (Karnofsky Performance Status 50–60 %) unabhängig der Histologie.6 Gewöhnlich würden Betroffene von Studien ausgeschlossen. 4 der 25 Patienten (16 %) brachen die Behandlung aufgrund von Toxizitäten ab, therapiebedingte Todesfälle traten nicht auf. Bei den 18 auswertbaren Patienten betrug die ORR 33,3 %, die mediane Dauer des Ansprechens 20,6 Monate. Eine Komplett­response entwickelte niemand, eine partielle sechs Patienten. Das mediane PFS betrug 4,6 Monate, das OS 15,6 Monate. Auch bei diesen Patienten sei das Sicherheitsprofil „akzeptabel und die Antitumorwirksamkeit ermutigend“, so Dr. Hutson­. Die tolerierte Dosisintensität ähnelte der von Patienten mit KPS ≥ 70 %.

* Functional Assessment of Cancer Therapy – Kidney Symptom Index 19
** European Quality of Life 5 Dimensions 3 Level Version

Quellen:
1. Choueiri TK et al. Ann Oncol 2020; 3: Abstract 6960
2. Cella D et al. 2021 Genitourinary Cancers Symposium (virtual); Poster Highlight Session; Abstract 285
3. Motzer RJ et al. A.a.O.; Abstract 308
4. Albiges L et al. ESMO Open 2020; 5: e001079; DOI: 10.1136/esmoopen-2020-001079
5. Tykodi SS et al. 2021 Genitourinary Cancers Symposium (virtual); Poster Session; Abstract 309
6. Hutson TE et al. A.a.O.; Abstract 315

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