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Herzkatheter und dann ab nach Hause?

Die Katheteruntersuchung lässt sich ambulant ebenso sicher durchführen wie stationär, und das spart auch noch Geld, argumentierte der niedergelassene Kardiologe Dr. Benny Levenson aus Berlin. Er führte eine ganze Latte Studien ins Feld, die das gezeigt haben.
Die ersten stammen vom Anfang der 1980er-Jahre. Alle ergaben, dass bei einer angemessenen Nachbeobachtungszeit von ein paar Stunden Patienten problemlos am selben Tag wieder entlassen werden können. Das gilt einer amerikanischen Untersuchung mit fast 2000 Teilnehmern zufolge sogar für diejenigen mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion unter 30 %, für Patienten mit Dreigefäßerkrankung und solche kurz nach einem Infarkt.
2013 wurden dann die Ergebnisse zu ambulanten versus stationären perkutanen Interventionen (PCI) in einer Metaanalyse zusammengefasst, für die Daten aus 30 Beobachtungs- und sieben randomisierten Studien mit zusammen mehr als 12000 Patienten ausgewertet wurden.
Fazit: kein Unterschied bei den kardiovaskulären Komplikationen. Die ambulant behandelten Patienten schnitten bei schweren Blutungen und Gefäßkomplikationen sogar besser ab. „Patienten am selben Tag zu entlassen ist ebenso sicher wie die routinemäßige Überwachung über Nacht“, lautete der Kommentar der Autoren.
Schwere Komorbiditäten und OAK sprechen für stationär
Vor zwei Jahren hat die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie gemeinsam mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen in einem Konsensuspapier, an dem auch Dr. Levenson mitgearbeitet hat, Voraussetzungen formuliert, unter denen Koronarangiographie und -intervention nicht ambulant vorgenommen werden sollen. Dass der MDK mit am Tisch saß, stellte sicher, dass Patienten ambulant geführt werden können, die nicht unter die Ausschlusskriterien fallen.
Neben bestimmten sozialmedizinischen Aspekten – Kognition, häusliche Situation, Gebrechlichkeit des Patienten, Erreichbarkeit im Notfall – sprechen schwerwiegende internistische Grunderkrankungen (Herz, Niere, Lunge, Hirn) und eine orale Antikoagulation für die stationäre Einweisung. „Im Umkehrschluss sieht man natürlich auch, welche Patienten ohne Probleme ambulant katheterisiert werden können“, betonte Dr. Levenson.
Weiterentwickelter Score hilft bei der Entscheidung
Der Berliner Kardiologe empfahl, sich bei der Entscheidung an evaluierten Scores zu orientieren, etwa PRECISE-DAPT, der auch netzbasiert erhoben werden kann (www.precisedaptscore.com). Dieser Score kalkuliert aus Alter, Hb-Wert und weißem Blutbild, Nierenfunktion und früheren Blutungen zwar eigentlich das Blutungsrisiko. „Für das Risiko unserer Patienten lautet aber die wichtige Frage, ob es major bleedings gegeben hat“, so Dr. Levenson.
Eigentlich scheint die Diskussion müßig: Über 90 % der Koronarangiographien werden dem Deutschen Herzbericht 2014 zufolge im stationären Setting vorgenommen, berichtete Professor Dr. Melchior Seyfarth, Chef der Kardiologie am Helios Universitätsklinikum Wuppertal.
Es gibt viele Gründe, die für eine stationäre Aufnahme sprechen können. Da ist zunächst einmal die zugrunde liegende Erkrankung. Jede dritte Angiographie erfolgte 2014 bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom, weitere 12 % hatten eine manifeste Herzinsuffizienz – Diagnosen also, „die ohnehin eine klare Indikation für die Krankenhausaufnahme begründen“, betonte Prof. Seyfarth.
Dann nahm sich der Kliniker das schon von Dr. Levenson zitierte Konsensuspapier vor und sezierte die einzelnen Kontraindikationen gegen die ambulante Katheteruntersuchung nach Zahlen: schwere Herzerkrankung – etwa 12 %, unkontrollierte Hypertonie – etwas über 10 %, GFR unter 60 ml/min. – etwa ein Drittel der Patienten, orale Antikoagulation – ca. 20 %.
Ambulant kommt nicht mal bei jedem Dritten infrage
Selbst wenn man annimmt, dass da einige Überschneidungen vorkommen, und vorsichtig kalkuliert, bleiben keine 30 % der Patienten, die für die ambulante Katheterisierung infrage kommen. Nach Auffassung von Prof. Seyfarth dürfe man sich von den Kostenträgern nicht in die Ecke drängen lassen, nach dem Motto: Warum wird nicht mehr ambulant gemacht?
Quelle: Kongressbericht, DGK Herztage 2017
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