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Hoffnungsträger oder Irrläufer?

Zur Erinnerung: Die Anti-IL-5-Antikörper Mepolizumab und Benralizumab sind bei schwerer COPD mit Exazerbationen und Eosinophilie erprobt worden, haben aber nur – in Subgruppen – geringe Effekte erzielt. Dass die Biologika sich in dieser Indikation als so wenig wirksam erwiesen haben, wundert Prof. Dr. Johann-Christian Virchow nicht.
In seinen Augen ist das ganze Konzept der „eosinophilen COPD“ fragwürdig. „Meine Erklärung dafür, dass man mit steigenden Zellzahlen gewisse Unterschiede in den Studien gesehen hat, lautet: Patienten mit den hohen Zellzahlen hatten wahrscheinlich Asthma“, meinte der Chef der Pneumologie am Universitätsklinikum Rostock. „Ein Patient mit 800/μl Eosinophilen und obstruktiver Lungenerkrankung würde in meiner Klinik jedenfalls als asthmakrank diagnostiziert.“
In den COPD-Studien gingen die Exazerbationsraten unter Anti-IL-5 und Placebo zu Beginn etwas auseinander und verliefen dann parallel. Das legt nahe, dass sich am Anfang quasi das Asthma von der COPD getrennt hat. Man sollte sich klarmachen, dass bei solchen Patienten das Asthma die treibende Grunderkrankung ist – auch wenn sie lange und viel geraucht haben. „Die klassische COPD mit Emphysem bietet Anti-IL-5 keine Chance auf Response, weil die Eosinophilen in der Pathogenese keine Rolle spielen“, so Prof. Virchow.
Asthma und COPD sauber voneinander trennen
Häufig exazerbierende COPD-Patienten mit ausgeprägter Eosinophilie sprechen zwar auf inhalative Steroide mit einer Reduktion der Exazerbationsrate an, aber nicht auf Anti-IL-5, das Eosinophile depletiert. Als Prädiktor der Response unter ICS-Gabe ist die Eosinophilie daher nicht automatisch ein sinnvolles Therapieziel, betonte Prof. Dr. Guy Brusselle, Universität Gent.
Ähnliches gilt für FeNO, das beim schweren Asthma die Response auf Anti-IL4/13 vorhersagt. Der Marker steigt zwar, wenn die NO-Synthetase im Atemwegsepithel aktiv wird. Therapien, die sich gegen dieses Enzym richten, haben bei obstruktiven Atemwegserkrankungen aber nichts gebracht, berichtete der belgische Pneumologe.
Prof. Virchow betonte, wie wichtig es ist, Asthma und COPD sauber zu trennen. Nach seiner klinischen Erfahrung werden häufig Patienten unter der Vorstellung, sie hätten eine COPD, per dualer Bronchodilatation behandelt. Bei Asthmapatienten ist aber eine rein auf Bronchodilatation basierende Therapie nicht indiziert und sogar schädlich. „Die Patienten exazerbieren ein ums andere Mal und bekommen dann systemische Steroide, weil der Arzt denkt, dies sei die Therapie der Wahl für die schwere AECOPD. Setzt man sie dann auf ICS, verhält sich die Krankheit wie ein mildes Asthma“, so Prof. Virchow. Solche Patienten brauchen auch kein Anti-IL-5, denn das wirkt nur, wenn die Eosinophilen tatsächlich Treiber der Krankheit sind, was beim milden Asthma nicht der Fall ist.
Die COPD erscheint insgesamt viel weniger inflammatorisch geprägt als das Asthma. Es finden sich jedoch Phänomene, die auf eine Chemoattraktion von Neutrophilen unabhängig von der Präsenz mikrobieller Pathogene schließen lassen, sozusagen ein Alarmzustand des Atemwegsepithels. Gegen sogenannte Alarmine wie TSLP (Thymic Stromal Lymphopoietin), IL-25 und IL-33 oder deren Rezeptoren gerichtete Wirkstoffe könnten daher effektiver wirken als Antikörper gegen Anti-IL-5, die weiter unten in der Inflammationskaskade ansetzen.
Bisher gibt es keine Evidenz, dass die Blockade von TSLP oder IL-25 tatsächlich hilfreich ist, erklärte Prof. Dr. Parameswaran Nair, McMaster University, Hamilton. Anders sieht es aus bei Hemmern von IL- 33 und seinem Rezeptor ST2 – von ihnen scheinen zumindest Subgruppen zu profitieren, sagte der kanadische Pneumologe.
Therapieffekt durch Atemwegsflora beeinflusst
Beispielsweise hat der IL-33-Antikörper Itepekimab gezeigt, dass er die Häufigkeit von Exazerbationen reduzieren kann. Zwar wurde die Signifikanz in der Gesamtpopulation knapp verfehlt, aber Exraucher profitierten im Gegensatz zu aktuellen Rauchern deutlich.
Auch das Mikrobiom spielt offensichtlich eine Rolle bei der Response: In einer Studie mit dem ST2-Rezeptorblocker Astegolimab korrelierten eine geringere Diversität der Atemwegsflora und eine größere Menge potenziell pathogener Keime mit einem stärkeren Effekt. Die Zukunft der Anti-Alarmin-Therapie bei COPD dürfte also darin liegen, Subgruppen zu definieren, die aus der Behandlung einen echten Benefit ziehen.
* European Respiratory Society
Quellen:
1. Rabe KF et al. Lancet Respir Med 2021; 11: 1288-1298; DOI:10.1016/S2213-2600(21)00167-3
2. Yousuf A et al. ERJ 2021 (suppl. 65); RCT206; DOI:10.1183/13993003.congress-2021.RCT206
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