Hornhaut offenbart Frühschäden der diabetischen Polyneuropathie

Dr. Judith Lorenz

Mit der konfokalen Mikroskopie lässt sich die 
Corneastruktur in vivo sehen. Mit der konfokalen Mikroskopie lässt sich die Corneastruktur in vivo sehen. © iStock/ferrantraite

Polyneuropathien stellen die häufigste Kompli­kation im Verlauf eines Diabetes mellitus dar. Da sich die Symptome erst im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium zeigen, bleiben Frühschäden an den Nerven meist unentdeckt. Bei der Diagnostik helfen können bild­gebende Verfahren am Auge.

Um Schäden an den kleinen Nervenfasern zu erkennen, hat sich die Bestimmung der intraepithelialen Nervenfaserdichte anhand von Hautbiopsien durchgesetzt, erläutert ein Team um Dr. Maryam­ Ferdousi­ von der Universität Manchester. Als nicht-invasive Alternative kommt eine Konfokalmikroskopie der Hornhaut infrage. Diese lässt sich abseits der Frühdiagnostik auch zur Verlaufskontrolle einer Nervendegeneration bzw. -regeneration einsetzen.

Unterschiede in Länge und Dichte der Fasern

Den diagnostischen Nutzen des Verfahrens überprüften die Autoren jüngst an Daten von 490 Personen, die an einem Typ-1- oder Typ-2-Dia­betes erkrankt waren. 72 von ihnen ohne Vorerkrankung dienten dem Vergleich mit gesunden Menschen. Von den Patienten wiesen 149 einen Diabetes Typ 1 auf, 269 litten an Diabetes Typ 2. Sie sowie die Kontrollgruppe hatten umfangreiche klinische und elektrophysiologische Tests zur Diagnose peripherer neuropathischer Störungen absolviert. Anhand von sog. Punchbiopsien des Fußrückens war bei einigen die intraepitheliale Nervenfaserdichte bestimmt worden. Hingegen alle Teilnehmer mussten sich einer Hornhautkonfokalmikroskopie beider Augen unterziehen. Diese Aufnahmen werteten die Studienautoren im Hinblick auf die Morphologie des zentralen subbasalen Nervenplexus aus.

Personen mit Diabetes wiesen im Vergleich zu den gesunden Kon­trollen eine signifikant geringere

  • korneale Nervenfaserdichte,
  • Dichte der Nervenfaserverzweigungen sowie
  • Nervenfaserlänge auf.

Wer an einem Typ-1-Diabetes erkrankt war, schnitt in den genannten Parametern zudem signifikant schlechter ab als Patienten mit Typ-2-Dia­betes. Bei beiden korrelierte die korneale Nervenfaser­dichte mit verschiedenen Neuropathietestergebnissen, darunter dem Vibrations-, dem Warm- und Kaltempfinden sowie der Nervenleitgeschwindigkeit. Auf Basis der Torontokriterien diagnostizierte das Forscherteam bei 27,7 % der Patienten eine diabetische Polyneuropathie.

Hinsichtlich ihres diagnostischen Mehrwerts für diese Langzeitfolge konnten alle drei Hornhautparameter überzeugen. Der größte Nutzen ergab sich dabei für die korneale Nervenfaserdichte, gefolgt von der Dichte der Nervenfaserverzweigungen und abschließend der Länge der Nervenfasern.

Menschen mit einem Typ-1-Diabetes, so das Fazit der Autoren, weisen im Vergleich zu Patienten mit Diabetes Typ 2 deutlich ausgeprägtere korneale Nervenverluste auf. Zudem unterscheiden sich die Risikofaktoren für eine verringerte Nervenfaserlänge zwischen den beiden Typen (s. Kasten). 

Risikofaktoren für eine verminderte korneale Nervenfaserlänge

Bei Typ-1-Diabetes:
  • Triglyzeride
  • LDL-Cholesterin
  • Dauer der Erkrankung
Bei Typ-2-Diabetes:
  • Alter
  • HbA1c-Wert
  • Gewicht

Offen blieb die Frage, ob die kornealen Nervenfaserschäden auch mit subjektiven Beschwerden der Patienten korrelieren, zum Beispiel mit ihren Schmerzen. Dies müsse man in weiteren Studien klären, appelliert das Forscherteam.

Quelle: Ferdousi M et al. Diabetes Care 2021; 44: 150-156; DOI: 10.2337/dc20-1482

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Mit der konfokalen Mikroskopie lässt sich die 
Corneastruktur in vivo sehen. Mit der konfokalen Mikroskopie lässt sich die Corneastruktur in vivo sehen. © iStock/ferrantraite