ICD bereitet Höllenqualen im Sterbebett

Frederike Klein

Abschalten des implantierbaren Defibrillators am Lebensende rechtzeitig planen! Abschalten des implantierbaren Defibrillators am Lebensende rechtzeitig planen! © fotolia/Ocskay Mark

Immer mehr Menschen erhalten einen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator. Und der kann für Sterbende durch wiederholt ausgelöste Schocks zur Qual werden. Mit dem Abschalten ist es aber gar nicht so einfach ...

Wann den ICD abschalten? Das ist nicht nur ethisch eine schwierige Frage. Manchmal fehlen schlichtweg die Fachkräfte, die das Umprogrammieren oder palliative Abschalten in der Sterbephase mit einem Magneten durchführen können oder wollen, berichtete Professor Dr. Johannes Waltenberger, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie in Münster, aus seiner Erfahrung.

Patientenverfügung ans Herz legen

Er empfiehlt, bereits vor der ICD-Implantation das heikle Thema anzusprechen. Patienten und ihren Angehörigen sollte klargemacht werden, dass es am Ende des Lebens auch darum gehen wird, das Gerät ganz oder einige seiner Funktionen abzustellen. Die umfassende Aufklärung ermöglicht dem Betroffenen per Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht, seine Präferenzen festzulegen. Gegen den Willen des Kranken oder seines gesetzlichen Vertreters darf die ICD-Therapie nicht fortgeführt werden, auch nicht bei medizinischer Indikation, betonte er.

Das Problem wird viel zu selten angesprochen

Derzeit kommt das Abschalten allerdings häufig erst aufs Tapet, wenn es ans Sterben geht. In dieser Phase informieren zu wollen, ist allerdings kein leichtes Unterfangen, über den Therapieabbruch sachlich zu sprechen gestaltet sich für die Angehörigen terminal Kranker oft schwierig. Aussagekräftige Patientenverfügungen fehlen zumeist. Prof. Waltenberger: „Ein am Lebensende nicht deaktivierter ICD kann für den Patienten und seine Familie eine erhebliche und gänzlich unnötige Belastung darstellen.“

Eine Deaktivierung muss man gründlich vorbereiten
Klärung der Gründe zur ICD-DeaktivierungVerlaufsprognose der kardialen/nicht kardialen Erkrankung und Beurteilung der absehbaren Lebensqualität (ggf. Spezialisten oder Hausarzt/Hausärztin hinzuziehen)
Klärung der EntscheidungsverantwortungEinwilligungsfähiger Patient? Bevollmächtigter/Stellvertreter? Patientenverfügung?
Sorgfältige Aufklärung der EntscheidungsverantwortlichenBei Meinungsverschiedenheiten ggf. Ethiker hinzuziehen
Entscheidung für oder gegen ICD-Deaktivierung

Dokumentation des Gesprächs

Kommunikation der Entscheidung unter den Beteiligten

Kompetente Durchführung der ICD-Deaktivierung

Programmiergerät oder Magnet Dokumentation der Maßnahme

Vorschlag Prof. Waltenberg

Er empfiehlt, eine Merkliste zu erstellen, in der die verschiedenen im Rahmen einer palliativen ICD-Deaktivierung relevanten Aspekte aufgeführt sind (s. Tabelle). In den Kliniken gäbe es noch zu selten dokumentierte Richtlinien für das ICD-Management am Lebensende, kritisierte der Kollege und verwies auf die Ergebnisse eine Umfrage der Projektgruppe „Ethik in der Kardio­logie“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie:
  • Mehr als die Hälfte der 212 Teilnehmer berichtete, in ihrem Krankenhaus habe man keine solchen Leit- oder Richtlinien.
  • Nur etwa ein Drittel führte nach eigenen Angaben Gespräche mit Patienten zum ICD-Management am Lebensende.
  • Noch weniger informierten Angehörige oder Betreuer.
  • Kardiologen gaben deutlich häufiger als Herzchirurgen an, das Thema anzusprechen. 
  • Weniger als die Hälfte der Patienten erhält vom Kardiologen oder Herzchirurgen den Rat, das gewünschte ICD-Management am Lebensende in einer Patientenverfügung zu dokumentieren.
  • Nur etwa jeder vierte Arzt informiert bereits vor der ICD-Implantation über die Möglichkeit des Abschaltens.
  • Fast alle befragten Ärzte vertraten die Auffassung, dass das Abschalten von ICD am Lebensende für sie persönlich einen sinnvollen Therapieabbruch bzw. eine sinnvolle Therapiebegrenzung darstelle.

Deutschland ist bei den ICD Spitzenreiter

Jedes Jahr werden in Deutschland 30 000 ICD implantiert, drei Viertel davon als primärpräventive Maßnahme. Bei 10 000 ICD pro Jahr erfolgt eine Revision bzw. ein Wechsel des Systems. 68 % der Geräte haben bis dahin keine, 23 % eine adäquate und 7 % eine inadäquate Therapie abgegeben.

Die mögliche Deaktivierung des ICD darf nicht nur im Rahmen der Aufklärung vor der Implantation besprochen werden, mahnte Prof. Waltenberger. „Betreuende Kardio­logen tragen die Verantwortung, Folgegespräche möglich zu machen und anzuregen.“ Das gelte insbesondere, wenn der Patient im fortgeschrittenen Alter ist, schwere Erkrankungen entwickle oder ein Aggregatwechsel bevorstehe.

123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin Mannheim

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Abschalten des implantierbaren Defibrillators am Lebensende rechtzeitig planen! Abschalten des implantierbaren Defibrillators am Lebensende rechtzeitig planen! © fotolia/Ocskay Mark