Importierte Helminthen nachweisen – eine kniffelige Angelegenheit

Dr. Angelika Bischoff

Die Männchen der Spezies A. cantonensis verfügen über eine Art Stachel, mit dem sie die Vagina der weiblichen Tiere öffnen. Die Männchen der Spezies A. cantonensis verfügen über eine Art Stachel, mit dem sie die Vagina der weiblichen Tiere öffnen. © wikimedia/Punlop Anusonpornperm

Helminthen lassen sich häufig sehr schwer nachweisen. Deshalb ist die Serologie nach wie vor entscheidend für die Diagnose. Man beginnt mit einem breiten IgG-Screening. Sind die Antikörpertiter erhöht, sollten je nach Klinik spezifische Bestätigungstests angeschlossen werden.

Das klinische Bild von Parasitosen fällt sehr unterschiedlich aus. Eosinophile Meningitis, Fieber und Krampfanfälle sind beispielsweise die Hauptsymptome einer Strongyloidose, die meist durch Angiostrongylus cantonensis oder Gnathostoma-Spezies hervorgerufen wird. Hämaturie oder okkultes Blut weisen dagegen auf eine Schistosomiasis hin: Mit der entsprechenden (Reise-)Anamnese führen diese Symptome bereits in die richtige Richtung, erklärte Professor Dr. Daniel Paris, Schweizerisches Tropen- und Public Health Institut der Universität Basel. Doch nicht immer ist das klinische Bild eindeutig, warnte der Experte. Daher bleibt die Serologie als Surrogat nach wie vor wichtig.

Aber auch die Ergebnisse des serologischen Screenings muss man mit Vorsicht interpretieren. Zum einen kann die Serokonversion verzögert eintreten, sodass ein erster serologischer Test noch negativ ausfällt. Bei klinischem Verdacht sollte man die Serologie deshalb wöchentlich wiederholen. Einige Antigene sind zudem anfällig für Kreuzreaktivität. Niedrigtitrige positive Werte können daher auch falsch positiv sein. Um dem entgegenzuwirken, testet man in der Regel auf ein ganzes Antigen-Panel verschiedener Helminthenarten gleichzeitig. So fallen Kreuzreaktivitäten auf und das eigentlich ursächliche Antigen lässt sich durch seinen vergleichsweise hohen Titer besser identifizieren. 

Andere Länder, andere Antigene

Die genetische Diversität verschiedener Spezies – z.B. in unterschiedlichen Regionen – und damit auch deren Variabilität hinsichtlich der Antigene – kann zu falsch negativen Testergebnissen führen. Testet man z.B. auf ein Antigen aus einer asiatischen Spezies, fällt die Serologie bei einem Patienten, der sich einen südamerikanischen Verwandten eingefangen hat, womöglich negativ aus. Deshalb ist es immer sehr wichtig, den Mikrobiologen zu informieren, wo genau der Patient gewesen ist, betonte Prof. Paris.

Von der Ratte über die Schnecke ins menschliche Gehirn

Die adulten Würmer von A. cantonensis sitzen oft in den Lungenarterien von Ratten, dem Hauptwirt. Dort paaren sie sich und legen sie ihre Eier, aus denen nach dem Transport zur Lunge Larven schlüpfen. Über den Hustenreflex der Ratte gelangen diese in den Pharynx, werden geschluckt und über den Gastrointestinaltrakt ausgeschieden. Die nächste Entwicklungsstufe findet in Schnecken (Land oder Wasser) statt, die den Kot aufnehmen. In ihnen reifen die Larven und gelangen entweder über einen Nebenwirt (z.B. Süßwasserkrabben oder Frösche), der die Schnecke frisst, oder ohne Umweg in die nächste Ratte. Larven finden sich aber nicht nur in den Schnecken, sondern vermutlich auch im Schleim, der beispielsweise Gemüse oder Salat kontaminieren kann. In den Ratten wandern die Larven über die Blutbahn erst ins Gehirn, erreichen dort ihr letztes Stadium undnisten sich inder Folge in ZNS, Herz und Lungenarterien ein, wo sie innerhalb der folgenden sechs Wochen zu adulten Würmern reifen. Wird kontaminiertes Obst, Gemüse oder Fleisch von Menschen roh verzehrt, gelangen auch in diesen Fällen die Larven in Blutbahn und ZNS, wo sie entsprechend typische Symptome (z.B. Kopfschmerz, neurologische Ausfälle) verursachen. Aus Sicht der Larven ist der Mensch allerdings eine Einbahnstraße, weil sie sich dort nicht weiterentwickeln können und sterben.

Für ein falsch positives Ergebnis können dagegen bereits vorhandene Background-Antikörpertiter sorgen. Sie kommen bei Menschen, die aus entsprechenden Endemiegebieten stammen, vor. Da müsse man den Cut-off nach oben korrigieren, um eine akute Erkrankung abzugrenzen. Generell gibt es das Problem, dass manche Antikörper gegen Parasiten nach Abklingen der Erkrankung sehr lange hochtitrig persistieren können. Insbesondere bei Schistosomiasis hält dieser Zustand mitunter über Monate bis Jahre an. Dies macht es außerdem sehr schwer, den Erfolg einer Therapie zu dokumentieren.  Kommt ein Patient mit entsprechenden Symptomen aus den Tropen zurück, sollte der ELISA-Suchtest nach Gewebshelminthen sechs Parasitosen abdecken – Trichinellose, Toxocarose, Fasciolose, Filariose, Schistosomiasis und Strongyloidose. War der Patient nicht in den Tropen, kann man auf Filariose und Schistosomiasis verzichten. Je nach Screening-Ergebnis und klinischem Bild wird dann ein spezifischer Bestätigungstest angestrebt. „Dies ist sehr arbeitsintensiv, da die Antigene, die man dafür braucht, nicht standardisiert hergestellt werden“, erläuterte der Experte. Je nach Situation müssen sie den verschiedenen Lebensphasen des Parasiten, z.B. Eier, Larven oder Adulte, entsprechen.  

Erreger sind manchmal erst Wochen später nachweisbar

Wie schwierig die Diagnose­sicherung sein kann, machte Prof. Paris am Fall einer 33-jährigen Thailänderin deutlich. Diese lebte zwar in der Schweiz, besuchte aber regelmäßig ihre Familie im Nord­osten Thailands. Auf der letzten Reise hatte sie zwei Wochen nach Ankunft eine selbstlimitierende Episode von Diarrhö und Schwäche in den Beinen gehabt. Weitere zwei Wochen später – zu dem Zeitpunkt war sie bereits in die Schweiz zurückgekehrt – traten dumpfe Kopfschmerzen auf, die sich verschlimmerten. NSAR brachten keine Erleichterung. Im Gespräch stellte sich heraus, dass die Frau im Urlaub Muscheln aus einem lokalen See gegessen hatte.  Die Patientin war wach, afebril und wies weder fokale Ausfälle noch Meningismus auf. Das Blutbild zeigte eine Neutrophilie, die Lumbalpunktion ergab eine ausgeprägte Pleozytose, hauptsächlich Lymphozyten und ein hoher Anteil Eosinophiler. Die Bildgebung blieb unauffällig.  Die Verdachtsdiagnose einer eosinophilen Meningoenzephalitis ließ sich nicht bestätigen. Weder mit einem EITB (Enzyme-linked Immunoelectro Transfer Blot) für die wahrscheinlichsten Erreger A. cantonensis oder Gnathostoma spp. noch durch das Screening mit einem Helminthenpanel (sieben Arten). Wegen des dringlichen klinischen und anamnestischen Verdachts wurde trotzdem eine empirische Therapie mit Albendazol und Prednisolon begonnen, worauf die Patientin gut ansprach. Der Erreger A. cantonensis ließ sich erst zwei Wochen später in der Serologie nachweisen.

Kongressbericht: 15. Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (Online-Veranstaltung)

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Die Männchen der Spezies A. cantonensis verfügen über eine Art Stachel, mit dem sie die Vagina der weiblichen Tiere öffnen. Die Männchen der Spezies A. cantonensis verfügen über eine Art Stachel, mit dem sie die Vagina der weiblichen Tiere öffnen. © wikimedia/Punlop Anusonpornperm