Cartoon Medizin und Markt

Insulin in der Warteschleife

Tim Förderer

Insulin wird durch neue Diabetes-Medikamente nicht obsolet, der Einsatz erfolgt allerdings gezielter. Insulin wird durch neue Diabetes-Medikamente nicht obsolet, der Einsatz erfolgt allerdings gezielter. © iStock/svetolk

Vor Jahren noch landeten Menschen mit Typ-2-Dia­betes recht schnell beim Insulin, heute ist das Hormon fast die Ultima Ratio. Schon allein deswegen, weil die neuen Medikamente viele günstige Nebeneffekte aufweisen.

So manches hat sich in den letzten Jahren in der Therapie des Typ-2-Dia­betes verändert. Der Therapiestart aber ist gleich geblieben: Lebensstil- bzw. Ernährungsveränderung und Metformin bleiben der Einstieg, wie Dr. ­Martin ­Grundner von der Diabetologischen Schwerpunktpraxis in Hainburg anhand des ADA/EASD*-Konsensusreports dokumentierte. Klappt das nicht, kommen schnell andere Antidiabetika zum Zug. 

Individuelle Eigenheiten der Patienten mehr im Blick

Aber nicht nur, um das HbA1c in den Griff zu bekommen, erläuterte der Referent. Der Wert bleibt wichtig, aber inzwischen werden die ganz individuellen Eigenheiten eines jeden Patienten in den Blick genommen. Laut der Leitlinie der Deutschen Diabetes Gesellschaft soll man das Therapieziel zunächst im Dreimonatsrhythmus kontrollieren. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Niere. Sinkt die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate unter einen Wert von 30 ml/min, ist Metformin aus dem Rennen. Spätestens dann kommen GLP1-Rezeptoragonisten zum Zuge, DDP4-Inhibitoren, Repaglinid oder Insuline. Bleiben die Nierenwerte über dieser Schwelle und das HbA1c liegt im Zielbereich, kann man mit Metformin weitermachen. Wird das Therapieziel nicht oder nicht mehr erreicht, sollte ein zweites Medikament hinzugenommen werden. Dabei spielt unter anderem auch die kardiovaskuläre Situation des Patienten eine Rolle. Besteht ein erhöhtes oder sehr hohes Risiko, stehen insbesondere GLP1-Rezeptoragonisten oder SGLT2-Inhibitoren zur Wahl.

GLP1-Rezeptoragonisten mit multifaktorieller Wirkung

Letztere haben gleich mehrere Vorteile: Laut den Daten der EMPA-REG-OUTCOME-Studie senkte Empagliflozin die Gesamtmortalität im Vergleich zu Placebo (jeweils plus Standard-Therapie) um 32 %. Die Nierenfunktion konnte erhalten werden. In einer anderen Studie, in die Herzinsuffizienz-Patienten sowohl mit als auch ohne Typ-2-Dia­betes eingeschlossen waren, zeigte Dapagliflozin relevante kardiovaskuläre Effekte. Am Ende wurden deutlich weniger Personen wegen einer Herzinsuffizienz hospitalisiert, Mortalitätsraten mit und ohne kardiovaskulären Hintergrund sanken. Ein Grund, weshalb derzeit auch die Kardiologen über SGLT2-Hemmer diskutieren, erklärte der Referent. 

GLP1-Rezeptoragonisten weisen multifaktorielle Wirkungen auf. Zusammengenommen modifizieren sie dadurch offensichtlich das kardiovaskuläre Risiko, sagte Dr. ­Grundner. Darüber hinaus haben mehrere Studien eine deutliche Senkung des HbA1c ergeben sowie einen günstigen Einfluss auf das Körpergewicht der Patienten.

Unterm Strich erzielen GLP1-Rezeptoragonisten und SGLT2-Inhibitoren ähnliche Ergebnisse, obwohl sie unterschiedliche Wirkmechanismen aufweisen, erläuterte der Diabetologe. Verkommt Insulin nun zum Ladenhüter? Keineswegs, die Therapieentscheidung erfolgt nur individueller. Dr. ­Grundner riet, das Hormon in diesen Situationen zu erwägen:

  • Ketonurie/V.a. Autoimmundiabetes
  • massiv entgleister Stoffwechsel (ggf. temporär Insulin)
  • Diabetessymptome/unbeabsichtigte Gewichtsabnahme
  • Kontraindikationen oder Unverträglichkeiten für orale Antidiabetika oder GLP1-Rezeptoragonisten
  • besondere Situationen wie Kortisonmedikation, Operationen
  • Schwangerschaft
  •  Patientenpräferenz

Und immer dann, wenn sich das Therapieziel nicht auf anderem Weg erreichen lässt, kommen die Insuline ins Spiel, meinte der Experte. Dabei präferiert er ­Insulin ­degludec aufgrund des flachen Wirkprofils und der langen Halbwertszeit. In entsprechenden Studien ergab sich laut seinen Ausführungen im Vergleich zu ­Insulin ­glargin ein geringeres Risiko für nächtliche bestätigte Hypo­glykämien sowie ein geringerer Dosisbedarf.

* American Diabetes Association/European Association for the Study of Diabetes

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Quelle: Medical Tribune Fortbildung kompakt Allgemeinmedizin/Innere Medizin am 12.09.2020 in Sulzbach (Taunus), unterstützt von Novo Nordisk

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Insulin wird durch neue Diabetes-Medikamente nicht obsolet, der Einsatz erfolgt allerdings gezielter. Insulin wird durch neue Diabetes-Medikamente nicht obsolet, der Einsatz erfolgt allerdings gezielter. © iStock/svetolk