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Jeder Dritte verlässt die Klinik nach einem größeren Eingriff mit kognitiven Defiziten

Bewusstseins-, Denk- und Aufmerksamkeitsstörungen nach einer Narkose sind gar nicht so selten: Bei etwa einem Drittel der Patienten treten nach größeren chirurgischen Eingriffen schon zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Klinik solche postoperativen kognitiven Defizite (POCD) auf. Aus den anfangs nur leichten Einschränkungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit können sich im Laufe der Zeit schwere Gedächtnis- und Lernstörungen entwickeln.
Mit zunehmendem Alter der Patienten steigt auch deren Risiko für derartige geistige Beeinträchtigungen infolge der Anästhesie: Jeder fünfte bis jeder zweite der über 70-jährigen Frischoperierten leidet bereits im Aufwachraum an einem postoperativen Delir (POD), das neben den kognitiven Auffälligkeiten noch von Unruhe, Angst oder Halluzinationen begleitet sein kann.
Bis heute ist unklar, warum es nach einem chirurgischen Eingriff zu kognitiven Defiziten kommt. Je nach individueller Vulnerabilität – von Bedeutung sind etwa das Alter des Patienten oder seine Vorerkrankungen – handelt es sich wohl um ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren: Inflammatorische Prozesse düften eine Rolle spielen, eine Störung der Stressachse und neuronale Schädigungen. In der Vergangenheit hatte häufig die Allgemeinanästhesie den schwarzen Peter zugeschoben bekommen.
Risikofaktoren | |
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Delir | postoperative kognitive Defizite |
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Vor und während dem Eingriff möglichst keine Benzos
Neuere Forschungsergebnisse jedoch sehen die Ursache für die kognitiven Fehlfunktionen in der Gesamtheit von perioperativem Stress und operativem Trauma, schreiben Dr. Thomas Saller und seine Kollegen von der Klinik für Anaesthesiologie der LMU München. Präventive Maßnahmen und eine Risikostratifizierung können den behandelnden Ärzten aber helfen, gefährdete Patienten bereits im Vorfeld zu identifizieren und das perioperative Management speziell auf sie abzustimmen. Experten empfehlen deshalb, bei älteren Patienten im anästhesiologischen Prämedikationsgespräch zusätzlich eine Art Mini-Assessment durchzuführen, um die individuelle Mobilität und Belastbarkeit besser einschätzen zu können. Diese Befragung sollte folgende Punkte beinhalten:- Anamnese nach einer Hör- und Seheinschränkung
- kurzer Kognitionstest mittels Suchtest (z.B. MMSE, „Mini-Cog“)
- Nachweis einer Mangelernährung (Hypalbuminämie), Gewichtsabnahme
- Evaluierung der Gebrechlichkeit
- Gang- und Standunsicherheit
Delir-Screening alle acht Stunden fünf Tage lang
Die europäische Anästhesiegesellschaft (European Society of Anaesthesiology, ESA) empfiehlt deshalb, bei allen Patienten beginnend im Aufwachraum bis zum fünften Tag nach der Operation ein Delir-Screening (z.B. NuDeSc) durchzuführen. Dieses soll einmal pro Schicht erfolgen, also alle acht Stunden. Weist ein Patient Symptome eines Delirs auf, sollte die Re-Orientierung unverzüglich mit Hör- oder Sehhilfen unterstützt werden. Als medikamentöse Basistherapie eignen sich Alpha-Agonisten (z.B. Clonidin als Einzeldosis bzw. Dauerinfusion) oder bei hyperaktivem Delir kleine Bolusgaben Propofol (10–30 mg). Während bei Ängsten kurzwirksame Benzodiazepine (z.B. Midazolam) gegeben werden können, sind typische und auch vermehrt atypische Neuroleptika (z.B. Haloperidol) bei ausgeprägter produktiver Symptomatik hilfreich.Quelle: Saller T et al. klinikarzt 2018; 47: 199-204
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