Jeder klinisch nachweisbare Aszites sollte behandelt werden!

Dr. Dorothea Ranft

Eine deutliche Reduktion der Aszitesmenge und die Kontrolle der Symptome sind Ziele der Punktion. Eine deutliche Reduktion der Aszitesmenge und die Kontrolle der Symptome sind Ziele der Punktion. © wikimedia/Immuntherapie Portal: Matthias Bojar; wikimedia/Drahreg01

Ein neu aufgetretener Aszites signalisiert in der Regel eine schwere Erkrankung, meistens im Bereich der Leber. Das Spektrum reicht von der Zirrhose bis zum Karzinom. Eine diagnostische Punktion ist immer indiziert. Therapeutisch muss man aber nicht den letzten Milliliter drainieren.

Nicht nur zur Klärung der Genese, sondern auch bei allen Patienten mit Leberzirrhose und bekannter Flüssigkeitseinlagerung sollte eine Aszitespunktion erfolgen, wenn sich der klinische Zustand verschlechtert bzw. Komplikationen auftreten. Unerlässlich ist die frühzeitige Punktion beim Verdacht auf eine spontan bakterielle Peritonitis. Klinisch stabile Patienten brauchen dagegen keine wiederholten diagnostischen Punktionen, heißt es in der S2k-Leitlinie der DGVS „Komplikationen der Leberzirrhose“. Mehrmalig und großzügig punktieren sollte man bei Malignomverdacht, für die zytologische Analyse werden mindestes 50–100 ml Volumen benötigt.

Im Notfall ist die Punktion trotz Antikoagulation möglich

Die Substitution von Plasmaderivaten vor der Punktion ist aufgrund des sehr niedrigen Blutungsrisikos im Allgemeinen nicht nötig – auch wenn die Gerinnungsleistung eingeschränkt ist. Eine Ausnahme bilden z.B. Patienten mit disseminierter intravasaler Gerinnungsstörung. Eine Behandlung mit ASS kann ohne Bedenken fortgeführt werden, für Thienopyridine und Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitoren wird dagegen eine Pause empfohlen.

Bei dringlicher Indikation, z.B. Verdacht auf eine spontan bakterielle Peritonitis, kann aber auch unter Thrombozytenhemmern punktiert werden. Vitamin-K-Antagonisten und direkte orale Antikoagulanzien sollten möglichst ebenfalls pausieren. Im Notfall ist der Eingriff aber auch bei laufender Antikoagulation möglich (über erhöhtes Risiko aufklären).

Bei der initialen Punktion sollte man Zellzahl (mit Differenzierung) und Gesamteiweiß im Aszites bestimmen und eine mikrobiologische Kultur anlegen. Ein Leukozytenteststreifen (sog. Urinstix) eignet sich nicht zum Nachweis einer spontanen bakteriellen Peritonitis. Zur Differenzierung zwischen portalhypertensivem und nicht-hypertensivem Aszites ist der Serum-Aszites-Albumin-Gradient hilfreich.

Wie und wo punktieren?

Die Aszites-Punktion sollte immer unter Ultraschallkontrolle erfolgen (nach vorheriger sonographischer Detektion) oder unter permanenter Sicht der Nadel. Eine Ausnahme bildet die wiederholte Entnahme großer Volumina am gleichen Ort. Die Kanüle wird unter sterilen Bedingungen typischerweise im linken unteren Quadranten des Abdomens vorgeschoben. Kontraindiziert ist die Punktion, wenn der Zugangsweg fehlt oder wenn sie keine diagnostischen bzw. therapeutischen Konsequenzen hätte.

Für die Therapie gilt: Jeder klinisch nachweisbare Aszites sollte behandelt werden. Als Ziele nennt die Leitlinie eine deutliche Reduktion der Menge und die Kontrolle der Symptome – nicht das vollständige Verschwinden in der Bildgebung. Patienten mit Leberzirrhose und Aszites wird eine ausreichend eiweißhaltige Ernährung (ca. 1,2–1,5 g/kgKG/Tag) empfohlen, die genügend Energie enthält (30–35 kcal/kgKG/Tag). Die Patienten sollten wissen, dass eine zusätzliche Salzzufuhr das Krankheitsbild verschlimmern kann. Allerdings ist der Nutzen einer Salzrestriktion bei gutem Ansprechen auf Diuretika nicht erwiesen. Patienten mit refraktärem oder schwer behandelbarem Aszites sollten maximal 5 g NaCl täglich aufnehmen. Eine Flüssigkeitsrestriktion ist bei einem Serum-Natrium ≥ 125 mmol/l nicht nötig. Für Patienten mit ausgeprägter Hyponatriämie (< 125 mmol/l) kann sie aber sinnvoll sein. In der medikamentösen Therapie ist Spironolacton Diuretikum der ersten Wahl (Initialdosis 100 mg/Tag). Lässt sich damit nicht genügend Flüssigkeit mobilisieren, wird die zusätzliche Gabe eines Schleifendiuretikums (Furosemid, Torasemid) empfohlen. Handelt es sich um einen ausgeprägten oder schon länger bestehenden Aszites, kann diese Kombination bereits initial eingesetzt werden.

Strenge Indikationsstellung für nicht-selektive Betablocker

Auf Diuretika verzichten sollte man bei schwerer Hyponatriämie (< 125 mmol/l), klinisch manifester Enzephalopathie oder erheblicher Verschlechterung der Nierenfunktion. Die Gabe von NSAR, ACE-Hemmern, Alpha-1-Rezeptorblockern und Aminoglykosiden sollte wegen des ungünstigen Einflusses auf die Niere vermieden werden. Nicht-selektive Betablocker sind nur mit strenger Indikationsstellung erlaubt.

Spezielle Pumpe leitet Bauchwasser in die Blase ab

Beim therapierefraktären Aszites werden zwei Formen unterschieden: Patienten mit diuretikaresistenter Flüssigkeitsansammlung sprechen selbst auf eine hoch dosierte Therapie in Kombination mit einer Natriumrestriktion nur unzureichend an. Bei einem intraktablen Aszites verhindern Komplikationen wie hepatische Enzephalopathie, prärenales Nierenversagen oder ausgeprägte Hyponatriämie eine adäquate diuretische Therapie. In beiden Fällen sollte man prüfen, ob der Patient für eine Lebertransplantation in Betracht kommt. Auch die Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts ist wiederholten großvolumigen Parazentesen vorzuziehen. Als weitere Alternative zur Parazentese kann eventuell eine peritoneovesikale Aszitespumpe implantiert werden, die das Bauchwasser in die Blase ableitet. Fällt die Entscheidung dann doch auf großvolumige Parazentesen (> 5 l), sollte wegen der drohenden zirkulatorischen Dysfunktion eine Albumingabe (6–8 g/l Aszites) erfolgen.

Quelle: S2k-Leitlinie „Komplikationen der Leberzirrhose“, AWMF-Register Nr. 021-017

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Eine deutliche Reduktion der Aszitesmenge und die Kontrolle der Symptome sind Ziele der Punktion. Eine deutliche Reduktion der Aszitesmenge und die Kontrolle der Symptome sind Ziele der Punktion. © wikimedia/Immuntherapie Portal: Matthias Bojar; wikimedia/Drahreg01
Das Sonogramm zeigt große Mengen Aszites um die Leber. Das Sonogramm zeigt große Mengen Aszites um die Leber. © wikimedia/Drahreg01
Tumorzellverbände aus Bauchwasser mit blauen Zellkernen und tumorspezifischen Markern in roter und grüner Farbe. Tumorzellverbände aus Bauchwasser mit blauen Zellkernen und tumorspezifischen Markern in roter und grüner Farbe. © wikimedia/Immuntherapie Portal: Matthias Bojar