Kardiale Manifestation des Hypersensitivitätssyndroms ist lebensgefährlich

Dr. Sascha Bock

Die eosinophile Myokarditis gilt als gefährlichste Organmanifestation des medikamentösen Hypersensitivitätssyndroms. Die eosinophile Myokarditis gilt als gefährlichste Organmanifestation des medikamentösen Hypersensitivitätssyndroms. © iStock/Darwin Brandis

Jeder Patient mit DRESS-Syndrom braucht ein Herzecho! Zu schnell können fehlende Zeichen einer kardialen Beteiligung in falscher Sicherheit wiegen. Das Herz ist aber nicht das einzige Organ, das man im Blick haben sollte, um fulminanten Verläufen vorzubeugen.

Mit 38 °C Fieber, Abgeschlagenheit sowie einem feinfleckigen konfluierenden makulopapulösen Exanthem im Gesicht und am Stamm kam eine 26-jährige Patientin in die Klinik. Die Symptome deuteten zunächst auf eine infektiöse Genese hin. Anamnese, Eosinophilie und negative mikrobiologische Befunde führten aber auf die richtige Fährte. Denn zwei bis drei Wochen zuvor hatte die Frau wegen ihrer Akne Minocyclin erhalten.

Gerade im Prodromalstadium sieht ein medikamentöses Hypersen­sitivitätssyndrom (DRESS*-Syndrom) z.B. der Mononukleose verdächtig ähnlich. Statt einer Infektion besteht jedoch eine echte Typ-IV-Allergie (T-Zell vermittelt). Therapeutisch setzt man auf systemische Kortikosteroide. Auch die Patientin sprach gut auf eine mehrwöchige Prednisolongabe an. Allerdings flammten die Beschwerden ohne Steroid wieder auf, berichten Flurina­ Gartmann-Elvedi, ArztpraxisCentral, Sursee, und Professor Dr. Adrian Schmassmann­, Luzerner Kantonspital Sursee.

Trotz Spenderherz starb die Patientin

Schlimmer noch: Die 26-Jährige wurde intensivpflichtig. Nach einer zweitägigen maschinellen Beatmung wegen Verdachts auf ARDS** schien sich die Lage über mehrere Tage hinweg zu bessern, bis plötzlich Kammerflimmern auftrat. Es folgten Reanimation und umfangreiche kardiale Diagnostik. Die Biopsie brachte schließlich eine schwere nekrotisierende eosinophile Myokarditis ans Licht. Nichts ließen die Ärzte unversucht, fanden sogar ein Spenderherz, das sie notfallmäßig transplantierten. Doch die Patientin starb.

Den fulminanten Verlauf führen die Kollegen auf die akut nekrotisierende Entzündung zurück. Die Mortalität liegt bei über 50 %, während das DRESS-Syndrom isoliert eine Sterblichkeit von 10 % aufweist. Die eosinophile Myokarditis gilt – vor dem akuten Leberversagen – als gefährlichste Organmanifestation des Hypersensitivitätssyndroms (s. Kas­ten). Mitunter entwickelt sie sich idiopathisch oder beispielsweise im Rahmen eines Malignoms. Eigentlich bekommt man mit Kortiko­steroiden auch die Herzbeteiligung in den Griff.

Mögliche Organbeteiligungen

  • Hautausschlag (ca. 97 %)
  • Eosinophilie (bei 66–95 % der Patienten)
  • atypische Lymphozyten (27–67 %)
  • disseminierte Lymphadenopathie (ca. 54 %)
  • Leberbeteiligung während oder nach dem Exanthem (75–94 %)
  • Lungenbeteiligung (ca. 33 %)
  • Myokardmanifestation (4–27 %)
  • weitere: Niere, Gehirn und Rückenmark, Pankreas, Gastrointestinaltrakt

Ein gutes Ansprechen der DRESS-bedingten Symptome garantiert aber nicht, dass die Myokarditis eingedämmt ist. So täuschten die Besserung nach der Extubation und das unauffällige EKG der jungen Patientin. Auf eine Echokardiographie hatte man verzichtet. Damit sich ein solcher Fall nicht wiederholt, fordern die Autoren, bei jedem DRESS-Syndrom ein Herzecho durchzuführen – initial und im Verlauf!

Nur drei DRESS-Fälle nach Doxycyclin beschrieben

Darüber hinaus sollte Minocyclin gegen Akne vulgaris nur bei Unverträglichkeit oder fehlender Wirkung von Doxycyclin zum Einsatz kommen. Nach Letzterem wurden erst drei DRESS-Fälle (mit günstigem Ausgang) beschrieben. Das Hypersensitivitätssyndrom kennt noch weitere medikamentöse Auslöser, darunter Antikonvulsiva, Sulfonamide sowie Analgetika/NSAR. Kritisch im Hinblick auf eine Organmanifestation sind besonders:
  • Allopurinol (Niere)
  • Minocyclin, Abacavir (Lunge)
  • Minocyclin, Ampicillin, Sulfonamide (Myokarditis)
Schon bei Verdacht gilt es, den möglichen Auslöser abzusetzen und den Betroffenen intensiv zu betreuen, betont Professor em. Dr. Andreas­ J. Bircher vom Universitätsspital Basel in einem begleitenden Editorial. Eine frühzeitige Diagnose samt Therapie kann Leben retten. Trotz Kortikosteroiden bleibt das Immunsystem über mehrere Monate überstimuliert. Es drohen allergische Reaktionen auf weitere Medikamente und andere Allergene. Bei schwerem DRESS-Syndrom bestehen häufig Sensibilisierungen auf mehrere Substanzen.

* drug rash with eosinophilia and systemic symptoms
** acute respiratory distress syndrome

Quellen:
1. Gartmann-Elvedi F, Schmassmann A. Swiss Med Forum 2019; 19: 455-459; DOI: https://doi.org/10.4414/smf.2019.08278
2. Bircher AJ. A.a.O.: 435-436; DOI: https://doi.org/10.4414/smf.2019.08279

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Die eosinophile Myokarditis gilt als gefährlichste Organmanifestation des medikamentösen Hypersensitivitätssyndroms. Die eosinophile Myokarditis gilt als gefährlichste Organmanifestation des medikamentösen Hypersensitivitätssyndroms. © iStock/Darwin Brandis