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Multiorganversagen bei akuter Pankreatitis

Hat man einen Patienten mit akuter Pankreatitis vor sich, muss rasch die Genese – vor allem alkoholisch oder biliär – geklärt und die Prognose abgeschätzt werden. Denn danach richtet sich das weitere therapeutische Prozedere. Neben Anamnese und Laborwerten trägt die Sonographie zur Differenzierung bei. Finden sich Gallensteine und trinkt der Patient nicht exzessiv Alkohol, ist eine biliäre Genese wahrscheinlich, erklärte Privatdozent Dr. Arne Kandulski, Universitätsklinikum Regensburg.
Ein CT bei einem „frischen“ Pankreatitispatienten ist nur dann sinnvoll, wenn man eine andere Ursache der Symptome ausschließen will. In den ersten Tagen sind noch keine pankreatischen Parenchymnekrosen erkennbar und auf das klinische Management oder das Outcome hat der frühe Befund keinen Einfluss. Erst 72 bis 96 Stunden nach Beginn der Symptomatik demaskieren sich Nekrosen im Kontrastmittel-CT.
Erst Infusion, dann Sondenernährung
Die Mehrzahl der akuten Pankreatitiden verläuft komplikationslos. Doch immerhin ein Viertel der Patienten entwickelt ein transientes Multiorganversagen. Zu einer nekrotisierenden Pankreatitis kommt es seltener. Diese kann aber zum persistierenden Multiorganversagen führen und geht mit einer erhöhten Mortalität einher.
Risikopatienten für einen schweren Verlauf lassen sich mit dem BISAP-Score (Bedside Index for Severity in Acute Pancreatitis) identifizieren. Bei Vorliegen eines der folgenden fünf Kriterien wird jeweils ein Punkt vergeben:
- Serumharnstoff > 25 mg/dl
- reduzierter mentaler Status (Desorientiertheit, Lethargie, Somnolenz, Stupor oder Koma)
- ≥ 2 Kriterien des systemischen inflammatorischen Response-Syndroms: Puls > 90/min, Atemfrequenz > 20/min oder pCO2 < 32 mmHg, Temperatur > 38 °C, Leukozyten > 12 000/µl oder < 4 000/µl)
- Alter über 60 Jahre
- Pleuraerguss
Die Mortalität beträgt bei einem BISAP-Score von 0 Punkten weniger als 1 %, bei 5 Punkten dagegen 22 %. Auch ein Hämatokrit > 44 % kann auf den bevorstehenden Ausfall lebenswichtiger Organe und einen nekrotisierenden Verlauf der Pankreatitis hinweisen, erklärte Dr. Kandulski. Ein Fall für die Intensivstation ist ein BISAP-Score ≥ 3 und ein erhöhter Hämatokrit. Gleiches gilt bei einer Herzfrequenz > 120/min, einem arteriellen Mitteldruck von < 60 mmHg, einer Atemfrequenz > 35/min und einem Serumkalzium > 1,5 mg/l.
Die Therapie der akuten Pankreatitis zielt vor allem darauf ab, ein Multiorganversagen zu verhindern. Der Patient bekommt eine moderate Flüssigkeitssubstitution (5–10 ml/kg pro Stunde, 2500–4000 ml in den ersten 24 Stunden) und möglichst früh eine enterale Sondenernährung, z.B. nach 48–72 Stunden. Eine antibiotische Prophylaxe ist nicht indiziert, außer es besteht eine Cholangitis bzw. Cholezystitis oder der Patient hat Fieber. Bei nekrotisierendem Verlauf reduziert die Antibiotikagabe infektiöse Komplikationen.
Vermeintlicher Herzinfarkt in der Hausarztpraxis
Steine gelangen meist in zwei Tagen von selbst ins Duodenum
Eine milde akute Pankreatitis biliärer Genese erfordert nicht sofort eine ERCP. In 70–80 % der Fälle passiert der Stein spontan innerhalb von zwei Tagen die Papille. Aber bei Patienten mit schwerem Verlauf und anhaltender obstruktiver Cholestase verbessert die Steinextraktion das Outcome. Im Falle einer Cholangitis ist sogar eine Notfall-ERCP innerhalb von 24 Stunden erforderlich, um eine Cholangiosepsis zu verhindern. Man sollte nicht versäumen, den Patienten gegen Ende des Klinikaufenthalts zu cholezystektomieren. Wartet man damit zu lange, bekommt man es häufiger mit Rezidiven zu tun, warnte der Kollege. Früher haben Patienten mit nekrotisierender Pankreatitis große, dicke Drainagen perkutan eingelegt bekommen, was mit wiederkehrenden Besuchen beim Gastroenterologen und Chirurgen verbunden war. Heute kann man transgastral nicht nur drainieren, sondern auch Nekrosen mobilisieren und herausschneiden.Quelle: 53. Ärztekongress der Bezirksärztekammer Nord-Württemberg
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