Kehrtwende beim kryptogenen Schlaganfall - Offenes Foramen ovale besser doch abschirmen

Dr. Judith Lorenz

So sieht ein PFO-Occluder aus. Dieses Zwei-Scheiben-System besteht aus einem Nitinolgeflecht mit Polyestergewebe. So sieht ein PFO-Occluder aus. Dieses Zwei-Scheiben-System besteht aus einem Nitinolgeflecht mit Polyestergewebe. © St. Jude Medical

Etwa jeder vierte Erwachsene hat ein persistierendes Foramen ovale. Ob dieses nach einem kryptogenen Schlaganfall verschlossen werden sollte, wurde lange Zeit kontrovers diskutiert. Nun zeigt sich: Der kathetergestützte PFO-Verschluss schützt wirkungsvoll vor einem weiteren Insult.

Bei einem kryptogenen Schlaganfall handelt es sich um einen Hirninsult, der nicht auf eine organische Ursache wie z.B. Vorhofflimmern zurückgeführt werden kann. Besteht gleichzeitig ein persis­tierendes Foramen ovale, geht man von einer paradoxen Embolie aus. Kann in einem solchen Fall das Risiko für einen erneuten Insult durch einen PFO-Verschluss gesenkt werden?

Mehrere randomisierte Studien haben sich in der Vergangenheit mit dieser Fragestellung beschäftigt. Trotz einer tendenziell geringeren Schlaganfallrate nach der Intervention kamen alle zu dem Schluss, dass das invasive Vorgehen der medikamentösen Prophylaxe nicht überlegen ist. Drei internationale Multicenterstudien belegen nun das Gegenteil: Patienten mit kryptogenem Schlaganfall profitieren langfristig von einem PFO-Verschluss.1

1178 Patienten mit Schirmchen versorgt

Im Zeitraum zwischen 2003 und 2016 waren die Studien RESPECT, REDUCE und CLOSE durchgeführt worden. Gemäß Randomisierung erfolgte bei 499, 441 bzw. 238 Patienten der drei Studienkollektive ein kathetergestützter PFO-Verschluss mithilfe verschiedener Occluder-Systeme. Anschließend erhielten die Patienten eine plättchenhemmende Therapie.

Die jeweilige Vergleichsgruppe bildeten ausschließlich medikamentös behandelte Patienten. Hierbei kamen Thrombozytenaggregationshemmer bzw. Antikoagulanzien zum Einsatz. Hinsichtlich der Inzidenz von Rezidiv-Schlaganfällen fielen die Ergebnisse wie folgt aus:

Nachdem 2013 im Rahmen der Primäranalyse der RESPECT-Studie die Überlegenheit des PFO-Occluders nicht hatte nachgewiesen werden können, bietet sich bei der nun veröffentlichten Auswertung ein anderes Bild: 28 der medikamentös behandelten Patienten, aber nur 18 der interventionell therapierten hatten nach nunmehr 5,9 Jahren Nachbeobachtungszeit einen ischämischen Rezidiv-Schlaganfall erlitten. Dies entsprach einer signifikanten Risikoabnahme nach PFO-Verschluss um 45 %. Ein kryptogener Schlaganfall im engeren Sinne war bei 23 bzw. 10 Patienten beider Gruppen aufgetreten. Wiederum war nach PFO-Verschluss ein um 62 % signifikant geringeres Stroke-Risiko zu verzeichnen.2

Auch im REDUCE-Kollektiv erwies sich der interventionelle PFO-Verschluss der konservativen Therapie überlegen: Nach einem medianen Follow-up von 3,2 Jahren hatten 5,4 % der medikamentös, aber nur 1,4 % der interventionell behandelten Teilnehmer einen Rezidiv-Insult erlitten. Dies entsprach einer signifikanten Risikoabnahme um 77 %. Ähnliches galt für das kombinierte Outcome aus der Inzidenz klinisch manifester sowie stummer – das heißt nur mittels Bildgebung nachweisbarer – isch­ämischer Schlaganfälle: Nach PFO-Verschluss sank das relative Risiko für diesen Studienendpunkt um 49 %.3

Nach einem medianen Follow-up von 5,3 Jahren hatten im Intention-to-treat-Kollektiv der CLOSE-Studie rund 6 % der Patienten mit ausschließlicher Plättchenhemmung einen Rezidiv-Schlaganfall erlitten, wogegen kein Patient der PFO-Gruppe von einem zerebralen Ereignis betroffen war. Dies entsprach einer Risikoabnahme um 97 %.4

Im klinischen Alltag ist es außerordentlich wichtig, zusammen mit dem betroffenen Patienten sorgfältig den Nutzen und die Risiken der Occluder-Implantation gegeneinander abzuwägen, schreibt Dr. Andrew Farb vom Center for Devices and Radiological Health der Food and Drug Administration (FDA) in Silver Spring. Angesichts der hohen Prävalenz des PFO in der Bevölkerung ist eine umfassende und systematische neurologische und kardiologische Beurteilung unverzichtbar. Nur so können die Patienten identifiziert werden, die tatsächlich einen kryptogenen Schlaganfall erlitten haben und von einer invasiven Therapie profitieren.

Bei der Entscheidung für oder gegen eine kathetergestützte Intervention spielt nicht zuletzt die Sicherheit des Verfahrens eine wesentliche Rolle. Lungenarterienembolien sowie neu aufgetretenes Vorhofflimmern bzw. -flattern sind Komplikationen, die in Zusammenhang mit einem interventionellen PFO-Verschluss auftreten können.

Quellen:
1. Farb A et al. N Engl J Med 2017; 377: 1006-1009
2. Saver JL et al. A. a. O.: 377: 1022-1032
3. Mas J-L et al. A. a. O.: 1011-1021
4. Søndergaard L et al. A. a. O.: 1033-1042

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So sieht ein PFO-Occluder aus. Dieses Zwei-Scheiben-System besteht aus einem Nitinolgeflecht mit Polyestergewebe. So sieht ein PFO-Occluder aus. Dieses Zwei-Scheiben-System besteht aus einem Nitinolgeflecht mit Polyestergewebe. © St. Jude Medical