Krankes Bauchhirn: Nerven verursachen Probleme wie Sodbrennen, Blähungen und Verstopfung

Dr. Dorothea Ranft

Heutzutage spricht man von neurogastroenterologischen Erkrankungen. Heutzutage spricht man von neurogastroenterologischen Erkrankungen. © iStock/cosmin4000

Sodbrennen, Meteorismus, Obstipation: da sich neurogastroenterologische Erkrankungen in allen Regionen des Verdauungstrakts manifestieren können, sind ihre Symptome vielfältig. Ein Kollege erklärt, wie man Probleme mit dem enterischen Nervensystem erkennt und behandelt.

Früher wurde zwischen funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen und gastrointestinalen Funktionsstörungen unterschieden. Nur bei letzteren ließ sich ein organisches Korrelat finden, wie Professor Dr. Thomas­ Frieling­ vom Helios-Klinikum Krefeld schreibt. Heute weiß man, dass beide ihren Ursprung im enterischen Nervensystem, dem „Bauchhirn“, haben, und spricht von neurogastroenterologischen Erkrankungen.

An der Speiseröhre können Schluckstörungen, Brustschmerzen, Refluxbeschwerden oder Globusgefühl auf eine solche Krankheit hinweisen. Alle diese Beschwerden sind jedoch unspezifisch. Deshalb müssen Differenzialdiagnosen wie eosinophile Ösophagitis, Mykosen und Tumoren endoskopisch ausgeschlossen werden. Beim Globusgefühl ist auf eine Atrophie der Magenschleimhaut zu achten. Im Alter werden Erkrankungen der Speiseröhre oft erst spät bemerkt. Umso wichtiger ist es, bei mangelndem Appetit auch daran zu denken.

Antidepressiva zur Linderung der Symptome

Primäre Motilitätsstörungen des Ösophagus können endoskopisch oder operativ behandelt werden. Nitropräparate und Kalziumantagonisten wirken nur unzureichend. Bei der leichten bis mittelschweren Achalasie sind drei Therapieverfahren in 80–90 % der Fälle erfolgreich:

  • Pneumatische Kardia-Dilatation
  • laparoskopische Kardiomyotomie mit Fundoplikatio
  • perorale endoskopische Myotomie (POEM)

Patienten, die weder endoskopisch noch operativ behandelt werden können, profitieren eventuell von Botulinumtoxin-Injektionen in den unteren Ösophagussphinkter. Funktionelle Störungen der Speiseröhre werden weiterhin symptomatisch behandelt, z.B. mit trizyklischen Antidepressiva oder SSRI.

Auch Magenentleerung und Dünndarmmotilität werden häufig durch neurogastroenterologische Erkrankungen gestört. Typische Folgen sind dyspeptische Beschwerden, Meteorismus, Bauchschmerzen und Diarrhö. Gewichtsverlust und Probleme mit der Blutzuckereinstellung (Hyper- und Hypoglykämien) können ebenfalls auf Probleme mit der Magen-Darm-Motilität hinweisen. Eine verminderte Reinigungsfunktion des Dünndarms im Nüchternzustand führt eventuell zu einer bakteriellen Fehlbesiedlung.

Störungen der Magenentleerung werden heute mit Atemtests diagnostiziert, deren Ergebnisse gut mit der Magenentleerungsszintigraphie korrelieren. Allerdings kann auch die Gastroskopie hilfreich sein: Finden sich nach acht Stunden ohne Essen noch Nahrungsreste im Magen, beweist das eine Entleerungsstörung. Normalerweise ist der Magen schon nach zwei Stunden leer. Auch die Untersuchung des Dünndarms erfolgt überwiegend mit Atemtests. Für die Diagnose einer Zuckerunverträglichkeit reicht ein positiver Test allerdings nicht, der Patient muss auch Symptome haben.

Obstipation existiert in zwei Varianten

Die erste Therapiemaßnahme besteht aus dem Verzicht auf motilitätshemmende Medikamente und bei Diabetikern aus der optimalen Blutzuckereinstellung. Zudem kann ein verändertes Essverhalten helfen. Die Patienten sollten über den Tag verteilt mehrere kleine, ballaststoff- und fettarme Mahlzeiten verzehren. Bei einer schweren Parese kann eine Gastro- oder Jejunostomie für Entlas­tung sorgen. Für den Magenschrittmacher ist bisher kein günstiger Effekt auf die Entleerung belegt. Bei Dyspepsie helfen je nach Symptomatik zahlreiche Medikamente (s. Kas­ten). Auf Protonenpumpen-Hemmer sprechen allerdings nur wenige Patienten an, sie sollten möglichst nicht langfristig eingesetzt werden, rät Prof. Frieling. Bei der bakteriellen Dünndarmfehlbesiedlung lohnt sich ein Versuch mit Antibiotika.

Vielfalt gegen Dyspepsie

Auswahl an Medikamenten
  • Schmerzen, Brennen: Antazida, Sucralfat, Alginate, H2-Blocker, PPI
  • Völlegefühl: Domperidon, Metoclopramid, Erythromycin, Prucaloprid
  • Meteorismus: Kostumstellung, Stuhlnormalisierung, Dimethylpolysiloxan, Phytotherapeutika
  • Psyche: Amitriptylin, Imipramin, Trimipramin, Doxepin, Johanniskraut
  • Bauchschmerzen: Butylscopolamin, Trospiumchlorid, Pfefferminzöl

In Kolon und Anorektum machen sich neurogastroenterologische Erkrankungen häufig mit einer Obstipation bemerkbar. Diese existiert in zwei Varianten: Eine verminderte Frequenz ohne Stuhldrang spricht für eine verlangsamte Passage. Harter Stuhl, der sich trotz Pressens nicht genügend ausscheiden lässt, weist auf eine Entleerungsstörung hin.

Toilettentraining in Erwägung ziehen

Die Behandlung kann in den meis­ten Fällen probatorisch erfolgen. Bei verlängertem Transit werden vor allem Makrogole eingesetzt, wenn der Patient darauf nicht genügend anspricht, stimulierende Laxanzien. Zwei Reservemittel stehen zur Verfügung: Das Sekretagogum Linaclotid und das Koloprokinetikum Prucaloprid. Herkömmliche Prokinetika wirken im Dickdarm nur eingeschränkt und der Stellenwert der Probiotika ist noch unklar. Bei Entleerungsstörungen hängt die Strategie von der Stuhlkonsistenz ab. Hat der Patient eine Diarrhö, müssen Infektionen, Entzündungen, mikroskopische Kolitis und Sprue ausgeschlossen werden. Eventuell bessert ein Toilettentraining die Entleerung. Stuhlimpaktierungen lassen sich mit Klysmen und Einläufen beseitigen. In Einzelfällen können auch bei dieser Form der Obstipation Laxanzien helfen.

Quelle: Frieling T. internistische praxis 2019; 61: 419-432

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Heutzutage spricht man von neurogastroenterologischen Erkrankungen. Heutzutage spricht man von neurogastroenterologischen Erkrankungen. © iStock/cosmin4000