Kriterien für die immun-thrombotische-thrombozytopenische Purpura (iTTP) ergänzt

Josef Gulden

Das klinische Ansprechen ist definiert über Thrombozyten-Wert und LDH-Konzentration, hinzu kommt nun das Fehlen ischämischer Organschäden. Das klinische Ansprechen ist definiert über Thrombozyten-Wert und LDH-Konzentration, hinzu kommt nun das Fehlen ischämischer Organschäden. © iStock/wildpixel

Die Einführung molekularer diagnostischer Parameter und spezifischer Behandlungen erforderte kürzlich eine Überarbeitung der Outcome-Definitionen und therapeutischen Möglichkeiten der immun-thrombotischen-thrombozytopenischen Purpura. Neu sind u.a. die Messung der ADAMTS13-Protease und Caplacizumab als Therapie.

Die immun-thrombotische-thrombozytopenische Purpura (iTTP) imponiert durch mechanische Hämolyse, mikrovaskuläre Thrombosen und ­ischämische Organschäden. Die erstmals 2003 von der International Working Group for TTP formulierten Kriterien für Therapieansprechen, Exazerbation, Remission und Rezidiv wurden 2017 modifiziert.

Dabei berücksichtigten die Autoren lediglich die Thrombozytenzahlen sowie die therapeutische Maßnahme des Plasmaaustauschs – u.a. waren weder die Messung der ADAMTS13-Proteaseaktivität noch die neue Option mit Caplacizumab, eines gegen den von-Willebrand-Faktor (vWF) gerichteten Nanobody-Moleküls, darin enthalten. ­Professor Dr. ­Adam C­uker von der University of Pennsylvania in Philadelphia und Kollegen aktualisierten nun im Licht dieser neuen Entwicklungen die Kriterien in einem verkürzten Konsensus-Verfahren.

Wie entsteht die iTTP?

ADAMTS13 spaltet normalerweise die ultralangen Multimere des von-Willebrand-Faktors. Inhibieren jedoch Autoantikörper das Enzym, persistieren die Multimere und heften sich an Thrombozyten. Die daraus resultierenden Plättchen und vWF-reichen Mikrothromben führen zu den typischen Kennzeichen einer iTTP.

Klinisches Ansprechen

Das klinische Ansprechen ist weiterhin definiert über einen Thrombozyten-Wert von mind. 150 x 109/l und LDH-Konzentration, die weniger als das Eineinhalbfache des oberen Grenzwerts betragen. Gemäß der aktuellen Kriterien wird aber nun zusätzlich das Fehlen neuer oder progredienter ischämischer Organschäden benötigt. Meist kann der Patient in diesem Zustand entlassen und der Plasmaaustausch beendet werden. Allerdings ist eine persistierende schwere ADAMTS13-Defizienz nach einem klinischen Ansprechen mit einem erhöhten Exazerbations-Risiko assoziiert. Eine immunsuppressive Therapie mit Rituximab oder Steroiden kann eine Remission von ADAMTS13 induzieren. Die Gabe von vWF-Antikörpern, z.B. Caplacizumab, bis zum Erreichen einer solchen Remission schützt potenziell vor einer klinischen Verschlechterung.

Klinische Exazerbation

Ein Abfall der Plättchenzahlen und ein Anstieg der LDH nach einem klinischen Ansprechen definierte bisher die klinische Exazerbation. Die neuen Kriterien präzisieren dies wie folgt: Nach dem Ansprechen und vor einer Remission sinken die Thrombozyten auf unter 150 x 109/l, ohne dass es dafür einen anderen Grund gibt. Klinische Zeichen neuer oder progredienter ischämischer Organschäden sind möglich. Dies geschieht innerhalb von 30 Tagen nach Ende einer Plasmapherese oder einer Anti-vWF-Therapie.

Klinische Remission

Als klinische Remission galt bislang ein anhaltendes Ansprechen für mindestens 30 Tage nach Ende des Plasmaaustauschs. Neuerdings wird hier zudem eine Anti-vWF-Behandlung berücksichtigt. Eine weitere Änderung: Auch wenn sich ein partieller oder kompletter ADAMTS13-Anstieg einstellt, handelt es sich um eine klinische Remission. Diese ist definiert als Nachweis einer Enzym­aktivität zwischen 20 % und der unteren Grenze des Normbereichs (partiell) bzw. einem Anstieg über diesen unteren Grenzwert (komplett).

Rezidiv

Fallen die Thrombozytenwerte auf weniger als 150 x 109/l nach einer klinischen Remission, bedeutete das nach den alten Kriterien ein Rezidiv. Dies gilt weiterhin unabhängig vom Vorliegen neuer ischämischer Organschädigungen, aber der Rückfall muss durch den Nachweis eines schweren ADAMTS13-Mangels bestätigt werden. Ein „molekulares“ Rezidiv liegt vor, wenn nach partieller oder kompletter ADAMTS13-Remission dessen Aktivität auf unter 20 % sinkt. Das Fehlen einer „molekularen“ Remission oder ein ADAMTS13-Rezidiv erhöhen das Risiko für einen klinischen Rückfall. Eine präemptive Immunsuppression ermöglicht oft eine ADAMTS13-Remission und reduziert das Rezidivrisiko. Da die neuen Kriterien retrospektiv validiert wurden, ist eine prospektive Überprüfung erforderlich.

Quelle: Cuker A et al. Blood 2021; 137: 1855-1861; DOI: 10.1182/blood.2020009150

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Das klinische Ansprechen ist definiert über Thrombozyten-Wert und LDH-Konzentration, hinzu kommt nun das Fehlen ischämischer Organschäden. Das klinische Ansprechen ist definiert über Thrombozyten-Wert und LDH-Konzentration, hinzu kommt nun das Fehlen ischämischer Organschäden. © iStock/wildpixel