Kurzer Strang führt in die Irre

Dr. Dorothea Ranft

Die Behandlung der superfiziellen Veneninsuffizienz bzw. Varikose muss warten, bis Entzündungs- und Thrombosezeichen abgeklungen sind. Die Behandlung der superfiziellen Veneninsuffizienz bzw. Varikose muss warten, bis Entzündungs- und Thrombosezeichen abgeklungen sind. © iStock/clu; Science Photo Library / Marazzi, Dr. P.

Die oberflächliche Beinvenenthrombose ist alles andere als eine Befindlichkeitsstörung. Sie geht oft mit einer tiefen Abflussstörung oder Lungenembolie einher. Umso wichtiger ist deshalb eine stadiengerechte Therapie.

Die meisten Oberflächenthrombosen machen sich mit einem geröteten, druckschmerzhaften und überwärmten Strang bemerkbar. Dieser bildet sich häufig im Bereich von Varizen, kann sich aber auch entlang der V. saphena magna oder parva manifestieren. Nicht selten wird die entzündliche Veränderung zunächst als Infektion verkannt und antibiotisch behandelt, erklärt Prof. Dr. Markus Stücker vom St. Maria-Hilf-Krankenhaus in Bochum. Eine weitere Fehlerquelle: Das symptomatische Areal ist oft erheblich kleiner als der Thrombus im Gefäß.

Zur Sicherheit sollten deshalb alle Patienten mit superfizieller Beinvenenthrombose duplexsonographisch untersucht werden. Wegen des häufigen Begleitsymptoms (s. Kasten) ist dabei auch eine tiefe Thrombose in beiden Beinen auszuschließen. Zum Nachweis etwaiger Refluxe wird zudem eine Untersuchung im Stehen empfohlen. Außerdem leiden auch Patienten mit nur oberflächlicher Thrombose vermehrt an Malignomen. Deswegen plädiert Prof. Stücker zumindest bei einem Auftreten außerhalb variköser Beinvenen für eine Tumorsuche.

Nähe zum Abflusssystem ist therapieentscheidend

Bei der Entscheidung für eine Antikoagulation spielen drei Aspekte eine entscheidende Rolle: Die Länge des intravasalen Gerinnsels, dessen Nähe zum tiefen Abflussystem und gegebenenfalls die Kombination mit einer tiefen Thrombose. Für einen positiven Effekt muss die gerinnungshemmende Therapie über einen Zeitraum von mindestens vier bis sechs Wochen fortgeführt werden. Die früher gebräuchliche Antikoagulation über zehn Tage wirkt nicht besser als Placebo.

Nur oberflächliche Thrombosen mit weniger als 5 cm Länge und mehr als 3 cm Abstand zur saphenofemoralen bzw. poplitealen Junktion dürfen ohne Medikamente mit Kühlung, Kompression und relativer Ruhigstellung behandelt werden.

Gefährliche Ausbreitung

Ein Viertel der Patienten mit superfiziellem Gerinnsel hat schon bei der Erstvorstellung eine tiefe Beinvenenthrombose (TVT) oder symptomatische Lungenembolie (LE). Von den Kranken ohne primäre TVT oder LE entwickeln 10 % innerhalb von drei Monaten eine tiefe Okklusion, eine Embolie oder einen Progress oder ein Rezidiv des oberflächlichen Befunds.

Patienten mit superfizieller Thrombose ≥ 5 cm Ausdehnung und mindestens 3 cm Distanz zur saphenofemoralen bzw. -poplitealen Verbindung sollten eine Therapie mit Fondaparinux erhalten. Empfohlen wird eine Dosis von 2,5 mg/d über einen Zeitraum von 45 Tagen. Bei besonders hohem Risiko für eine tiefe Thrombose (z.B. Autoimmunerkrankungen, stattgehabte TVT) ist eine Verlängerung auf drei Monate möglich. Als Alternative zu Fondaparinux kommt eventuell ein niedermolekulares Heparin in Betracht.

Superfizielle Thrombosen, die mit weniger als 3 cm an die saphenofemorale bzw. saphenopopliteale Junktion heranreichen, werden mit einer therapeutischen Antikoagulation über drei Monate behandelt.

Eine chirurgische Sanierung der akuten Oberflächenthrombose wird nicht empfohlen. Die Behandlung der superfiziellen Veneninsuffizienz bzw. Varikose muss warten, bis Entzündungs- und Thrombosezeichen abgeklungen sind. Dies ist meist frühestens nach einem Vierteljahr der Fall.

Quelle: Stücker M; Internist 2022; 63: 612-618; DOI: 10.1007/s00108-022-01341-9

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Die Behandlung der superfiziellen Veneninsuffizienz bzw. Varikose muss warten, bis Entzündungs- und Thrombosezeichen abgeklungen sind. Die Behandlung der superfiziellen Veneninsuffizienz bzw. Varikose muss warten, bis Entzündungs- und Thrombosezeichen abgeklungen sind. © iStock/clu; Science Photo Library / Marazzi, Dr. P.