Langzeit-Sauerstoffgabe: Subjektiv empfundene Luftnot hat nichts mit Oxigenierung zu tun

Manuela Arand

Tief durchatmen – bei einer Dyspnoe reicht meist schon ein einfacher Handventilator, um die Atmung wieder in Schwung zu kriegen. Tief durchatmen – bei einer Dyspnoe reicht meist schon ein einfacher Handventilator, um die Atmung wieder in Schwung zu kriegen. © fotolia/estradaanton

Rege Diskussionen ranken sich um die Sauerstoff-Langzeittherapie: Schadet sie manchen Patienten mehr, als sie nutzt? Bei wem lohnt diese teure Behandlung?

Nach Überzeugung von Professor Dr. Rainer Willy Hauck sind von einer O2-Überversorgung keine gravierenden medizinischen Folgen für die Patienten zu erwarten. „Wenn einem Patienten Sauerstoff zu Unrecht vorenthalten wird, sieht es schon anders aus“, sagte der Chef der Pneumologie an den Kreiskliniken Altötting-Burghausen. Natürlich seien auch wirtschaftliche Überlegungen zu berücksichtigen, deshalb müsse die Indikation zur Sauerstoff-Langzeittherapie (LTOT) sorgfältig gestellt und ggf. überprüft werden.

Exazerbationen und Krankenhausaufenthalte könnten durch sie verhindert und sogar das Leben könnte verlängert werden. Erhält ein Patient trotz gegebener Indikation keinen Sauerstoff, reichen die klinischen Folgen von Belastungsintoleranz über pulmonale Kachexie bis hin zur Rechtsherzinsuffizienz. Voraussetzungen für die Verordnung sind:

  • medikamentöse Möglichkeiten ausgeschöpft
  • Patient meidet inhalative Noxen
  • Krankheit seit ca. vier Wochen stabil
  • PaO2 < 55 mmHg (mindestens dreimal gemessen), bei Sonderindikationen wie dekompensierter Herzinsuffizienz oder pulmonaler Hypertonie < 60 mmHg
  • Patient will die Therapie und ist kooperationsbereit

„An diese Vorgaben müssen wir uns halten, um medizinisch sinnvoll zu handeln, und nicht nur den Wünschen der Patienten folgen“, betonte Prof. Hauck. Dazu gehört auch, dass Patienten das Rauchen einstellen, bevor sie eine LTOT bekommen. Außerdem sollte die Indikation nach vier bis acht Wochen überprüft werden, denn bis zu 60 % der Patienten verlieren sie auch wieder, wenn die akute Exazerbation beendet ist.

Wer tagsüber so hypoxämisch ist, dass er Sauerstoff braucht, sollte auch nachts versorgt werden. Denn in der Nacht sinkt die Sättigung noch, weil Atemfrequenz und Atemminutenvolumen zurückgehen und die Atemmuskulatur weniger arbeitet. Als Faustregel lässt sich sagen, dass die Sauerstoffzufuhr nachts etwa 1 l/min höher eingestellt werden sollte als bei Ruheatmung am Tage. Patienten, die nur nachts hyp­oxämisch werden, gehören ins Schlaflabor, um eine Schlafapnoe auszuschließen, die mit O2 schlecht behandelt wäre, riet Prof. Hauck. Bei milder Hypoxämie besteht allenfalls dann eine Indikation zur pallia­tiven Sauerstofftherapie, wenn ein Patient stark hyperventiliert.

Ventilator gegen Dyspnoe empfohlen

Um Luftnot zu bekämpfen, eignet sich Sauerstoff übrigens nicht, wie Professor Dr. Wolfram Windisch von der Lungenklinik Köln-Merheim betonte: „Auch wir Pneumologen unterliegen immer noch dem Irrtum, Dyspnoe hätte mit Oxigenierung zu tun.“ Tatsächlich ist daran eine Fülle unterschiedlicher Rezeptoren in einem komplexen Regelkreis beteiligt. Prof. Windisch verdeutlichte das an einem Beispiel: Versucht man durch einen Strohhalm zu atmen, registriert das Gehirn die Atemanstrengung, der aber keine entsprechende Dehnung des Brustkorbs folgt. Das löst sehr schnell Atemnot aus, völlig unabhängig vom O2-Gehalt im Blut.

Untersuchungen zeigen, dass Opioide wesentlich wirksamer gegen Luftnot sind als Sauerstoff. Und noch etwas hilft: Luft und Kälte im Gesicht. Seit eine Studie gezeigt hat, dass ein simpler Handventilator hoch effektiv gegen Dyspnoe wirkt, stehen die Minigeräte sogar als Empfehlung in der britischen Dyspnoe-Leitlinie.

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Tief durchatmen – bei einer Dyspnoe reicht meist schon ein einfacher Handventilator, um die Atmung wieder in Schwung zu kriegen. Tief durchatmen – bei einer Dyspnoe reicht meist schon ein einfacher Handventilator, um die Atmung wieder in Schwung zu kriegen. © fotolia/estradaanton