Lungenkrebs: Tyrosinkinase-Hemmer verdoppelt Progressionsfreiheit nach einem Jahr

Friederike Klein

Der Tyrosinkinase-Hemmer überwindet die Blut-Hirn-Schranke und kann so auch gegen ZNS-Metastasen wirken. Der Tyrosinkinase-Hemmer überwindet die Blut-Hirn-Schranke und kann so auch gegen ZNS-Metastasen wirken. © radachynskyi – stock.adobe.com

Der gegen ALK- und ROS-Mutationen gerichtete Tyrosinkinaseinhibitor (TKI) Lorlatinib ist nach der CROWN-Studie dem TKI Crizotinib in der Erstlinie des ALK-positiven nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms deutlich überlegen. Die Wirksamkeit reicht bis ins Gehirn, geht allerdings auch mit einem besonderen Nebenwirkungsprofil einher.

In der geplanten Interimsanalyse verbesserte Lorlatinib gegenüber Crizotinib signifikant das progressionsfreie Überleben (PFS). Damit bestätigte der neue Tyrosinkinase­inhibitor Ergebnisse aus späteren Therapielinien beim ALK-positiven nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC), berichtete Professor Dr. Benjamin Solomon vom Mc Callum Krebszentrum in Melbourne.

Die globale Phase-3-Studie CROWN umfasst bislang 296 nicht behandelte Patienten mit ALK-positivem NSCLC. Die Teilnehmer erhielten im Verhältnis 1:1 randomisiert Lorlatinib in einer Dosis von 100 mg einmal täglich oder Crizotinib in einer Dosis von 250 mg zweimal täglich.

Lorlatinib verbessert das von einem unabhängigen Gremium beurteilte PFS um 72 % (Hazard Ratio [HR] 0,28; 95%-KI 0,191–0,413; p < 0,001). Der Median im PFS war im Prüfarm noch nicht erreicht und betrug in der Kontrollgruppe 9,3 Monate. Prof. Solomon­ betonte die frühe und weite Separation der Kaplan-Meyer-Kurven für das PFS. Zwölf Monate überlebten 78,1 % der Patienten im Lorlatinibarm progressionsfrei, im Crizotinibarm nur 38,7 %. Alle vorab definierten Subgruppen profitierten hinsichtlich des PFS gleichermaßen ausgeprägt von Lorlatinib, auch Patienten mit vorbestehenden Hirnmetastasen.

Das Gesamtüberleben zeigte bereits einen Trend hin zu einem Vorteil für Lorlatinib (HR 0,72; 95%-KI 0,41–1,25), es müssen aber reifere Daten abgewartet werden. Damit spricht laut Prof. Solomon viel für den Einsatz von Lorlatinib als Erstlinie bei Patienten mit ALK-positivem NSCLC.

Quelle: Solomon B. ESMO Virtual Congress 2020; LBA2

Stabile Lebensqualität

Die Lebensqualität nach dem 30 Items umfassenden EORTC-Quality of Life Questionnaire (EORTS-QoL-30) verbesserte sich unter beiden Therapien zunächst. In der Crizotinibgruppe fiel sie zunehmend wieder ab, während sie im Lorlatinibarm stabil blieb.

Unter Lorlatinib viel häufiger Komplettremissionen im ZNS

Etwa drei Viertel der Erkrankten (76 %) sprachen auf Lorlatinib an, drei Patienten auch komplett. Auf Crizotinib sprachen 58 % der Patienten an, Komplettremissionen wurden nicht berichtet. Die mediane Ansprechdauer war unter Lorlatinib noch nicht erreicht und betrug unter Crizotinib 11,0 Monate. Lorlatinib passiert die Blut-Hirn-Schranke besonders gut. Das schlug sich in einem verbesserten Ansprechen der ZNS-Metastasen nieder. Von den 30 Patienten mit Hirnmetastasen zu Studienbeginn bewirkte es bei zwölf ein komplettes Ansprechen der Hirnmetastasen, bei zweien eine partielle Remission. Im Crizotinibarm sprachen die Hirnmetastasen von 3 der 13 Patienten an, einmal auch komplett. Das intrakranielle Ansprechen war im Prüfarm nicht nur besser, sondern dauerte auch länger an als in der Kontrollgruppe.

Die Wirkung hat ihren Preis

Die hohe Wirksamkeit von Lorlatinib ging auch mit höherer Toxizität einher. Über Nebenwirkungen von Grad 3 bis 4 berichteten 72,5 % der so Behandelten, in der Crizotinib­gruppe 55,6 %. Meist handelte es sich jedoch nur um Abweichungen in Laborwerten, beispielsweise der Lipide, wie Prof. Solomon betonte. Die gute Penetranz von Lorlatinib ins Gehirn könnte dafür verantwortlich sein, dass es etwas häufiger als unter Crizotinib zu kognitiven Nebenwirkungen, beispielsweise zu Stimmungsschwankungen oder Gedächtnis­defiziten kam. Unterbricht man die Behandlung, sind sie reversibel und treten bei Wiederaufnahme der Therapie mit einer reduzierten Dosis meist nicht mehr auf. Professor Dr. Christine M. Lovly von der Vanderbilt-Universität in Nashville riet im Rahmen der Diskussion der Studie, sowohl Patienten als auch Angehörige über die Möglichkeit solcher Effekte aufzuklären. Insgesamt kam es unter Lorlatinib aber zu etwas weniger Therapieabbrüchen wegen Nebenwirkungen als unter Crizotinib (6,7 % vs. 9,2 %).

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Der Tyrosinkinase-Hemmer überwindet die Blut-Hirn-Schranke und kann so auch gegen ZNS-Metastasen wirken. Der Tyrosinkinase-Hemmer überwindet die Blut-Hirn-Schranke und kann so auch gegen ZNS-Metastasen wirken. © radachynskyi – stock.adobe.com