
Mehr Eisen, bitte!

Kachexie ist ein Auszehrungssyndrom, unter dem zum Beispiel manche Patient:innen mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung oder chronischer Herzinsuffizienz leiden. Es betrifft aber vor allem etwa 80 % aller Personen mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen und ist in erster Linie durch eine massive muskuläre Atrophie gekennzeichnet. Das Syndrom geht mit einer erheblichen Einschränkung von Lebensqualität und Überlebensdauer einher.
Viele Krebsbetroffene haben zudem einen Eisenmangel, der zahlreiche wichtige Prozesse beeinträchtigt. Dazu zählen etwa Sauerstoffversorgung, DNA-Synthese, Redox-Homöostase und Energiemetabolismus. Die Mitochondrien – für die Funktion der Skelettmuskulatur essenziell – sind besonders auf eine ausreichende Eisenzufuhr angewiesen. Ihre nachgewiesene Dysfunktion bei kachektischen Patient:innen wurde in einer italienischen Studie mit dem Eisenmetabolismus in Beziehung gesetzt.
Nach drei Tagen verbessert sich Griffstärke der Hand
Ein Team um Dr. Elisabeth Wyart von der Universität Turin fand in der Skelettmuskulatur tumortragender Mäuse ebenso wie von Krebserkrankten starke Veränderungen des Eisenstoffwechsels, vor allem eine Mangelversorgung der Mitochondrien mit dem Spurenelement. Bereits in vitro ließ sich die Größe von Myotuben durch das Eisenangebot manipulieren und auch die Muskelmasse gesunder Mäuse korrelierte mit den Eisenkonzentrationen. Bei tumortragenden Tieren war eine Supplementierung mit dem Spurenelement ausreichend, um Muskelfunktion und -masse aufrechtzuerhalten und überdies die Lebensdauer zu verlängern, schreiben die Autor:innen.
Bei sieben Krebspatient:innen mit absolutem oder funktionellem Eisenmangel verbesserte eine einmalige Infusion von 1.000 mg Eisen-Carboxymaltose in allen Fällen die Griffstärke der dominanten und bei der Hälfte auch die der nicht-dominanten Hand schon nach drei Tagen. In den Versuchstieren stieg unter der Eisengabe die oxidative Energiegewinnung, während die Fettsäure-Oxidation abnahm. Letztere ist funktionell mit dem energetischen Stress und den katabolen Stoffwechselwegen assoziiert, die den Kachexieprozess wesentlich bestimmen.
Diese Befunde bestätigen eine kausale Verbindung zwischen der Verfügbarkeit von Eisen und der Skelettmuskelmasse. Durch die Supplementierung wird der mitochondriale Metabolismus normalisiert und die Homöostase des Muskels wiederhergestellt, so die Forschenden. Das schnelle Ansprechen der Griffstärke spricht für einen solchen direkten Einfluss und nicht für einen (länger dauernden) Umweg über eine Ankurbelung der Erythropoese. Sollte sich dieser Effekt in umfangreicheren klinischen Studien bestätigen, so würde sich die Eisensupplementierung als neue, einfache therapeutische Methode anbieten, einer Muskelatrophie bei Patient:innen mit fortgeschrittenen Krebs- und möglicherweise auch anderen mit Kachexie assoziierten Erkrankungen vorzubeugen.
Quelle: Wyart E et al. EMBO Rep 2022; e53746; DOI: 10.15252/embr.202153746
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).